Die Ehre der Königin
daß ein Impellerkeil auf Schleichfahrt sein Gebiet durchquert. Neun-Drei hat den gleichen Bogey erfaßt; er läuft in der Ebene der Ekliptik. Es sieht ganz so aus, als versuchte er, die Sonne zu umrunden und sich von hinten an Grayson anzuschleichen.«
Honor nickte, während sich ihre Gedanken überschlugen. Dieser Kurs bedeutete, daß das unbekannte Sternenschiff nichts anderes sein konnte als ein Masadaner. Masada besaß noch wenigstens zwei hyperraumtüchtige Schiffe, also mußte es sich bei diesem nicht notwendigerweise um den Schlachtkreuzer handeln. Da die Gravitationssensoren der Fearless ausgefallen waren, konnte sie die überlichtschnellen Impulse der Drohnen nicht direkt empfangen, sondern benötigte die Troubadour als Relais. Das bedeutete, daß Honor die Troubadour nicht auf Erkundungsmission schicken konnte, ohne auf die Echtzeitverbindung mit den taktischen Sensoren des Zerstörers zu verzichten.
»Gut, Andy. Alarmieren Sie Admiral Matthews, und fahren Sie unseren Keil hoch. Lassen Sie Rafe und Stephen einen Plot anfertigen. Bevor wir von einer Drohne Masseabtastungen des Bogeys erhalten, können wir mehr nicht tun.«
»Aye, aye, Ma’am.«
»Ich bin sofort oben, und …« Honor unterbrach sich, als sie sich der Präsenz in ihrem Rücken bewußt wurde. Sie wandte sich um und sah über die Schulter zurück. Nun verschränkte James MacGuiness die Arme vor der Brust. Sie sah ihm in die Augen und wandte sich zu Venizelos zurück. »Ich bin sofort oben, ich werde nur noch zu Ende essen«, berichtigte sie sich widerstandslos. Trotz seiner Anspannung mußte der I.O. grinsen.
»Jawohl, Ma’am. Ich verstehe.«
»Danke.« Honor trennte die Verbindung, erhob sich und kehrte unter dem strengen Blick ihres Stewards an den Eßtisch zurück.
Ensign Carolyn Wolcott brachte den groben Plot auf den neusten Stand und spürte, wie die Umstehenden ihre eigene Besorgnis widerspiegelten. Commander Venizelos ging von einer Kontrollstation zur anderen, und dennoch war Wolcott sich der Abwesenheit der Kommandantin mehr bewußt als der Gegenwart des I.O.s. Sie fürchtete, damit nicht allein zu sein, denn sie hatte bemerkt, daß nicht nur sie auf den leeren Sessel im Zentrum der Brücke geschaut hatte.
Sie wurde mit der Arbeit fertig und lehnte sich zurück. Eine ruhige Stimme sprach sie von links an.
»Nur keine Panik, Ensign. Wenn der Schlamassel jetzt gleich losgehen würde, dann würde der Skipper sich nicht die Zeit nehmen, zu Ende zu essen.«
Wolcott wandte den Kopf und errötete, als sie Lieutenant Cardones’ wissendem Blick begegnete.
»War es so offensichtlich, Sir?«
»Nun, ja.« Cardones lächelte – nein, grinste – sie an. »Es könnte natürlich auch daran liegen, daß ich mir so sehr wie Sie wünsche, daß sie hier oben wäre. Andererseits bestätigt mir das da« – er wies auf den Plot –, »daß in nächster Zeit nicht viel geschehen wird. Mir ist lieber, die Alte Lady ist ausgeruht, wenn etwas geschieht, als daß sie ihre Energie damit verschwendet, mir in der Zwischenzeit die Hand zu halten.«
»Jawohl, Sir.« Wolcott warf einen Blick auf den Plot. Mittlerweile gab es von drei Drohnen vorläufige Masseablesungen, und die Operationszentrale stufte die Chance, daß der Bogey tatsächlich der Havie-Schlachtkreuzer war, auf über neunzig Prozent ein. Dieser Gedanke war nicht besonders beruhigend.
Sie starrte die unschuldigen, überhaupt nicht bedrohlich wirkenden Linien aus Licht an und spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte. Ihr kastanienbraunes Haar war naß vor Schweiß, und an der Stelle, wo sich ihr Magen befunden hatte, war nur noch eine hohle, sirrende Leere. Wolcott hatte Todesangst empfunden, als die Fearless bei Blackbird gegen die Raketen angestürmt war, aber diesmal war es schlimmer. Viel schlimmer. Diesmal wußte sie, was passieren konnte, denn sie hatte Sternenschiffe explodieren sehen, und sie wußte, welche Greuel ihrer Klassenkameradin Mai-ling Jackson angetan worden waren. Zwei enge Freundinnen hatte sie in der Apollo verloren, und die Furcht saß ihr in den Knochen. Sie war erfüllt von dem Wissen um die eigene Sterblichkeit, und der langsame, zögerliche Anmarsch des Feindes gab ihr viel zuviel Zeit, um darüber nachzudenken.
»Sir«, sagte sie leise und ohne dabei aufzusehen, »Sie haben mehr Gefechte gesehen als ich, und Sie kennen den Captain besser. Können wir …« Sie biß sich auf die Lippe, dann sah sie ihm beinahe flehentlich in die Augen. »Wie groß ist
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