Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See
würden die Jungen nach England zurückgebracht.
Trahaearn reichte Baxter das Telegramm zurück. »Irgendein Dummkopf hat diese Forderungen geschrieben.«
»Warum ein Dummkopf?«, fragte Mina. »Sie klingen ziemlich geradeheraus.«
»Wären sie auch, wenn die Dame nicht die letzten acht Jahre in Calais gelebt hätte. Sie würde die Marine niemals bis vor ihre Haustür holen.« Trahaearn schüttelte den Kopf. »Sie ist nicht blöd.«
»Das Telegramm hat bestätigt, dass die Bontemps in der Nähe von Dover gesichtet wurde«, stellte Mina fest.
»Mit jemand anderem am Ruder, aller Wahrscheinlichkeit nach. Und wenn jemand die Lösegeldforderung vermasseln würde, würde sie nicht länger in Calais bleiben.« Er bemerkte Minas Blick und lächelte. »Also gehen wir zu ihr und fragen, wo die Terror jetzt ist.«
Nach Calais ? Zombies streunten in ganz Europa herum; die französische Küste war da keine Ausnahme.
Minas Herz pochte, und Furcht kroch ihr über den Rücken, doch sie nickte. Baxter beobachtete sie von der anderen Schreibtischseite mit stiller Neugier, so als hätte er sie gerade erst bemerkt und wüsste nicht, was er bei alldem mit ihrer Anwesenheit anfangen sollte. Selbst als er sie anblickte, schien sein Blick zu verschwimmen, und die wenigen Falten in seinem Gesicht gruben sich tiefer ein, aus Trauer oder Sorge – oder Schuld.
Sie erinnerte sich an seine Bemerkung, er habe das Schiff in Gefahr gebracht. Doch würde ein Admiral einer Kriminalinspektorin nicht Rede und Antwort stehen, und er würde auch keine Befehle rechtfertigen oder erklären, die er den Kapitänen seiner Schiffe gegeben hatte.
Also richtete sie stattdessen ihre Frage an den Herzog. »Ich wüsste gern, wo sich die Terror denn hätte aufhalten sollen.«
Mit einem Nicken wandte sich Trahaearn an Baxter. »Sag es ihr.«
Der Admiral schenkte sich zuerst noch einen Drink ein und bot auch Trahaearn und Mina einen an. Als sie ablehnten, seufzte er und ließ sich tiefer in den Stuhl sinken. »Ich habe sie zur Goldküste beordert, um sich der Flotte dort anzuschließen.«
Auch wenn sich sein Ausdruck nicht veränderte, krampften sich doch Trahaearns Finger zusammen. »Zum Ivory Market? Warum?«
Baxter blickte ihn lange an, bevor er sich an Mina wandte. »Inspektor – Rockinghams Tochter, nicht wahr?«
Mina sank der Mut. Was auch immer die Gründe des Admirals waren, sie würde sie nicht persönlich von ihm erfahren. Er blickte sie jetzt nicht wie eine Vertreterin von Recht und Gesetz an, sondern wie eine Dame. »Ja, Sir. Sind Sie mit meinem Vater bekannt?«
»Nicht persönlich. Aber er schreibt exzellente Briefe.«
Baxter stand auf. Mina blieb nicht viel anderes übrig, als sich ebenfalls zu erheben. Trahaearns Stuhl knarrte, und einen Augenblick später ragte der Herzog neben ihr auf.
»Sie hat seit heute Morgen nichts gegessen«, sagte er.
»Dem werden wir abhelfen.« Der Admiral lächelte, während er sie zur Tür geleitete. »Und ich verspreche Ihnen, dass wir Sie nicht lange allein lassen werden.«
Nicht lange nach der Revolution, als Mina noch immer mit den Gefühlen zu kämpfen hatte, die fortwährend in ihr aufzusteigen und zu explodieren schienen, hatte ihre Mutter ihr angeraten, ihren Ärger nicht auf Dinge zu verschwenden, die sie nicht ändern konnte. Und Mina versuchte es wirklich. Das Problem war jedoch, dass sie genau wusste, welche Dinge sie nicht ändern konnte. Vor zweihundert Jahren konnte eine englische Frau nicht damit rechnen, Kriminalinspektorin zu werden – falls es so etwas überhaupt gegeben hatte. Mina hatte einmal gelesen, dass niemand dem Schwarzen Tod entkam, doch als die Plage vor fünfzig Jahren über die Territorien der Horde geschwappt war und die militärischen Kräfte der Horde dezimiert hatte, war ihr nicht ein einziger Bugger zum Opfer gefallen. Nicht einmal der Tod war sicher, doch es musste eine bessere Alternative geben, als ein Zombie zu werden.
Und so glaubte Mina, dass es wirkungsvoller sein könnte, sich gegen unveränderbare Situationen zu wehren, als ihre Mutter glaubte. Doch weil sie keine Möglichkeit sah, die Ablehnung eines Admirals zu ändern, vor einer einfachen Inspektorin über Marineangelegenheiten zu sprechen, nahm sie sich den Ratschlag ihrer Mutter zu Herzen und ließ ihre Bestürzung und ihre Wut fahren.
Das reich gedeckte Tablett, mit dem sie das Personal des Admirals versorgte, hob ihre Stimmung.
Baxter hielt sein Versprechen, sie nicht zu lange allein zu lassen. Es
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