Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
viel Mühe haben die sich ja nicht gegeben, dass man nichts findet.«
»Das waren keine Profis. Und sie haben wahrscheinlich nicht vorgehabt, ihn umzubringen.«
»Die werden schön blöd geguckt haben, wie der auf einmal tot war.«
Wir stiegen die steile Betontreppe wieder hinauf und traten kurz drauf ins Freie. Mein Begleiter schloss ab und erneuerte mit geduldigen Bewegungen die Siegel. Ich bat ihn, umgehend die Mitarbeiter der Spurensicherung zu alarmieren. »Ich brauche Täterspuren. Hautschuppen, Haare, Textilfasern, alles. Im Keller finden sie bestimmt jede Menge davon.«
Er versprach, die Anweisung sofort weiterzugeben.
»Was basteln Sie eigentlich in Ihrer Freizeit?«, fragte ich, um ihm eine Freude zu machen.
Da begann er zu strahlen. »Nachbauten von Formel-1-Rennwagen. Maßstab eins zu zehn. Mit allen Funktionen. Meine Fernsteuerung ist voll digital und hat zwölf Kanäle!«
»Fährt man auch Rennen damit?«
»Das gibt’s tatsächlich. Aber ich mach da nicht mit, dazu sind mir meine Autos viel zu schade. Ich gehe manchmal auf Ausstellungen. Hab schon zweimal den ersten Preis gemacht!«
Ich nickte anerkennend, und wir verabschiedeten uns wie alte Kampfgefährten, die schon viel zusammen erlebt hatten.
Er stieg in seinen sichtlich neuen Toyota Prius und schnurrte fast lautlos davon. Ich blieb zurück und sah mich um.
32
Vor einem vergilbten Haus an der gegenüberliegenden Straßenseite sammelte ein nicht mehr junger, magerer Mann dürres Laub und Papierschnipsel vom Gehweg und versuchte dabei angestrengt so auszusehen, als würde er nicht demnächst vor Neugierde platzen. Ich wechselte die Straßenseite und stellte mich vor. Mit einem großen Seufzer richtete er sich auf, sah mich an und gab sich überrascht.
»Was die Leute alles wegschmeißen«, sagte er mit theatralischer Geste auf den blitzsauberen Gehweg. »Die ganze Zeit könnt man nur den Dreck von anderen Leuten wegmachen. Als hätte man nichts Besseres zu tun.«
»Sie haben den Herrn Hergarden doch bestimmt gekannt«, eröffnete ich das Gespräch.
»Der ist tot, stimmt das?«
Ich nickte.
»Und warum ist die Polizei da? Ich meine, es sterben doch jeden Tag Leute. Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
»Danach sieht es leider aus.«
»Es heißt, er hat sich umgebracht.«
»Inzwischen gibt es Verdachtsmomente dafür, dass jemand dabei nachgeholfen hat.«
»Sie meinen … also … Er ist umgebracht worden?«
Der Nachbar strich sich mechanisch das schüttere, senffarbene Haar aus der Stirn. »Ich wohn hier seit über dreißig Jahren, wissen Sie. Die Eltern haben das Haus gebaut, da war ich elf. Vorher haben wir in Heidelberg drüben gewohnt. Und der Uwe … also der Herr Hergarden … der hat schon seit Anfang der Sechziger hier gewohnt. Dem seinem Vater sein Haus ist ein bisschen früher fertig gewesen als das von meinen Eltern. Damals haben sie ja praktisch die ganze Straße neu hochgezogen. Aber was erzähl ich eigentlich … Sie sind wirklich von der Polizei?«
Ich zeigte ihm meinen Dienstausweis und machte enormen Eindruck damit.
»Kennen Sie diese Heidelberg-Krimis von …?«
»Ich lese keine Krimis.«
Der Nachbar zwinkerte mich so ungläubig an, als wäre dies eine unverzeihliche Bildungslücke.
»Er hat allein hier gelebt?«
Ein empörter Blick aus grauen Augen. »Er hat ja niemand gehabt! Geheiratet hat er nicht, die Eltern tot, der Bruder irgendwo in weiter Ferne. Die zwei haben sich auch nicht so gut vertragen, hat er mir mal erzählt. Viel von sich erzählt hat er sonst ja nicht. Nur von dem Bruder, dass der im Ausland gewesen ist. Im Libanon und in Syrien und Jordanien. Er soll eine Libanesin geheiratet haben. Früher ist der Kameramann beim Fernsehen gewesen. Später nicht mehr. Der Uwe hat gemeint, sein Bruder macht da im Osten irgendwelche krummen Geschäfte, und irgendwann würde ihn jemand abknallen deshalb. Was genau, hat er aber auch nicht gewusst. Jedenfalls hat er mit dem nichts zu tun haben wollen. Mit meiner Schwester, das funktioniert ja auch nicht so. Seit ich arbeitslos bin, höre ich von der bloß noch Vorwürfe und schlaue Ratschläge. Vorwürfe und Ratschläge, von morgens bis abends.«
»Kann es sein, dass der Bruder in den letzten Tagen aufgetaucht ist?«
Die grauen Augen wurden groß. »Hab sogar gesehen, wie er angekommen ist.« Der hagere Nachbar zupfte aufgeregt den Saum seines schmutziges T-Shirts zurecht. »Im Januar ist das gewesen. Auf einmal steht der da drüben und läutet. Ich
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