Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
anderes«, seufzte ich. »Haben wir jemanden im Team, der Amateurfunker ist oder sich sonst irgendwie mit Funkkram auskennt?«
»Worum es geht, soll ich vermutlich nicht wissen.«
»Besser nicht. Sonst denken Sie am Ende noch, mit meinem Kopf ist irgendwas nicht in Ordnung.«
»Wäre kein Wunder, nachdem Sie so heftig draufgefallen sind.« Er lachte. Wurde aber sofort wieder ernst. Immerhin sprach er mit seinem Chef, und die Gehirnerschütterung des Chefs ist nicht lustig. »Zum Stichwort Funkkram fällt mir nur einer ein: Neugebauer von der Sippe.«
»Würden Sie mich verbinden?«
»Ob der auch so doof ist wie ich und nach sieben noch am Schreibtisch sitzt?«
»Neues von der Kellertürenbande?«
Mein Mitarbeiter verlor seine Heiterkeit. »Vor zwei Stunden haben sie wieder zugeschlagen.«
»Abends um fünf?«
»Die Jungs achten darauf, dass uns nicht langweilig wird. Dass keine Gewohnheiten einreißen. Dass kein Muster erkennbar wird.«
Die sogenannte Kellertürenbande bereitete mir schon seit Monaten Verdruss und Kopfzerbrechen. Immer benutzten sie dieselbe Masche: Sie brachen in abseits gelegene Einfamilienhäuser ein, die weit genug vom nächsten Polizeirevier entfernt lagen, dass die Täter selbst im Fall einer Alarmanlage kein Risiko eingingen. Der Einstieg erfolgte stets durch eine von außen zugängliche Kellertür, da diese meist viel schlechter gesichert waren als die Haustüren, und maximal fünf Minuten später waren sie wieder verschwunden.
»Wo?«
»Eppelheim mal wieder. Eine Villa am westlichen Ortsrand. Beute circa zwei- bis dreitausend, haben mir die Kollegen vom KDD berichtet. Das Fahrzeug war diesmal ein Audi A6, der erst heute am Nachmittag in Kaiserslautern geklaut wurde – ein Nachbar hat es gesehen. Aber immerhin haben wir diesmal so was wie eine Spur: Einer der Täter hat sich verletzt, wie er eine verschlossene Schreibtischschublade aufgehebelt hat. Wir haben Täter-DNA!«
Das machte allerdings Hoffnung.
»Das Material ist auf dem Weg zum LKA?«
»Jepp. Und jetzt versuche ich mal, Sie zu verbinden …«
Kollege Neugebauer war nicht so doof, zu so später Stunde noch im Büro zu sitzen, aber Balke fand seine private Telefonnummer in unserer Adressdatenbank.
Ich notierte mir die Nummer, rief den jungen und zum Glück aufgeweckten Kollegen an und schilderte ihm mein Anliegen.
»Wann?«
»In einer halben Stunde?«
»Ist gebongt. Klingt spannend.«
Dreißig Minuten später stand ich zusammen mit dem funktechnisch bewanderten Kollegen neben meinem fast siebzehn Jahre alten Peugeot. Neugebauer war ein klobiger Kerl, höchstens Mitte zwanzig, mit eckigem Kopf und schütterem, weißblondem Haar. Er hielt ein zierliches Gerät in seinen Pranken, das für mich aussah wie ein billiges Transistorradio, und schaltete es so vorsichtig ein, als könnte es dabei zerbrechen. Dabei murmelte er rätselhafte Dinge wie: »Advanced sensitive Tuner« und »Fuzzy-Scanning«.
Drei bunte Leuchtdioden blinkten aufgeregt, ein schriller Pieps ertönte, und dann konnte es losgehen.
Neugebauer umrundete mit dem Gerät in der Hand langsam meinen Wagen. Hin und wieder fiepte es ähnlich wie diese neumodischen Einparkhilfen. Als er in die Nähe der Heckklappe kam, wurde das Piepen plötzlich hektisch. Er ging schnaufend in die Knie und verschwand aus meinem Sichtfeld.
»Bingo«, tönte es hohl aus der Tiefe. »Ich hab ja gedacht, Sie … ähm, also Sie spinnen, hab ich gedacht, ehrlich gesagt.«
»Ich hatte es sogar gehofft, ehrlich gesagt.«
Augenblicke später stand er neben mir und hielt ein schwarzes Kästchen zwischen dicken Fingern, etwa von der Größe einer Streichholzschachtel, an dem ein Drähtchen baumelte – vermutlich die Antenne.
»Das war’s?«, fragte ich und nahm es ebenso vorsichtig wie er zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Nicht die allerneuste Technik, würd ich mal sagen, aber es tut seinen Dienst.«
Ich wusste nicht recht, ob ich nun erleichtert sein oder mich fürchten sollte.
»Wer klebt Ihnen denn um Himmels willen einen Peilsender ans Auto?«, fragte Neugebauer, als er den Detektor in einer der vielen Taschen seiner olivgrünen Outdoorjacke versenkte.
Ich fuhr mir mit der linken Hand durchs feuchte Haar. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
»Ihre Frau vielleicht?«
»Meine Frau ist seit drei Jahren tot.«
Er verschluckte sich an seinem Lachen. »Tschuldigung. Konnt ich ja nicht … Tschuldigung.«
»Kein Problem. Konnten Sie ja nicht wissen. Wie kommt man
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