Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller
Schwierigkeiten gemacht«, berichtete er mit halblauter Stimme. »Er hat die Schwarzarbeit zugegeben und auch gestanden, dass er den beiden die Mobiltelefone statt Bargeld überlasen hat. Nachdem wir ihn über das eindrucksvolle Bußgeld aufgeklärt haben, das er vom Fiskus zu erwarten hat, ist er butterweich und würde sofort seine eigenen Eltern verkaufen, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.«
»Hat er erklärt, wie die Handys der Dimitrova in seinen Besitz kamen?«
»Einer seiner Leute hat angeblich auf der Straße einen Rucksack mit den beiden Geräten gefunden und ihn seinem Boss mitgebracht, ohne ihm die genauen Umstände zu erklären. Der Kerl wohnt in derselben Straße wie sein Chef, deshalb haben wir ihn gleich mitgebracht.«
»Was hat die Hausdurchsuchung bei dem stolzen Finder ergeben?«
»Nichts. Er bewohnt zusammen mit vier anderen ein Zwölf-Quadratmeter-Zimmer. Wir haben nichts Interessantes gefunden – lediglich schmutzige Wäsche, verdrecktes Küchengeschirr und riesige Kakerlaken.«
»Und was hat er zu sagen?«
»Dass er sich vor ein paar Tagen mit Freunden hinter dem Bahnhof Saint-Lazare getroffen hat, um zusammen einen trinken zu gehen. Auf dem Rückweg ging er zu Fuß durch eine Straße, deren Namen er nicht weiß – er behauptet aber, uns hinführen zu können –, und sah, wie ein Auto wegfuhr. So weit, so gut. Das Scheinwerferlicht des Autos fiel auf einen dunklen Rucksack. Die Straße war menschenleer. Der Typ griff ohne nachzudenken nach dem Rucksack, hängte ihn sich über die Schulter und ging weiter. Erst später hat er ihn geöffnet und die beiden Telefone gefunden.«
»Warum hat er sie seinem Chef überlassen?«
»Ebenfalls aus finanziellen Gründen. Er hatte Spielschulden bei seinem Brötchengeber und dachte, dass er sie mit den Telefonen begleichen könne.«
»Und was war sonst noch in dem Rucksack?«
Dalmate antwortete mit seiner eintönigen, emotionslosen Stimme. Sein stumpfes, blasses Gesicht sah aus, als laste die Trauer der ganzen Welt auf ihm. Abwechselnd blickte er Mistral und Calderone an und rückte nur bröckchenweise mit seinem Wissen heraus. Ehe er fortfuhr, räusperte er sich.
»Latexhandschuhe, eine Schachtel mit Präservativen, Spiegelscherben und einen Knüppel.«
»Verdammt«, fluchte Calderone, »das hättest du ruhig früher sagen können. Wo ist der Rucksack jetzt?«
Dalmate zuckte zusammen.
»Der Inhalt war dem Kerl unheimlich. Er hat nur die Telefone behalten und den Rucksack in einen Mülleimer an der Straße geworfen.«
»Das ist doch nicht möglich! Wir sind wirklich vom Pech verfolgt. Da hätten wir einmal einen vernünftigen Anhaltspunkt gehabt – und weg ist er!«, explodierte Calderone.
Mistral schwieg. Er war viel zu müde, um sich aufzuregen.
»Okay, wir nehmen einen Speichelabstrich von den beiden Männern, um ganz sicherzugehen, dass sie uns nicht verschaukeln, und dann sehen wir weiter.«
Im Anschluss rief Mistral den Untersuchungsrichter Christian Baudouin an und berichtete ihm vom Ergebnis des Einsatzes. Die beiden kannten sich seit Jahren und hatte ein solides Vertrauensverhältnis aufgebaut. Da sich die Kriminalpolizei und die Justizbehörden das gleiche historische Gebäude teilten, sah man des Öfteren einen der Richter ein Glas mit den Polizeibeamten trinken.
Gegen zehn Uhr stürmte Balmes in Mistrals Büro, um die Ergebnisse der nächtlichen Verhaftungen zu erfahren. Mistral berichtete von dem Rucksack, den der junge Pakistani gefunden hatte und der leider in einem Mülleimer gelandet war. Insgeheim erwartete er wieder einen der farbigen Vergleiche, für die Balmes berühmt war, und er wurde nicht enttäuscht.
»Das ist wie ein Lattenschuss im Fußball. Du kannst dich auf den Kopf stellen und mit den Beinen Hurra schreien – die Kugel geht einfach nicht rein. Im Augenblick liegst du 0:3 zurück. Du wirst deinen Sturm mobilisieren müssen, um zu punkten.«
Mistral musste grinsen. Recht gehabt , dachte er.
»Sag mal, hast du dich heute schon einmal im Spiegel angeschaut? Du siehst zum Fürchten aus. Was ist los mit dir? Du bist käsebleich.«
»Ach was, das ist nichts weiter. Ein kleiner Schwächeanfall und zu wenig Schlaf.«
»Ich denke, du solltest für ein paar Stunden nach Hause gehen und versuchen zu schlafen.«
»Gute Idee. Allerdings erwarte ich noch die Obduktionsergebnisse. Sobald ich die gelesen habe, fahre ich auf einen Sprung nach Hause.«
Calderone wartete ab, bis Balmes das Büro verlassen hatte,
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