Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
Auf ihren breiten Rücken prangte der Name einer Münchner Bühnenbaufirma.
Das weitläufige Foyer war nur notdürftig beleuchtet. Die warme Luft roch muffig und verbraucht, als hätten sich vor Kurzem noch sehr viele Menschen hier aufgehalten. Aus der Ferne hörte ich Lärm. Ich folgte den beiden Bühnenbauern, die irgendwelche schweren Geräte mit sich schleppten, deren Sinn sich mir nicht erschloss. Die Männer unterhielten sich ungeniert in breitem Bayerisch, schimpften zünftig auf das Chaos, die wie üblich katastrophale Organisation, den indiskutablen Zeitplan. Es klang jedoch heraus, dass sie Marcel Graf bewunderten und die Show am kommenden Samstag vor dem Fernseher miterleben würden. Wir liefen breite Treppen hinauf. Auch die beiden Bayern kamen ins Schnaufen und hörten auf zu reden.
Der Lärm wurde stärker. Schließlich passierten wir eine schwere Doppeltür, und ich betrat einen großen, dicht bestuhlten Saal. Die grell erleuchtete Bühne war das Zentrum von Chaos und Lärm. Unzählige Menschen wimmelten dort herum, und bis jetzt war nicht einmal zu erahnen, was das Ganze in wenigen Tagen darstellen sollte. Nicht weit von mir stritt ein drahtiger Mann, der die fünfzig schon eine Weile hinter sich hatte, mit einem athletisch gebauten Anzugträger. Soweit ich verstand, ging es darum, dass eine Ballettgruppe am nächsten Morgen mit den Bühnenproben beginnen sollte, woran angesichts des Bauzustands der Kulissen nicht zu denken war. Der Anzugträger rauchte ein langes Zigarillo, antwortete wortkarg und ließ den anderen fühlen, wer die Show bezahlte.
Ich ging durch den Mittelgang des Saals nach vorne, erreichte den fast schulterhohen Bühnenrand. In der Mitte gab es eine provisorische Treppe. Ich wagte jedoch nicht, die Großbaustelle zu betreten, aus Sorge, von einem herunterfallenden Teil oder einem übermotivierten Handwerker erschlagen zu werden. Überall wurde gebrüllt, geschraubt, geklopft und geflucht. Da ich niemanden entdecken konnte, der zu Grafs engerem Umfeld zu gehören schien, wählte ich nun doch die Nummer seiner Assistentin. Dieses Mal nahm sie erst nach dem fünften oder sechsten Tuten ab. War hörbar konsterniert, da ihr Chef sie nicht über meinen Besuch informiert hatte. Aber sie beruhigte sich rasch wieder. Offenbar war sie unangenehme Überraschungen gewohnt.
»Ich komme«, sagte sie. »Geben Sie mir eine Minute.«
Während ich wartete, versuchte ich, die Menge der Leute zu schätzen, die auf der Bühne herumwerkelten. Ich kam auf etwas über dreißig. Irgendwer stellte fest, dass eine römische Säule wieder demontiert werden musste, da vor ihr etwas anderes hätte aufgebaut werden müssen. In der rechten Ecke wurde ein längliches Gerät zusammengeschraubt, das ich für einen Kamerakran hielt. Die Minute war um, Olivia Opelt erschien nicht. Die Säule wurde unter derben Flüchen gekippt, was nicht ungefährlich aussah, und ein Stück zur Seite gerollt. Im Hintergrund brummte ein kleiner Gabelstapler herum.
Endlich öffnete sich eine Seitentür des Saals, und eine etwa dreißigjährige Frau mit dunklem, kurz geschnittenem Haar, eckiger Brille mit schwarzem Rand und kraftvollen Bewegungen trat heraus. Sie sah sich hastig um, entdeckte mich, winkte ohne zu lächeln.
Ich ging zu ihr hinüber. Sie kam mir einige Schritte entgegen. Ihr Händedruck war beeindruckend, und jede ihrer Bewegungen ließ mich spüren, dass Zeit hier noch mehr Geld bedeutete als anderswo. Sie war klein, eins fünfundsechzig vielleicht und trug einen knielangen dunkelblauen Rock zu einer hellblauen Bluse. Trotz ihrer Kleinheit flache Schuhe. Unter dem linken Arm hielt sie ein Klemmbrett, auf dem einige zerfledderte Listen befestigt waren. Aus der Nähe wirkte sie angespannt und müde.
»Wir sind gerade ein wenig im Stress, wie Sie sehen«, erklärte sie, als sie die Tür hinter uns schloss und der Baustellenlärm schlagartig leiser wurde.
»Ich möchte nicht miterleben, was für Sie großer Stress ist.«
Sie lachte höflich und führte mich einen langen, kahlen Gang entlang. Ein Schild an der Wand wies den Weg zu den Garderoben.
»Die Bühnenbauer haben zwei Tage zu spät geliefert, und jetzt klemmt es mal wieder hinten und vorne. Obwohl wir immer reichlich Pufferzeiten einplanen, irgendwas geht ja todsicher jedes Mal schief, aber diesmal wird es wirklich eng. Was wollen Sie denn von Marcel?«
»Es geht um einen ehemaligen Freund von Herrn Graf.«
»Und deshalb kommt die Kriminalpolizei?«
»Es
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