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Die einzige Zeugin

Die einzige Zeugin

Titel: Die einzige Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Cassidy
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weit gekommen.«
    »Ich weiß nicht, wie sie reagieren wird. Ob sie mir verzeihen wird. Ob sie mir noch eine Chance gibt. Nach allem …«
    Lauren dachte an den Abend, als sie mit Jessica zu Donnys Wohnung gegangen war. Jessica war in ihrem blauen Kleid schnell vor ihr hergelaufen, mit ihren hohen Absätzen hatte sie größer und zerbrechlicher gewirkt als sonst. Sie war mit voller Wucht in Donnys neues Leben gestolpert, in seine schicke Wohnung mit dem neuen Baby. Jessica war geprügelt und zerbrochen wieder herauskommen und das Kleid hatte um ihren dünnen Körper geschlackert.
    »Was meinst du?« Donny schaute sie fragend an.
    Er wollte, dass sie ihn aufmunterte und ihm Mut machte.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie und zuckte die Schultern.
    Kurz danach hielten sie vor dem Haus. Die Fenster im oberen Stock standen auf, und die Vorhänge wehten im Wind. Lauren vermutete, dass die Fenster auf der Rückseite des Hauses ebenfalls geöffnet waren. Jessica machte das immer an heißen Tagen, und das hieß, dass pausenlos die Türen zuknallten und man jedes Mal zusammenzuckte.
    »Geh du vor«, sagte Donny. Er schloss das Auto ab und schaute mit zusammengepressten Lippen zum Haus.
    Normalerweise hätte Lauren die Tür selbst aufgeschlossen, aber ihr Schlüssel lag in ihrem Zimmer in Bethnal Green. Sie hatte gar nicht daran gedacht, ihn mitzunehmen. Donny machte keine Anstalten, seinen Schlüssel aus der Tasche zu holen. Sie klingelte. Schritte kamen durch den Flur und sie stellte sich auf Jessicas überraschtes Gesicht ein, wenn sie die beiden vor sich sah.
    Die Tür ging auf. Vor ihnen stand ein großer Mann mit langen blonden Rastazöpfen.
    »Wer sind Sie?«, fragte Donny. Es klang barsch und unhöflich.
    Jessica erschien hinter dem Mann. Sie sah sie beide und ihre Augen zogen sich zusammen.
    »Alles in Ordnung, Zak«, sagte sie. »Das sind Donny und Lauren.«
    »Wer ist das?«, fragte Donny. Seine Stimme war eine Oktave höher als üblich.
    »Entschuldige, ich habe euch nicht vorgestellt. Das ist Zak, ein alter Freund von der Uni. Er ist auf Durchreise und ich habe ihm vorgeschlagen, eine Weile zu bleiben.«
    »Er wohnt hier?«, sagte Donny und seine Stimme überschlug sich.
    »Können wir reinkommen?«, fragte Lauren. Vor der Tür fühlte sie sich unwohl.
    »Natürlich!«
    »Wir sehen uns später«, sagte Zak. »Hat mich gefreut, euch kennenzulernen«, fügte er mit einer lässigen Handbewegung hinzu.
    »Schönen Abend!«, rief Jessica ihm nach, während er an ihnen vorbei und die Straße entlang Richtung Innenstadt ging. Lauren stellte fest, dass er Holzclogs trug. Sie klapperten auf dem Kopfsteinpflaster.
    Während sie hineingingen, murmelte Donny etwas über die Fahrt, und Jessica fragte Lauren lautlos, Was ist los? Lauren schüttelte den Kopf. Es war nicht ihre Sache, irgendetwas zu erklären.

    Lauren ließ die beiden im Wohnzimmer allein und ging nach oben. Im Flur standen mehrere Plastikboxen voller Zeitschriften, und die Leiter zum Dachboden war heruntergelassen. Sie ging daran vorbei in Jessicas und Donnys Zimmer. Drinnen sah sie drei braune Umzugskartons, die an der Wand gestapelt waren. Kleopatra sprang vom Bett und kam ihr entgegen. Sie fragte sich, wo die Kätzchen waren.
    Vor fünf Monaten war sie das letzte Mal hier gewesen. Es sah anders aus. Es war anders. Jessica hatte umgeräumt. Das Bett und die Kommode standen an einem anderen Platz. Sie machte einen Schritt über die Katze und öffnete den Kleiderschrank. Auf Donnys Seite hingen nur leere Bügel. Sie schaute auf die Kartons. Jessica packte Donny weg. Im Flur waren seine Musikzeitschriften. Er hatte sie über Jahre gesammelt und wollte sie nicht wegwerfen, obwohl Jessica sich immer beschwerte, dass sie zu viel Platz wegnahmen. Jetzt sah es so aus, als sollten sie endgültig aussortiert werden.
    Die Tür zum Gästezimmer stand auf, und sie warf einen Blick hinein. Es war aufgeräumt, aber es lagen unbekannte Dinge herum. Ein riesiger Rucksack stand in einer Ecke und daneben ein Koffer. Auf dem Schreibtisch lagen mehrere Fotos, von Hügeln und Bergen und fremden Leuten. Ein Handtuch, das sie nicht kannte, hing über der Heizung und ein paar Bücher mit fremdsprachigen Titeln lagen auf dem Nachttisch. Auf dem Bett lag ein gemusterter Überwurf.
    Sie hörte Stimmen von unten. Sonst war es still.
    Sie ging in ihr Zimmer und stellte die Tasche ab.
    Auch hier hatte Jessica einige Dinge verändert. Sie hatte die Vorhänge abgenommen und ein Rollo

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