Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
Nein.« Logan lächelte, das Telefon fest ans Ohr gedrückt. »Nein, schmeißt ihn in eine Arrestzelle. Da kann er schon mal ein bisschen schmoren, bis ich komme.«
Als Logan mit Constable Watson im Präsidium eintraf, war bereits eine groß angelegte Suchaktion im Gange. DI Insch hatte die sechsköpfige Abordnung von Uniformierten, die Logan als Verstärkung angefordert hatte, um mehr als das Dreifache aufgestockt, und inzwischen waren über vierzig Polizeibeamte sowie vier Hundeführer mit ihren Schäferhunden im eisigen Regen unterwegs und durchkämmten jeden Garten, jedes öffentliche Gebäude, jeden Schuppen, jedes Gebüsch und jeden Straßengraben zwischen Richard Erskines Zuhause und den Läden in der Victoria Road.
Vom Wachhabenden erfuhren sie, dass Duncan Nicholson in die schäbigste Arrestzelle im ganzen Haus gesteckt worden war. Dort saß er nun seit fast einer Stunde.
Um ganz sicherzugehen, verfügten Logan und Constable Watson sich zunächst noch auf eine Tasse Tee und eine warme Mahlzeit in die Kantine. In aller Ruhe ließen sie sich den Erbseneintopf mit Speck munden, während Nicholson mutterseelenallein in seiner Zelle hockte und sich Sorgen machte.
»Okay«, sagte Logan, als sie fertig waren. »Was halten Sie davon, wenn Sie Mr. Nicholson jetzt in einen Vernehmungsraum schleifen? Lassen Sie ihm die gute alte Schweigenummer angedeihen. Ich erkundige mich inzwischen, was es Neues von der Suchaktion gibt, und stoße in fünfzehn, zwanzig Minuten zu Ihnen. Bis dahin dürfte er so weit sein, dass er singt.«
Watson stand auf, warf noch einen letzten sehnsüchtigen Blick auf die dicken Scheiben Biskuitkuchen mit heißer Vanillesauce und brach dann auf, um Duncan Nicholson das Leben noch ein bisschen mehr zur Hölle zu machen.
Logan ließ sich vom Dienst habenden Beamten in der Soko-Zentrale auf den neuesten Stand bringen. Die Suchtrupps hatten nichts zutage gefördert, und auch die Hausermittlung war bislang ohne Ergebnis geblieben. Logan holte sich erst einmal einen Tee aus dem Automaten auf dem Flur und trank ihn in kleinen Schlucken, um die Zeit totzuschlagen. Dann nahm er noch eine Schmerztablette. Nachdem zwanzig Minuten verstrichen waren, machte er sich auf den Weg zu Vernehmungsraum 2.
Das Zimmer war klein und zweckmäßig eingerichtet, die Wände in einem hässlichen Beigeton gestrichen. Duncan Nicholson saß am Tisch; ihm gegenüber, schweigend und mit finsterer Miene, Constable Watson. Nicholson schien sich ganz und gar nicht wohl in seiner Haut zu fühlen.
Rauchen war in dem Raum nicht gestattet, und damit hatte Nicholson offensichtlich ein Problem. Vor ihm auf dem Tisch lag schon ein ganzer Haufen zerschreddertes Papier, und als Logan eintrat, zuckte Nicholson so heftig zusammen, dass eine Wolke weißer Schnipsel auf den abgetretenen blauen Teppichboden segelte.
»Mr. Nicholson«, sagte Logan und ließ sich auf den braunen Plastikstuhl neben Watson sinken. »Tut mir Leid, dass ich Sie habe warten lassen.«
Nicholson rutschte auf seinem Stuhl hin und her, auf seiner Oberlippe glitzerten kleine Schweißperlen. Er war keinen Tag älter als zweiunddreißig, doch er sah eher aus wie fünfundvierzig. Sein Haupthaar war radikal abrasiert, blaugraue Stoppel zwischen rosigen Flecken glänzender Kopfhaut. Beide Ohren waren an mindestens drei verschiedenen Stellen durchstochen. Der Rest von ihm sah aus, als wäre er an einem Montagmorgen zusammengeschustert worden, ehe die Belegschaft der Fabrik richtig wach war.
»Ich bin schon seit Stunden hier!«, protestierte er unter Aufbietung aller ihm zur Verfügung stehenden Entrüstung. »Seit Stunden! Und aufs Klo konnte ich auch nicht. Ich wär fast geplatzt!«
Logan runzelte die Stirn. »Ts, ts, ts. Da ist offenbar was schief gelaufen, Mr. Nicholson. Sie sind doch aus freien Stücken hierher gekommen, nicht wahr? Keine Toilette? Ich werde mir den Dienst habenden Beamten vornehmen und dafür sorgen, dass so etwas nicht wieder vorkommt.« Er lächelte ein entwaffnendes, freundliches Lächeln. »Aber jetzt sind wir ja alle da, also fangen wird doch einfach an, ja?«
Nicholson nickte und lächelte zaghaft. Er war ein wenig beruhigt, fühlte sich ein kleines bisschen besser.
»Constable, wären Sie bitte so freundlich?« Logan drückte Watson zwei nagelneue Kassetten in die Hand. Sie packte sie aus und schob sie in die beiden Fächer des an der Wand montierten Rekorders; dann verfuhr sie ebenso mit zwei Videokassetten. Der Apparat klickte und
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