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Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition)

Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition)

Titel: Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Pásztor
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schiebe schnell »Beim Apnoe-Tauchen zum Beispiel« hinterher, damit es weniger pathetisch und etwas entspannter klingt, beim Apnoe-Tauchen, man weiß ja nie.
    »Nein, das wirst du nicht«, sagt Simon. »Und ich finde das gar nicht schlimm. Ich möchte sowieso keins von deinen Gespenstern sein, denen du irgendwann ein Taxi rufen musst.«
    »Dich würde ich nicht rauswerfen. Du dürftest immer bei mir schlafen.«
    »Mila«, sagt Simon, »Mila, ich weiß.«
    »Ich krieg das schon hin«, sage ich. Und du wirst nicht mal erfahren, wenn ich’s nicht hinkriege .
    Mein linker Fuß protestiert mit anschwellender Taubheit gegen die Formalität des Rituals, drei Tage mit Simon haben offenbar ausgereicht, um mich wieder zu einer schlecht durchbluteten Anfängerin zu machen. Ich beuge mich nach hinten, bis ich mich mit beiden Armen auf dem Boden abstützen und die Beine weit nach vorn ausstrecken kann.
    »Danke, dass du den Raum so wunderschön hergerichtet hast«, sage ich.
    »Ich hatte schon wieder die Kerzen vergessen«, sagt Simon und starrt auf meinen Rocksaum, der nach oben gerutscht ist. »Die Teelichter sind von unten aus dem Restaurant. Ich musste dem Mann einen ganzen Beutel abkaufen. Dafür habe ich ihm hinterher die Blüten geklaut. Mila.«
    »Ja?«
    »Dein Kleid. Du hast unter dem Rock nichts an.«
    »Nein.«
    »Ich glaube, der zeremonielle Teil ist sowieso vorbei«, sagt Simon, ohne den Blick abzuwenden.
    »Ist er nicht«, sage ich.
    »Ist er nicht?«, fragt Simon.
    »Irgendwas musst du dir doch bei dem blauen Bettüberwurf gedacht haben«, sage ich.
    »Ach das«, sagt Simon, und ich weiß, ich habe selbst schuld, dass er mir beim Sprechen nicht ins Gesicht sieht. »Eine Reminiszenz an unseren kleinen Teich.«
    »Komm, dann gehen wir jetzt zum Wasser. Simon?«
    Simon erwacht aus seiner Hypnose. »Ich bring dich hin«, sagt er und steht auf und reicht mir beide Hände, damit ich mich hochziehen kann.
    »Es tut mir leid, wenn ich jetzt dein spirituelles Erinnerungsbild an mich zerstört habe«, sage ich, an Simons Schulter gelehnt.
    »Ich glaub dir kein Wort«, sagt Simon und versucht, den Reißverschluss von meinem Kleid zu öffnen. »Das hast du bis ins letzte Detail geplant. Vor allem das Ende.«
    »Ich konnte doch gar nicht wissen, dass du zwei Meditationskissen gekauft hast. Ich hatte mich auf ein anderes Programm vorbereitet.«
    »Auf Tanzen?«, fragt Simon, und ich fühle seine warmen Hände an meinem Hintern.
    »Auf Tanzen«, sage ich und versuche, ein Bein zwischen seine zu schieben.
    »Dein Reißverschluss ist übrigens kaputt.«
    »Ich hab’s befürchtet.«
    »Ich ziehe dir das Kleid jetzt so aus.«
    »Das schaffst du nicht, solange du die Hände unter meinem Kleid hast.«
    »Das wollen wir doch mal sehen«, sagt Simon. Er fährt mit seinen Hände so weit nach oben, wie er kann, bis es eng wird zwischen Brustkorb und Kleid und der Stoff kaum noch nachgibt. »Heb mal die Arme«, sagt er, und ich gehorche und stehe mit hoch erhobenen Armen da wie eine Primaballerina, während Simon Hände und Kleid Millimeter um Millimeter aufwärtsbewegt. Ich spüre sein Innehalten, als die Nähte deutlich hörbar zu knirschen beginnen, aber dann schiebt er es mit einem beherzten Ruck über meine Schultern, ich ziehe den Kopf ein und halte die Arme gestreckt und rutsche rückwärts aus dem Kleid wie ein nacktes Kind aus dem Geburtskanal. Ich taumle einen Schritt nach hinten, Simon fängt mich, und wir küssen uns und tun gar nicht erst so, als wären wir noch unsicher oder müssten vorsichtig sein oder hätten noch irgendetwas zu verlieren. Mit einer Hand knöpft Simon sich das Hemd auf, mit der anderen hält er mich, während ich an seiner Gürtelschnalle nestle und mich nach drei Tagen immer noch genauso ungeschickt anstelle wie zu Beginn. Wir stolpern auf das Bett zu, und die Flammen der Teelichter, die wir streifen, nicken voller Zustimmung oder erlöschen respektvoll. Ich glaube, Simon fragt mich etwas. Wir fallen und gehen gemeinsam unter im tiefblauen Tuch. An meinem Rücken kleben Orchideenblüten. Sie fühlen sich an wie kleine, kühle Tiere. Ich habe keine Angst mehr.

10.
    Gegen drei Uhr morgens gebe ich auf. Außer mir selbst gibt es niemanden, dem ich ein Taxi rufen könnte, da sind keine Monster und keine bösen Gedanken, die mich plagen. Nur der Schlaf will nicht kommen. Ich mache mich in der Dunkelheit auf die Suche nach Teelichtern, die noch nicht völlig ausgebrannt sind. Ich finde zwei und zünde sie

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