Die dunkle Seite des Ruhms
Stirnseite.
»Er ist hier, Lieutenant«, sagte Darkster freundlich. »Werfen Sie Ihre Blümchen weg und riegeln Sie den Friedhof ab.«
»Sie stehen mir in der Sonne, Darkster!« Der Lieutenant schob das Kinn vor. »Wir haben alle fotografiert. Wenn er hier ist, haben wir ihn im Bild.«
»Nur keine Panik. Er stand keine fünfzehn Meter hinter Ihnen. Ich habe ihn wiedererkannt.«
»Darkster, Sie Rindvieh! Und da geben Sie keinen Laut?« Der Lieutenant warf seine Blumen zur Seite auf ein Grab, in dem eine Mrs. Sarah Bulderness lag, verstorben 1897. »Wo? Wie sah er aus? Warum haben Sie nicht sofort Alarm geschlagen?«
»Am Grab? Ich stand vor dem Sarg und hatte gerade meine Blümchen geworfen …«
»Sie haben einen Mörder entkommen lassen!« schrie der Lieutenant. »Personenbeschreibung!«
»Ich kenne nur sein Gesicht. Als ich es entdeckte, bin ich weg vom Grab und zu ihm hin. Aber da stand er nicht mehr. Ich kann Ihnen beim besten Willen nicht sagen, Lieutenant, was der Kerl anhatte. Als ich sein Gesicht wiedererkannte, knackten bei mir alle Sicherungen.«
Es war vorauszusehen, daß die sofort ausschwärmenden Beamten eine sinnlose Arbeit verrichten würden. Sie sollten einen Mann festnehmen, den keiner kannte. Was Darkster beschrieb, war mehr als dürftig.
Alter zwischen zwanzig und dreißig. Groß. Sportlicher Typ. Kantiges Kinn. Haare? Fehlanzeige. Der Mann trug eine Mütze. Khakifarben, mit einem grünen Schirm. Das war die einzige Information, die nützlich sein konnte.
Während die Polizei noch den Friedhof durchkämmte und die letzten Trauergäste an Tito Varone vorbeizogen, fuhr Red Cummings wieder nach Hause. Die Khakimütze mit dem grünen Sonnenschild lag auf dem Nebensitz. Er hatte nur einen Blick auf Rosa werfen wollen und war deshalb zum Friedhof gekommen. Als er Arthur Darkster sah, hielt er es für besser, sofort wieder zu verschwinden. Er war sich nicht sicher, ob Darkster nicht doch etwas gesehen hatte, bevor er in den klassischen K.o. fiel. Rosa würde es hinterher erzählen, ob Darkster irgendwie reagiert hatte. War dies der Fall gewesen, mußte man mit ihm als große Gefahr rechnen und ihm aus dem Weg gehen.
»Kommen Sie mit, Darkster«, sagte der Lieutenant später, als sich die Trauergäste verliefen und auch Ballister mit seinem Gefolge an Künstlern wegfuhr, um in Luigis italienischem Restaurant ›Vesuvio‹ das von ACF großzügig gestiftete Gedächtnisessen für Tito Varone zu starten. »Wir werden nach Ihren Angaben ein Phantombild anfertigen und unters Volk bringen. Manchmal nutzt das etwas. Auch wenn eine Sonnenbrille und ein Schnurrbart ein Gesicht vollkommen verändern können. Über alles andere sind Sie sich doch wohl im klaren?«
»Über was, Lieutenant?« fragte Darkster wirklich erstaunt.
»Wenn der Mörder weiß, daß Sie ihn erkannt haben, gehören Sie zu den gefährdeten Personen. Stellen Sie sich immer mit dem Rücken an die Wand und bleiben Sie zu Hause, wenn's dunkel wird.«
»Das kann ja lustig werden«, sagte Darkster säuerlich.
»Das Los der Überlebenden!« Der Lieutenant versuchte sich in Sarkasmus. »Wollen Sie sich unter Polizeischutz stellen lassen?«
»Nein! Danke!« sagte Darkster. »Dann schon lieber mit dem Rücken zur Wand.«
Das Gespräch mit Idi Amin in seinem Exil in Libyen war perfekt. Staatschef Khadafi hatte sein Versprechen gehalten und auf Amin eingeredet, bis dieser zusagte. Es war das erste Lebenszeichen, das Idi Amin seit seiner Flucht aus Uganda gegeben hatte und gleichzeitig die Bestätigung aller Vermutungen, daß Libyen ihn aufgenommen hatte. Das Versteckspielen war vorbei. Die Kommentare aus aller Welt, die dieses Asyl besprachen, ließen Khadafi kalt. Libysches Erdöl hielt vor allem die europäische Wirtschaft in Gang, sicherte Millionen Arbeitsplätze, garantierte Wohlstand und Wirtschaftswachstum. Entrüstung mußte sein, das gehörte zum moralischen Gesicht, aber mehr als Worte ließ die politische Lage nicht zu. Und Worte vergißt man schnell. Wer in der Wüste lebt, wie Khadafi, begreift andere, größere Zeiträume als ein von der Uhr gehetzter Konsumabhängiger.
Allerdings hatte auch Prinz Khalif Omar ben Saud mitgemischt. Er hatte seinen lieben Bruder Khadafi angerufen und ihm mitgeteilt, daß ihm sehr viel daran läge, Felicitas Saunders als erste und einzige Interviewerin bei Amin zu sehen.
»Ich werde auch herüberkommen«, sagte Khalif. »Wir könnten allerhand besprechen, was für die Zukunft wichtig
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