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Die dunkle Seite des Weiß

Die dunkle Seite des Weiß

Titel: Die dunkle Seite des Weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yalda Lewin
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können.
    Mirella schmunzelte und nahm ihre Hand wieder zurück. »Ja, davon gehen wir aus. Die bisherigen Testreihen waren vielversprechend. Wir arbeiten seit Jahren an dem Mittel und der Durchbruch kam, wie so oft in der Wissenschaft, durch einen günstigen Wink des Schicksals. Und manchmal geht das Schicksal eben seltsame Wege. Man trifft die richtigen Menschen zur richtigen Zeit, merkt, dass es einfach passt.« Sie lehnte sich vor, brachte ihr Gesicht dicht an das von Carsten Schröder und blickte ihm tief in die Augen. »Finden Sie nicht auch?«
    Ich wandte den Blick ab. Auch wenn es zum Spiel gehörte, und auch wenn ich mir totsicher war, dass Carsten Schröder nie im Leben in das Beuteschema von Mirella Mistrani passte – ich hasste es, wenn sie so etwas tat. Zu sehen, wie sie einen anderen Mann um den Finger wickelte, war für mich nur schwer zu ertragen.
    Schröder lächelte matt. In seinem angeschlagenen Zustand schien Mirella ihm fast zu viel zu sein. Er kränkelte, bekam aus dem Nichts ein Angebot, mit dem er nie gerechnet hätte, wurde von Illusionen und einer umwerfenden Frau in Versuchung gebracht – fast tat er mir leid. Doch Mirella war noch längst nicht fertig.
    »Gehen Sie mit mir essen?«, hauchte sie ihm ins Ohr.
    »Wie bitte?«
    Ich spürte einen Druck in der Magengegend.
    »Ich fragte, ob Sie mit mir essen gehen.«
    »Ich wüsste nicht, wie das unsere Geschäfte …«
    »Verstehe. Verheiratet, zwei Kinder, Häuschen am Stadtrand.« Mirella ließ sich in den Sessel zurückfallen. »Zudem korrekt und loyal.« Sie schüttelte mitleidig den Kopf. »Keine besonders guten Bedingungen für Erfolg in dieser Branche. Sie müssen aufpassen, dass Sie nicht gefressen werden.«
    Carsten Schröder schluckte schwer, aber antwortete nicht. Offensichtlich wollte er nichts Falsches sagen. Und das konnte nur bedeuten, dass Mirella ihr Ziel erreicht hatte. Er hing am Haken und wusste nicht einmal, dass er ein Fisch war.
    Mirella zuckte mit den Schultern und lächelte amüsiert. »Wissen Sie was? Mir gefällt das. Männer mit Format sind selten geworden.« Sie erhob sich. »Lassen Sie es sich durch den Kopf gehen, Herr Schröder. Ich melde mich in den nächsten Tagen wieder bei Ihnen.«
    »Aber wir haben doch noch gar nicht über den Vertrieb von Dola-San gesprochen«, warf Schröder verdutzt ein.
    Ich erhob mich ebenfalls. »Das hat Zeit«, sagte ich, während ich Mirella zur Tür folgte. »Denken Sie über das Investitionsfeld der Zukunft nach. Tuberkulose.«
    »Und gute Besserung!«, rief Mirella ihm noch zu.
    Als sie die Tür öffnete, stieß sie fast mit einem jungen Mann zusammen, der gerade das Büro des Geschäftsführers betreten wollte. Er trug einen Stapel Papiere unter dem Arm und starrte uns überrascht an. »Ich bin zu spät, Verzeihung.«
    Der Assistent.
    Und irgendetwas stimmte nicht.
    Sein Blick hing so irritiert an Mirella, als traue er seinen Augen nicht.
    Sie straffte sich und hielt ihm die Hand hin. »Celeste Moreaux«, sagte sie lächelnd. »Ich bedaure, dass wir schon fertig sind. Aber Ihr Chef wird Sie auf den aktuellen Stand der Dinge bringen.«
    »Christoph Merseburg«, antwortet der junge Mann und schüttelte ihr zögernd die Hand.
    Ich wurde unruhig. Irgendetwas ging von diesem Mann aus. Und ich konnte es nicht einordnen. Überraschung, Misstrauen? Was war es? Ich kam nicht dahinter.
    »Wir kennen uns ja bereits«, sagte er jetzt, während er Mirella noch immer prüfend musterte. »Aber als wir uns das letzte Mal gesehen haben waren Sie blond und trugen die Haare offen. Und ich hatte Sie kleiner in Erinnerung.«
    Mirellas Lächeln erstarrte. »Tatsächlich? Dabei bin ich die Größte in meiner Familie. Und was die Haare angeht, da bin ich wie jede Frau. Ich mag Abwechslung. Und Blondinen werden leider gerne unterschätzt.«
    Christoph Merseburg nickte zögernd und strich sich die braunen Haare zurück. »Wo war die Konferenz doch gleich?«, fragte er dann mit gerunzelter Stirn. »In Wien?«
    Es folgten Sekunden der Stille, die sich schwer wie Blei über den Raum legten.
    »Genf«, entgegnete ich, einem plötzlichen Impuls folgend. Die Beiden sahen mich an und Christoph Merseburg verzog einen Mundwinkel zu einem schmalen Lächeln. »Richtig, Genf«, sagte er dann. »Waren Sie auch dort? Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Nein, leider war ich verhindert«, entgegnete ich so ruhig wie möglich, während mein Herz wie rasend schlug. Die Tatsache, dass der Assistent die wirkliche Celeste

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