Die dritte Sünde (German Edition)
sein befriedigtes Frohlocken kaum noch verbergen konnte, ließ noch einige genussvolle Sekunden verstreichen und meinte dann beiläufig:
»Ich trage mich übrigens mit dem Gedanken zu heiraten. Als ich im März bei Ihnen zu Gast war, ist mir sehr angenehm aufgefallen, dass Miss Isobel zu einer ausgesprochen ansehnlichen jungen Dame herangewachsen ist.«
Isobel de Burgh war zwar ein verwöhntes Ding, dem er die Flügel noch stutzen musste, aber das würde er mit Leichtigkeit bewältigen. Letztlich musste sie ihm nur den ersehnten Sohn gebären. Sie war der Schlüssel zu Whitefell. Er lächelte zufrieden.
De Burgh blickte Havisham groß an. Der Mann war immerhin siebenunddreißig. Konnte er wirklich ein Auge auf seine gerade achtzehnjährige Isobel geworfen haben? Außerdem war Havisham lediglich bürgerlicher Herkunft – noch vor Kurzem hätte er ein solches Ansinnen weit von sich gewiesen. De Burgh strich sich müde über das Gesicht. Aber was konnte er gegen diesen Vorschlag jetzt noch vorbringen? Bei näherer Betrachtung war es eine durchaus vernünftige Verbindung, immerhin hatte Horace Havisham Geld und Einfluss. Aber er hatte berechtigte Zweifel, dass Isobel wie auch immer gearteten Plänen in dieser Richtung zustimmen würde. Doch Havisham hatte ihn in der Hand. Wenn er ihm nicht half, blieb ihm nur der Freitod, um seine Ehre zu retten. Er schluckte und sagte dann mit unsicherer Stimme: »Ich werde natürlich mein Möglichstes tun, Havisham, aber ich kann nichts versprechen. Meine Tochter Isobel hat einen starken Willen und lässt sich ungern zu etwas zwingen, obwohl sie zweifellos reizend ist.«
Havisham lachte seinerseits etwas gezwungen. »Aber, aber, mein lieber de Burgh, wer wird denn in Liebesdingen solche Worte in den Mund nehmen? Ich erwarte doch nicht, dass die in der Tat überaus reizende Miss Isobel gegen ihren Willen handeln muss. Was denken Sie von mir? Ich meine nur, Sie könnten ein gutes Wort für mich einlegen. Im Laufe des Aufenthalts in London wird sich schon eine geeignete Gelegenheit ergeben. Mir ist natürlich bewusst, dass der Altersunterschied die junge Dame vielleicht zunächst gegen mich einnehmen wird. Da könnte ein väterliches Wort Wunder wirken, meinen Sie nicht?«
»Sicher, sicher!« De Burgh atmete erleichtert aus. Das war natürlich etwas anderes. Isobel war zwar manchmal eigensinnig, aber nicht dumm, besonders nicht dann, wenn es um ihren eigenen Vorteil ging. Er selbst hatte ja – in Anbetracht seiner Situation – auch nichts dagegen, Havisham, einen der reichsten Männer Wiltshires, als Schwiegersohn zu begrüßen. Etwas Besseres konnte ihm in der Tat gar nicht passieren. Was also sollte Isobel, außer lächerlichen romantischen Erwägungen, dagegen einzuwenden haben? Und die wollte er ihr schon austreiben.
Kapitel 23
»Sie wollen jetzt hinaus, Miss de Burgh?« Mrs Branagh konnte nur den Kopf schütteln über diese jugendliche Unvernunft. Die Abreise nach London stand morgen früh bevor und es war noch allerhand zu tun. Noch immer waren nicht alle Koffer gepackt, die Garderobe ausgesucht und all die anderen Dinge verstaut, die darüber hinaus mitgenommen werden sollten, obwohl es jetzt schon Nachmittag geworden war. Schließlich sollte die Abwesenheit der Herrschaften etwas länger dauern. Vielleicht würde die junge Herrin in London auch verheiratet und kehrte erst gar nicht mehr nach Whitefell zurück. Wer konnte das wissen? Allerdings ließen sich die Dinge vielleicht auch etwas beschleunigen, wenn Miss de Burgh nicht an jedem Kleidungsstück, das eingepackt wurde, etwas auszusetzen hätte. Auch wenn dann die Gefahr bestand, dass sie, Mrs Branagh, sich anschließend Vorwürfe machen lassen müsste, dass nicht das Richtige eingepackt worden war. Sie nickte also ergeben. Erfreut sprang Isobel von der großen, schon randvollen Reisekiste auf, auf der sie sich niedergelassen hatte, eilte zur Tür und griff dabei nach ihrem kleinen Strohhut mit den roten Bändern, der ihr ganz entzückend stand. Sie hatte sich in ein hübsches, luftiges Sommerkleid aus gestreiftem Musselin in zarten Rottönen gewandet – ein Kleid, das sich neben einem gefälligen Schnitt vor allem dadurch auszeichnete, dass es recht einfach abzustreifen war – und brannte darauf, ihr heimliches Vorhaben endlich in die Tat umzusetzen. Wenn ihr das nicht gelänge, würde sie sich sicher bis ans Ende ihrer Tage darüber ärgern. »Sie bleiben doch im Garten, Miss de Burgh?«, Mrs Branaghs Ruf hielt
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