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Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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Brücke wie ein Regenbogen hin zum Altar und warf bunte Lichtflecken darauf. Ich wusste es damals zwar noch nicht, aber ein solches Fenster war ungefähr so selten wie Zähne in einem Hühnerschnabel. Ich habe kein solches Fenster mehr gesehen, bis ich in die große Stadt Konstantinopel kam.
    Aber das war noch nichts verglichen mit dem, was an der Wand darunter war. Ich sah zwei dicke Balken, einer waagerecht, der andere senkrecht, auf denen die hölzerne
Gestalt eines Mannes befestigt war, der dort an seinen Händen hing. Nein, jetzt sah ich, dass er nicht hing. Er war angenagelt, an Händen und Füßen. Auf dem Kopf trug er, wie eine Krone, einen Kranz aus Dornenzweigen, deren Stacheln in seine Stirn stachen, außerdem schien er eine klaffende Wunde in seiner Seite zu haben. Es war eine schöne Schnitzarbeit.
    »Ist das etwa ihr Gott?«, fragte ich Illugi Godi, sehr zu Einars Ärger.
    »Es ist der Sohn ihres Gottes«, erwiderte der Priester. »Die Römer haben ihn an diese Balken genagelt, aber die Christus-Anhänger behaupten, er sei nicht gestorben.«
    Ich war beeindruckt. Ich hätte gedacht, mit einem Gott, der sich an ein Stück Holz nageln lässt, könne es nicht weit her sein, schließlich waren alle unsere Götter entweder klug oder starke Kämpfer. Aber wenn er das alles überlebt hat, als sei nichts gewesen, dann musste man diesen Christus schon ernst nehmen.
    »Fertig?«, fragte Einar gereizt. Dann wandte er sich an Illugi Godi. »Also, wo ist es? Schließlich bist du der Priester. «
    Illugi Godi hockte sich hin, nestelte an seinem Beutel und nahm seine Runenknochen heraus. Ich sah, wie die braunen Gestalten am Ende der Kirche mit einer Hand über ihre Brust hin und her fuhren, wahrscheinlich eine ihrer Gesten, um den bösen Blick abzuwehren. Ich lachte, Illugi war doch nicht böse.
    Er warf die Knochen, sie klimperten leise. Dann nahm er eine Handvoll feinen weißen Sand aus seinem Beutel und blies ihn von der Handfläche in Richtung des Altars, dann stand er auf und lächelte.
    »Dort«, sagte er und deutete auf den Altar. Das war
nicht schwer zu erraten gewesen, denn es war fast der einzige Gegenstand in der großen Halle, der sich als Versteck anbot. Ich hatte auch gesehen, dass der Sand keineswegs genau dort lag, wo der Altar auf dem Boden aufsaß. Er war in die Ritzen gefallen, woraus man schließen konnte, dass darunter ein Hohlraum war. Er war wirklich klug, unser Illugi Godi.
    Einar und Valknut gingen um den Altar herum, aber es war nichts zu sehen: kein Griff, keinerlei Markierung. Verwundert kratzten sie sich am Kopf, als Gunnar Raudi, der sich besser mit Verstecken auskannte, hinging, seine Schulter dagegen stemmte und schob.
    Mit einem Knirschen glitt der Altar ein paar Fuß zurück und gab eine kurze Steintreppe frei. Im Fackelschein sah man einen kleinen Raum, und schnell war sein Inhalt heraufgeholt und stand auf den Steinfliesen.
    Es waren ein Teller aus dünnem Silber, zwei Metallbecher – Gold, wie Illugi sagte – und ein Paar hohle silberne Säulen, von denen Gunnar Raudi sagte, es seien Halter für dicke Talglichter. Es klingt merkwürdig im Nachhinein, aber ich hatte so etwas noch nie gesehen und war so in Bewunderung versunken, dass ich beinahe die nächsten Wunder verpasst hätte.
    Geir kam mit zwei Kästen aus der Kammer herauf. Der erste war eindeutig der, den Einar haben wollte, ein massives, reich verziertes Ding, etwa so groß wie ein Männerkopf. Der andere Kasten war flacher. Geir hielt ihn hoch und drehte ihn um. Er war mit buntem Glas verziert und hatte eine große Schließe, die Geir ohne Anstrengung aufbrach. Dann biss er darauf und erklärte voll Bewunderung: »Silber.«
    Der Kasten öffnete sich, er war in zwei Hälften geteilt
und darin waren viele Blätter. Geir drehte ihn in den Händen und mein Mund stand offen wie bei einem Pferd mit Hängelippe.
    »Es ist voller Blätter«, sagte ich verwundert. »Mit Farben darauf – und kleinen Tieren und Vögeln.«
    »Es ist ein Buch«, sagte Illugi Godi geduldig, als Geir kicherte. »Die Christenmönche machen so was. Das sind ihre heiligen Schriften. Wie Runen.«
    Längst nicht, dachte ich verächtlich. Runen werden in Stein gemeißelt und in Holz oder Metall geritzt, wie könnten sie sonst dauerhaft sein? Geir riss eines der Blätter heraus, um mir zu zeigen, wie dieses Ding, dieses Buch beschaffen war, und ich hörte, wie einer der braun gekleideten Männer, dessen Haar schon silbern war, schmerzhaft

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