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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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du was, Ludovic? Ich hasse Leute, die sich mit fremden Federn schmücken. So! Und wenn der Kerl noch einmal anruft, sage ich ihm das auch!«
    Nach zehn Schweigesekunden war das Gewitter vorbei. Balmes’ Stimme klang nun wieder ganz gelassen.
    »Und wie läuft es so?«, erkundigte er sich.
    »Ich warte auf jede Menge technischer Details«, berichtete Mistral. »DNA-Tests und Analysen aus dem Tonlabor. Außerdem müssen wir mit dem Untersuchungsrichter und den Polizisten in Pontoise sprechen und uns noch einmal genauer mit Lora Dimitrova, dem letzte Opfer, befassen. Wie du siehst, gibt es eine Menge Arbeit.«
    »Was denkt sich der Anwalt von Brial eigentlich?«
    Balmes konnte den Blick nicht von dem Zeitungsartikel wenden.
    »Er wird seinen Haftprüfungsantrag darauf stützen, dass der Mörder von Pontoise offenbar nun in Paris sein Unwesen treibt – es sei denn, wir zaubern ein Ass aus dem Ärmel.«
    »Und?«
    »Bisher haben wir nichts, aber so schnell geben wir uns nicht geschlagen.«
    Als Mistral und Calderone das Büro von Balmes verließen, standen drei Kollegen vom Rauschgiftdezernat im Vorzimmer. Sie lachten leise und klatschten stumm Beifall.
    »Ihr habt euch toll gehalten. Wir dachten schon, die Türen fliegen aus den Angeln.«
    »Dabei haben wir noch längst nicht unser ganzes Pulver verschossen«, schmunzelte Calderone. »Beim nächsten Mal rappelt es richtig.«
    Da Mistral sich seiner schlechten Laune am Morgen schämte, rief er seine Frau an. Sie plauderten eine ganze Weile und trösteten einander mit freundlichen Worten. Clara allerdings sprach einen Satz aus, auf den Ludovic bewusst nicht einging.
    »Das sind Männerangelegenheiten, die uns Frauen nur ermüden.«
    Anschließend telefonierte Mistral mit dem Chef des Labors.
    »Ich habe Ihre Resultate«, verkündete der.
    Sein Tonfall ließ den Rest bereits vermuten.
    »Nichts, mit dem wir etwas anfangen könnten. Es gibt keine Verbindung zu den DNA-Funden in Pontoise. Das fortgewischte Blut bei Chantal Colomar stammt von den Schlägen ins Gesicht des Opfers. Es wäre interessant zu erfahren, warum der Täter die Tatorte säubert, vor allem wenn es sich nicht um sein eigenes Blut, sondern um das der Opfer handelt. Das Gleiche gilt übrigens für die beiden Pakistani. Auch ihr genetischer Fingerabdruck hat nichts mit den Morden zu tun.«
    »Sonst noch etwas?«
    »Wir haben jede Menge nicht identifizierter Abdrücke bei allen drei Opfern gefunden. Die können sowohl vom Täter als auch von Nachbarn oder Freunden stammen, aber das erfahren wir erst, wenn Sie sich damit befassen. Ich brauche auch Abstriche von allen, die am Tatort waren – von den Polizisten, den Feuerwehrleuten und dem Arzt. Machen Sie es einfach wie immer: Einer Ihrer Jungs bewaffnet sich mit einem sterilen Set, nimmt mit einem Wattestäbchen eine Speichelprobe und bringt sie zu mir. Ich vergleiche die DNA dann mit den noch nicht identifizierten Spuren, damit wir nicht am falschen Ort zu suchen anfangen. Leider ist es häufig so, dass die ersten Helfer am Tatort unfreiwillig Spuren hinterlassen.«
    Etwas entmutigt legte Mistral auf.

20
    A M GLEICHEN T AG
    Olivier Émery saß in seinem Wagen, den er einige Straßen von seiner Wohnung entfernt geparkt hatte, und hörte wie gewöhnlich FIP. Zwar musste er noch einige Hundert Meter nach Hause laufen, doch er überließ sich ganz der träumerischen Stimmung, in die ihn die Stimme der jungen Frau versetzte. Die Moderatorin war neu. Gerade hatte sie mit wenigen Worten ein kürzlich erschienenes Jazz-Album angepriesen, das die Hörer gewinnen konnten, wenn sie eine einfache Frage beantworteten. Das Timbre ihrer Stimme war Émery völlig unbekannt. Er lauschte ihr fasziniert und unter Qualen. Eine neue, geheimnisvolle Stimme. Alles hätte er dafür gegeben, sie in alle Ewigkeit hören zu dürfen und ihr zu antworten. Vorsichtshalber vermied er es, an die Falle zu denken, der er vor wenigen Tagen nur knapp entkommen war – der Stress hätte gewiss innerhalb weniger Minuten einen Anfall ausgelöst. Es war zehn vor drei, und er hatte noch nicht zu Mittag gegessen. Aber er brachte es einfach nicht über sich, eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, die von klebrigen, schmutzigen Händen berührt worden war.
    Der innere Rückspiegel seines Autos war nach unten gerichtet, damit er sich nicht zufällig selbst sah.
    Als die Moderatorin die Nachrichten ankündigte, die von einem Mann verlesen wurden, schreckte Olivier Émery aus seiner Träumerei auf.

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