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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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ehe er sich äußerte.
    »Ich wage schon gar nicht mehr, Sie zu einem Kaffee zu überreden. Ab einer gewissen Dosis ist das Zeug schieres Gift, vor allem der aus unserem Automaten. Ich denke, der Chef liegt nicht ganz falsch. Sie sollten sich unbedingt ein bisschen ausruhen. Ich halte hier die Stellung, und sobald es Neuigkeiten gibt, informiere ich Sie sofort.«
    »Sie haben sicher recht, Vincent. Aber ehe ich heimfahre, muss ich noch zwei Leute auftreiben, die sich um Morins Unfall kümmern. Natürlich haben wir weiß Gott genug zu tun, aber der Junge soll wissen, dass er uns nicht gleichgültig ist.«
    »Ich würde Ihnen Ingrid und Roxane vorschlagen. Sie sind gründlich, aber sehr diplomatisch. Die Kollegen von der Schutzpolizei sollen schließlich nicht den Eindruck haben, dass die Kripo ihnen nicht traut.«
    »Einverstanden. Sagen Sie den beiden Bescheid. Wer holt die Obduktionsberichte ab?«
    »Farias. Gleichzeitig bringt er die Anruflisten von der Telefongesellschaft der Dimitrova mit; es liegt sozusagen auf dem Weg.«
    »Ich dachte, die bekämen wir per E-Mail.«
    »Normalerweise schon, aber das Mailprogramm ist seit ein paar Tagen außer Gefecht. Farias ist vor gut einer Stunde gefahren – er wird wohl bald wieder hier sein.«
    Der Mann schleppte sich buchstäblich dahin. Die Angst lähmte ihn. Er hatte das ungute Gefühl, etwas übersehen zu haben, und fürchtete, alles könne aus einem nichtigen Grund zusammenbrechen. Es war unerträglich! Außerdem litt er darunter, dass er nicht mehr bei FIP anrufen und nach einer der Moderatorinnen fragen konnte; fast sehnte er sich schon danach, von der Telefonistin abgewiesen zu werden. Solange er anrief, bestand immerhin eine gewisse Hoffnung.
    Schweren Herzens lauschte er weiterhin diesen Frauenstimmen, die ihn völlig verrückt machten. Manchmal hörte er sie sogar, wenn das Radio ausgeschaltet war. Sie wandten sich ausschließlich an ihn – nicht an all die anderen Spinner, die nur herumfantasierten. Glücklicherweise wussten die Damen Bescheid, und seither galten ihre Botschaften nur noch ihm. Davon war er überzeugt, und das tröstete ihn ein wenig.
    Seine Arbeit erschöpfte ihn. Die Tage wollten nicht enden, die Einsätze waren immer dieselben. Seine Kollegen stießen ihn ab. Er hörte genau zu, worüber die Leute in seiner Umgebung redeten, doch von irgendwelchen Fortschritten in den vier Mordfällen schien niemand etwas zu wissen. Um sich zu trösten, trank er viel, nahm seine Medikamente, wenn es ihm gerade einfiel, dämmerte manchmal mit verhaltenen Schmerzen dahin und verausgabte sich dann wieder bei seinem morgendlichen Sport, auf den er nicht mehr verzichten konnte.
    Kurz nach zwölf entschloss sich Mistral, nach Hause zu fahren. Im Treppenhaus traf er auf Farias, der wie eine Rakete auf ihn zuschoss und vor ihm stehen blieb.
    »So schnell unterwegs?«, schmunzelte Mistral. »Sie scheinen ja wichtige Neuigkeiten zu haben.«
    »Habe ich auch. Zunächst einmal: Der Opa ist tatsächlich ermordet worden. Und zwar von einem Profi, sagt der Arzt. Der Kerl hat millimetergenau zugeschlagen. Für die drei Frauen gilt das Gleiche, aber das hatten wir ja bereits erwartet.«
    »Gut. Ich begleite Sie nach oben.«
    Mistral hatte keine Lust mehr, nach Hause zu fahren. Als Calderone die beiden sah, war er gleich ganz Ohr.
    »Der alte Mann ist ermordet worden«, platzte Mistral heraus. »Vincent, informieren Sie die Spurensicherung. Die Wohnung muss durchsucht werden. Ich rufe die Tochter an und lese die Obduktionsberichte.«
    »Der Gerichtsmediziner hat angesichts der verstümmelten Gesichter wörtlich gesagt: ›Ihr Mörder scheint sich nicht leiden zu können, und er hasst das, was er tut.‹«, berichtete Farias.
    Mistral dachte lange über diesen Satz nach. Schließlich klappte er die Obduktionsberichte zu und legte die DVD mit den Filmen ein, die in den Wohnungen der drei Frauen aufgenommen worden waren. Jeder Film dauerte etwa zwanzig Minuten. Mistral schaute aufmerksam hin. Die Aufzeichnung lief in normaler Geschwindigkeit ab. Anschließend versuchte er es mit Zeitlupe und beobachtete jede Einzelheit ganz genau. Er betrachtete die Zimmer des zweiten Opfers, zergliederte die Sequenzen und überprüfte Bild für Bild, bis er schließlich die Pausentaste drückte und ein einziges Bild auf dem Bildschirm anstarrte.
    Das muss ich überprüfen , dachte er. Wenn es stimmt, was ich da sehe, dann kannst du dich wirklich nicht leiden, mein Junge. Aber es bedeutet auch,

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