Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
nicht gewesen. Ich hatte sie oft genug durchgeblättert.
»Er war irgendwas beim Fernsehen«, fiel Weilandt ein, als wir unseren Spaziergang fortsetzten.
»Wer?«
»Der Kerl, der angeblich Freds Frau auf dem Gewissen hat. Fred war übrigens überzeugt, dass der seine kleine Vicky gepimpert hat. Sie hatten wohl auch einen mörderischen Krach deswegen gehabt, als Fred sie das letzte Mal gesehen hat. Damals hat sie ihm angeblich hoch und heilig versprochen, dass sie Schluss macht mit dem anderen. Zwei, maximal drei Wochen vor ihrem Tod war das. Der Streit, meine ich. Der Streit und das Versprechen.«
»Fahr da vorne mal rechts ran«, sagte Theresa, als wir wieder in Richtung Heimat unterwegs waren. »Bitte.«
Ich ging vom Gas, fuhr auf den kleinen Parkplatz, den sie erspäht hatte. Zog die Handbremse. Sah ihr ins Gesicht.
»Was ist?«
»Das wollte ich dich fragen.«
»Du hast schlechte Laune. Seit Tagen schon. Weil dein Buch sich nicht verkauft.«
Sie schüttelte den Kopf mit den honigblonden, inzwischen wieder getrockneten Locken. »Alexander. Lass bitte den Unsinn.«
»Unsinn?«
»Ja, ich bin nicht gerade glücklich mit den Verkaufszahlen. Ja, es nervt mich, dass keiner dieses verflixte Buch lesen will. Aber wenn hier jemand für schlechte Stimmung sorgt, dann bist du es.«
»Ich? Ich bin vollkommen entspannt. Geht es um die Aktion mit der Keksdose? Ich kann dir alles erklären, es …«
»Es geht um eine SMS, die du mir gestern Nachmittag geschrieben hast. Du wirst am Wochenende mit irgendwem reden …«
Ach herrje! Und vermutlich hatte ich an Doro geschrieben, wie sehr ich mich auf den Abend freute …
Theresa hatte sich schon einiges zusammengereimt. »Ich nehme an, es hat mit einer gewissen Doro zu tun. Du bist seit Wochen manchmal so merkwürdig abwesend. Ständig geht dir etwas im Kopf herum, worüber du nicht reden willst. Du wirst nervös, wenn sie anruft. Bitte, was läuft da, Alexander? Sag ehrlich: Muss ich mir Sorgen machen?«
»Wir beide müssten mal reden«, hatte in Doros SMS gestanden, die sie mir Anfang Januar schickte. In den Tagen und Wochen davor hatte ich mir das Hirn zermartert, ob ich vielleicht der Vater ihres Sohnes Henning war. Neun Monate vor seiner Geburt hatte ich eine einzige Nacht mit ihr verbracht. In einem Hotelzimmer, bei diesem verflixten Klassentreffen. Das Ganze hatte ich längst vergessen oder gut verdrängt, bevor ich sie Mitte Dezember völlig überraschend wiedersah. Henning war sogar mit meinen Töchtern in einer Klasse, und so kannte ich ihn schon eine ganze Weile. Wie man die Freunde seiner Kinder eben so kennt. Zunächst hatte Doro meine Hoffnungen und Befürchtungen zerstreut mit der Bemerkung, Henning sei ein Siebenmonatsbaby gewesen. Und dann, zwei Wochen später, aus heiterem Himmel ihre SMS.
Schon zwei Tage später hatten wir uns getroffen. An einem Samstagvormittag, in einem ruhigen Bistro in Rohrbach. Nur wenige hundert Meter von Doros großer und kostbar eingerichteter Wohnung entfernt. Im Radio war etwas von Nazareth gelaufen, das wusste ich noch, und es hatte die ganze Zeit nach Blumenkohl gerochen.
»Er ist mein Sohn, nicht wahr?«, hatte ich ohne jede Einleitung gefragt, und sie hatte mit verlegen gesenktem Blick genickt.
»Warum hast du behauptet, er sei zu früh auf die Welt gekommen?«
»Ich wollte …« Sie kaute auf der kirschrot bemalten Unterlippe. Schluckte. »Ich wollte kein Durcheinander haben. Nicht noch mehr Durcheinander. Aber es … es geht nicht. Henning hat ein Recht darauf zu wissen, wer sein Vater ist. Vor allem, wo er dich doch … Sascha hat ihn als sein Kind angenommen.«
»Dein Mann weiß aber, dass er nicht Hennings Vater ist?«
Wieder nickte sie. Immer noch hielt sie den Blick gesenkt. »Es hat ihm nichts ausgemacht. Und er war Henning ein guter Vater. Ein wenig kühl vielleicht, manchmal. Nicht so herzlich, wie er hätte sein sollen, manchmal. Sascha ist mehr so der Kopfmensch. Mit dem Herzen … mit dem Herzen hat er es nicht so.«
Ihr Mann und Hennings juristischer Vater hatte die beiden erst vor wenigen Monaten verlassen. In seiner Sekretärin meinte er eine Frau gefunden zu haben, die sein Herz mehr ansprach.
»Und nun findest du auf einmal, Henning soll die Wahrheit wissen?«
»Wie?« Sie blinzelte mich irritiert an.
»Du wolltest vorhin etwas sagen. Aber dann hast du angefangen, von deinem Ex zu reden.«
»Er ist nicht mein Ex. Wir sind getrennt. Nicht geschieden.«
»Hoffst du immer
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