Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
an ein solches Ding, und wie weit reicht es?«
»Kaufen können Sie so ein Zeug völlig problemlos im Internet. Offiziell ist das bei uns natürlich alles streng verboten. Sender plus Empfänger machen einen knappen Tausender. Der Sender allein vielleicht zweihundert, maximal zweihundertfünfzig. Das Dingelchen da hat GPS an Bord und alles. Mit dem Equipment kann Ihnen jede Oma tausend Kilometer hinterherfahren, ohne dass Sie sie je zu Gesicht kriegen.«
»Und wie weit reicht der Sender? Wie viel Abstand darf die Oma halten, ohne mich zu verlieren?«
Neugebauer sah zum wolkenverhangenen Himmel hinauf, aus dem es ein wenig nieselte. »Paar Hundert Meter? In der Stadt weniger. Auf dem platten Land mehr.«
Ein großer Volvo fuhr im Schritttempo vorbei auf der um dieser Uhrzeit in der Heidelberger Weststadt hoffnungslosen Suche nach einem freien Parkplatz.
»Und wie lange hält die Batterie?«
»Kommt drauf an. Diese Dinger schalten sich in den Sleep-Mode, sobald Sie längere Zeit anhalten. Je mehr Sie fahren, desto schneller ist die Batterie alle.«
»Bei normalem Betrieb?«
Wieder überlegte er. »Zwei, drei Wochen?«
»Und was muss ich machen, wenn ich das Ding am Auto lassen, es aber hin und wieder abschalten möchte?«
»Batterie ausbauen. Auf der Unterseite ist eine kleine Kreuzschlitzschraube, sehen Sie, da. Brauchen Sie nur einen passenden Schraubenzieher.«
»Wenn ich den nicht habe?«
»Eine Keksdose.«
»Eine Keksdose?«
»Faradayscher Käfig. Dose, auf, Sender rein, Dose zu, Ende Gelände. Faradayscher Käfig. Durch das Blech geht funktechnisch nichts durch.«
Dunkel erinnerte ich mich, vor Jahrzehnten im Physikunterricht schon einmal von diesem Phänomen gehört zu haben. Ich bückte mich, pappte den Minisender wieder ans Bodenblech, wo er durch einen kräftigen Magnet von alleine haftete. Dann drückte ich die breite Hand des hilfreichen Kollegen, lobte seine Sachkenntnis und bedankte mich in aller Form und Herzlichkeit.
»Und solche Sachen machen Sie also in Ihrer Freizeit?«
»Mein Vater war ein großer Amateurfunker vor dem Herrn und hat mir den ganzen Krempel vererbt. Erst hat’s mich gar nicht interessiert. Aber jetzt hab ich Blut geleckt. Mach auch Kurse in Elektronik und so.«
»Gut zu wissen. Kann sein, dass Sie bald wieder von mir hören.«
»Und Herr Gerlach, ähm …«
Ich hatte mich schon zum Gehen gewandt. »Ja?«
»Also, dieses Jahr wär bei mir eigentlich der Oberkommissar dran …«
»Das wird klappen. Keine Sorge.«
Sein Vollmondgesicht strahlte wie das eines pappsatten Babys, als er auf sein schweres Motorrad stieg, den Helm überstülpte und den donnernden Motor anließ.
Am Donnerstagmorgen beschloss ich, wieder gesund zu sein.
»Würden Sie bitte mal versuchen, den angeblichen Mörder dieser Frau Hergarden aufzutreiben?«, sagte ich zu Sönnchen, als ich meinen Wintermantel an die Garderobe hängte. »Ich denke, er wird irgendwo in Heidelberg wohnen. Oder in der Umgebung.«
Jetzt erst bemerkte ich ihren empörten Gesichtsausdruck.
»Was machen Sie denn hier?«, fragte sie entgeistert.
»Ich arbeite hier. Haben Sie mich etwa schon vergessen?«
»Sie sind doch krankgeschrieben!«
»Ich habe mich selbst wieder gesundgeschrieben. Als Chef darf man das.«
»Gar nichts dürfen Sie! Der Arzt hat sie bis Ende der Woche krankgeschrieben, und da haben Sie daheim im Bett zu liegen!«
»Werden Sie nun versuchen, diesen Herrn Hergarden zu finden oder nicht?«
»Kommt nicht in die Tüte.«
»Sönnchen, ich bitte Sie in aller Form.«
Nun versuchte sie es auf die Fürsorgliche-Mutter-Tour: »Herr Gerlach, mit so einer Gehirnschütterung ist wirklich nicht zu spaßen!«
»Und Sie wollen sich später keine Vorwürfe machen müssen, ich weiß. Ich handle auf eigenes Risiko. Und ich bin schon ziemlich erwachsen.«
»Da habe ich meine Zweifel. Wer krank ist, der gehört ins Bett. Auch wenn er Chef ist.«
Allmählich verlor ich den Spaß an unserer Kabbelei. »Verehrte Frau Walldorf. Wenn es sein muss, kann ich meine Bitte auch als dienstliche Anweisung formulieren.«
»Sie können mir keine Anweisungen geben, weil Sie ja gar nicht da sind.«
Nun hatte ich genug. Ich ließ sie einfach sitzen und öffnete die Tür zu meinem Büro. »Dann bitte ich eben Balke darum. Oder Frau Vangelis. Oder nein, am besten Frau Krauss.«
Ich konnte mir nicht verkneifen, stehen zu bleiben und zu beobachten, wie sie reagierte. Sekundenlang starrte sie verbissen auf ihren vorbildlich
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