Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See
Denier jeder.«
Kein englisches Geld, sondern französische Währung, welche auf den Handelsrouten der Alten und Neuen Welt benutzt wurde. Die Inspektorin zögerte und blickte zu dem Konstabler, der den Kopf schüttelte. Wahrscheinlich hatte keiner von ihnen etwas anderes als Pennies bei sich. Mehr wäre in London eine Einladung für Taschendiebe.
Zum Glück war Rhys schon seit Jahren keine Brieftasche mehr gestohlen worden. Er bezahlte die Ausruferin, die schwungvoll den Vorhang hob.
Ihr dramatisches Flüstern verfolgte ihn bis ins Innere. »Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, bleiben Sie hinter den Lampen zurück.«
Rhys musste sich unter dem niedrigen Zeltdach ducken. Zwei Gaslampen standen auf dem schmutzigen Boden, über eine Armeslänge von dem kleinen Käfig an der Rückseite des Zeltes entfernt, und warfen helles Licht durch die Eisenstäbe und auf das zusammengekauerte Ding auf schmutzigem Stroh. Nackt und mit wirrem und verfilztem Haar, das stellenweise ausgerissen war, war es nicht so schmutzig wie die meisten Zombies, die er gesehen hatte. Vielleicht kippte die Ausruferin ja einmal die Woche einen Eimer Wasser darüber.
Das zischende Gurgeln des Zombies wurde zu einem tiefen Knurren. Aufgeplatzte Lippen zeigten spitze Zähne. Speichel und geronnenes Blut klebten an seinem Mund.
Er vernahm, wie Newberry einen Fluch unterdrückte. »Schauen Sie weg«, sagte die Inspektorin, bevor sie neben Rhys trat.
»Es war eine Frau«, murmelte sie.
Rhys konnte nicht sehen, was sie empfand. Faszination? Ekel? Seine eigene Reaktion war ihm allerdings vertraut: Töte es.
Er müsste ihre Waffe benutzen. In England trug Rhys lediglich einen Dolch im Stiefel – der bei einem Zombie unbrauchbar war, solange er ihm nicht den Kopf damit abschnitt. Doch er würde es sowieso nicht wagen, dem Ding so nahezukommen.
Das Ungeheuer warf sich mit der Schulter gegen die Gitterstäbe. Der Käfig schepperte. Knurrend fuhr es mit seinen Krallen durch die Luft, während dunkle Augen sie über die kurze Entfernung fixierten.
Die Inspektorin drehte sich um und blickte zu der Ausruferin am Eingang: »Es ist illegal, sie nach England zu bringen.«
»Ich hab ihn nicht hierhergebracht, okay? Es war ein fetter Händler von Bergungsgut, der das Ding auf seinem Boot aus Europa mitgebracht hat.«
Die Inspektorin ließ sich von der Behauptung nicht beeindrucken. Der Trotz der Ausruferin verschwand. Sie hob ihre Hände. »Meine Schwestern und ich haben zusammen sieben Kinder. Die Deniers, die wir hier verdienen, reichen gerade, um nicht auf der Straße zu landen … und von dort im Armenhaus.«
Seufzend blickte die Inspektorin wieder zum Käfig. Sie neigte den Kopf zur Seite, als versuchte sie einen besseren Blick durch die Gitterstäbe zu bekommen. »Ich habe mich oft gefragt, ob nicht doch ein Mensch darin steckt.«
Eine lebende Hölle, wenn dem so war. Die meisten Zombies waren ursprünglich die Menschen gewesen, die man zurückgelassen hatte, als die einzelnen Nationen nach Amerika geflohen waren, um den vorrückenden Kriegsmaschinen der Horde zu entkommen. Doch die Horde wollte das Land nicht besetzen; sie wollte die Ressourcen. Ihre Maschinen sammelten diese ein, und die Horde infizierte die übrigen Menschen mit Naniten, um diejenigen, die geflohen waren, davon abzuhalten, zurückzukehren und um ihre Länder zu kämpfen.
Doch die Naniten der Zombies waren anders als diejenigen, mit denen die Bugger infiziert waren, und sie wurden nicht vom Turm kontrolliert. Sie agierten wie Krankheitserreger, die durch einen Biss verbreitet wurden. Die Körper, in denen sie sich befanden, hungerten und jagten, doch sie starben nicht, bevor ihr Gehirn nicht zerstört wurde. Dieser Zombie konnte zweihundertfünfzig Jahre alt sein, der Geist einer Frau, gefangen von den kranken Bugs.
»Selbst während der Orgien oder wenn uns die Horde ausgeschaltet und unsere Körper gelähmt hatte … waren wir uns dessen bewusst. Wir wussten , dass wir kontrolliert wurden.« Sie hielt inne. »Doch ich nehme an, Ihr erinnert Euch daran, wie es war.«
Scarsdale hatte behauptet, ihre Mutter erinnere sich nicht mehr. Doch Rhys wollte das jetzt nicht erwähnen. Er sagte einfach: »Nein.«
Sie blickte zu ihm auf. »Wart Ihr nicht aus einem Hort?«
»Ja. Caerwys.« Als sie ihn verständnislos ansah, fügte er hinzu: »Grafschaft Clwyd. Bis ich im Alter von acht Jahren aus Wales geschmuggelt worden bin.«
Hinausgeschmuggelt und an den Ivory Market verkauft, wo er seinen
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