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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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neben sie auf die Verandaschaukel, und er lächelt auch nicht immer ein bißchen zu lang, wenn sie was gesagt haben.«
    Ich blickte sie finster an. »Ich hätte eigentlich gedacht, daß gerade du mein Recht auf Privatsphäre respektierst.«
    »Kommt er heute?«
    Ich fuhr zusammen. »Woher weißt du das?«
    »Weil du die ganze Zeit auf die Einfahrt starrst, so wie ich letzte Nacht.«
    Seufzend beschloß ich, ihr reinen Wein einzuschenken. Vielleicht würde sie mir gegenüber dann auch ehrlicher sein. »Coop war der, mit dem ich auf dem College zusammen war. Der, den ich nicht geheiratet habe, als ich einundzwanzig war.«
    »Wer von euch ist gegangen?« fragte sie.
    »Das«, sagte ich leise, »war wohl ich.«
    »Beim Abendessen hab ich mich nicht ganz wohl gefühlt«, erzählte Katie uns, die Augen fest auf einen Punkt irgendwo hinter Coops Schulter gerichtet. »Mam hat gesagt, ich sollte hochgehen und mich hinlegen, sie würde den Abwasch machen.«
    Coop nickte aufmunternd. Er war schon seit zwei Stunden da und sprach mit Katie über die rätselhafte Nacht. Zu meiner Überraschung ging Katie bereitwillig auf seine Fragen ein.
    »Du hast dich krank gefühlt?« hakte Coop nach.
    »Mir war kalt, und ich hatte Kopfschmerzen. Wie bei einer Grippe.«
    Ich hatte zwar noch kein Kind zur Welt gebracht, aber diese Symptome hörten sich eher nach einem Virus an als nach einsetzenden Wehen. »Bist du eingeschlafen?« fragte Coop.
    »Ja, nach einer Weile. Und dann bin ich am Morgen aufgewacht.«
    »Erinnerst du dich an irgend etwas zwischen dem Moment, als du dich krank ins Bett gelegt hast, und dem Moment, als du am Morgen aufgewacht bist?«
    »Nein«, sagte Katie. »Aber was ist daran so ungewöhnlich? Ich erinnere mich nie an die Zeit zwischen Einschlafen und Wachwerden, außer vielleicht mal an einen Traum.«
    »Hast du dich krank gefühlt, als du wach wurdest?«
    Katie wurde puterrot. »Ein bißchen.«
    »Wieder Kopfschmerzen und Frösteln?«
    Sie zog den Kopf ein. »Nein. Ich blutete.«
    »Katie, war die Blutung stärker als sonst?« fragte ich, und sie nickte. »Hattest du Krämpfe?«
    »Etwas«, gab sie zu. »Aber nicht so schlimm, daß ich meine Arbeit nicht hätte tun können.«
    »Hattest du ein wundes Gefühl?«
    »Wo?«
    »Zwischen den Beinen.«
    Nach einem kurzen Seitenblick zu Coop sagte sie halblaut zu mir: »Es hat ein bißchen gebrannt. Aber ich hab gedacht, ich sei erkältet.«
    »Also«, sagte Coop und räusperte sich, »du bist aufgestanden und hast deine Arbeiten erledigt?«
    »Ich hab angefangen, das Frühstück zu machen«, antwortete Katie. »Hinten am Stall war irgend etwas los, und dann kam die englische Polizei, und Mam hat kurz hereingeschaut und gesagt, ich sollte für die Leute was zu essen machen.« Sie stand auf und ging auf der Veranda auf und ab. »Ich bin erst zum Stall gegangen, als Samuel kam und mir erzählt hat, was passiert war.«
    »Was hast du da gesehen?«
    Ihre Augen glänzten vor Tränen. »Ein winzigkleines Baby«, flüsterte sie. »So klein, wie ich noch nie eins gesehen hatte.«
    »Katie«, sagte Coop sanft, »hattest du das Baby vorher schon mal gesehen?«
    Sie schüttelte ganz rasch den Kopf.
    »Hast du das Baby angefaßt?«
    »Nein.«
    »War es in irgendwas eingewickelt?«
    »In ein Hemd«, flüsterte sie. »So daß nur das Gesichtchen zu sehen war, und es sah aus, als würde es schlafen, so, wie Hannah aussah, wenn sie in ihrem Bettchen lag.«
    »Wenn das Baby eingewickelt war und du es nicht berührt hast, woher weißt du dann, daß es ein Junge war?«
    Katie sah Coop verständnislos an. »Das weiß ich nicht.«
    »Denk nach, Katie. Versuch dich zu erinnern, wann genau du wußtest, daß es ein Junge war.«
    Sie schüttelte den Kopf, weinte immer heftiger. »Das könnt ihr mir nicht antun«, schluchzte sie, sprang auf und lief davon.
    »Sie kommt wieder«, sagte ich und starrte in die Richtung, in der Katie verschwunden war. »Aber es ist nett von dir, daß du dir Sorgen machst.«
    Coop seufzte und lehnte sich auf der Verandaschaukel zurück. »Ich hab sie zu sehr bedrängt«, sagte er. »Hab die Welt in Frage gestellt, in der sie gedanklich lebt. Sie mußte entweder dicht machen oder zugeben, daß ihre Logik nicht funktioniert.« Er wandte sich mir zu. »Du hältst sie für schuldig, nicht wahr?«
    Es war das erste Mal, daß mich das tatsächlich jemand fragte. Die Familie Fisher, ihre amischen Freunde und Bekannten – alle schienen Katies Mordanklage wie irgendeine absurde

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