Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben
Finsternis…
Ich kann sie spüren, Prinz Sandrilas. So wie Ihr diesen Felsen mit Euren Augen zu sehen vermögt…«
»Ich habe nur ein Auge«, korrigierte ihn Sandrilas und fiel ihm damit ganz unelbisch ins Wort.
Doch Keandir ging nicht darauf ein und sprach einfach weiter: »… genauso deutlich nehme ich diese Kräfte wahr.« Er blickte empor. Der Himmel über ihnen war frei von Ouroungour. Sie hatten sich offenbar aus dem Staub gemacht.
»Dort oben ist etwas, wovor sich selbst die Äfflinge fürchten.«
»Aber wir sind Elben und keine fliegenden Affen!«, erklärte Thamandor und legte entschlossen die Hände an die Griffe seiner Einhandarmbrüste. »Ich fürchte mich nicht – vor gar nichts!«
So machten sich die Elben schließlich an den Aufstieg. Oben ragten die sechs Steindornen aus dem Felsmassiv in die Höhe.
Der Pfad, der emporführte, musste vor sehr langer Zeit künstlich angelegt worden sein. Bei den deutlich auszumachenden Bodenwellen im Gestein, die mit unnatürlicher Regelmäßigkeit auftraten, handelte es sich offenbar um Treppenstufen, die im Laufe der Zeit vom Wetter abgeschliffen worden waren.
Von den Äfflingen war nichts mehr zu sehen. Was immer sich oben zugetragen hatte, es hatte die Ouroungour dermaßen verschreckt, dass sie alle geflohen waren und es keiner von ihnen mehr zurückzukehren wagte.
Schließlich erreichten die ersten Elben den Bereich zwischen den Steindornen: Die Ausmaße des Plateaus entsprachen etwa der Fläche des innern und äußeren Burghofs von Elbenhaven.
Die hundert Elbenkrieger aus Keandirs Gefolge hatten mehr als genug Platz, um sich zu verteilen. Eine Burg von gleicher Größe wäre mit einer Mannschaft dieser Stärke schwach besetzt gewesen. Dieses gigantische Gebilde war vielleicht eine der letzten Hinterlassenschaften des legendären Volks der Sechs Finger.
Während die meisten Elbenkrieger Ausschau nach den Ouroungour hielten, weil sie einen erneuten Angriff der Äfflinge befürchteten, wurde König Keandirs Aufmerksamkeit von etwas anderem gebannt: In der Mitte dieser gigantischen Pranke befand sich ein finsterer Schlund. Blasen zerplatzten an seiner Oberfläche, und Keandir spürte die Nähe der dunklen Kräfte, fühlte sich gleichermaßen angezogen und abgestoßen davon, und gleichzeitig wuchsen das Unbehagen und der Sinn für Gefahr in ihm.
»Jedenfalls wissen wir jetzt, woher diese schwarzmagische Substanz stammte, mit der man uns angriff und die unsere Krieger zu Schattenwesen machte«, stellte Sandrilas grimmig fest.
»Vielleicht gibt es die Möglichkeit, sie für unsere eigenen Zwecke nutzbar zu machen«, überlegte Thamandor laut. Dann aber legte er eine Hand an den Griff seiner rechten Einhandarmbrust und sagte: »Andererseits ist es vielleicht das Beste, einfach einen Bolzen mit magischem Gift in diese schlammartige Masse zu jagen.«
»Eine gute Idee«, lobte Prinz Sandrilas. »Lasst Euch damit besser nicht zu viel Zeit, denn da geht irgendetwas vor sich in diesem Schlammtümpel.« Er wies auf die Oberfläche des
»Schlunds«, auf der immer mehr Blasen zerplatzten. »Da brodelt es ganz schön.«
»Probiert es gern aus«, mischte sich der König ein. »Aber es wird nichts nützen.«
»Mit allem Respekt, mein König«, entgegnete der Prinz,
»aber wie wollt Ihr dies wissen?«
»Ich weiß es einfach. Verlangt keine Erklärungen.
Vielleicht…« Er sprach nicht weiter, denn es erschreckte ihn selbst, den Gedanken, der ihm im Kopf umherschwirrte, mit allen Konsequenzen zu Ende zu denken: Die Finsternis war so stark in ihm geworden, dass er begann, sie zu verstehen. Er fing an, auf dieselbe Art zu denken wie Xaror.
»Ihr wolltet noch etwas sagen?«, hakte Prinz Sandrilas nach.
»Die Finsternis, mit der wir es hier zu tun haben, ist einfach zu stark«, sagte Keandir. »Und vor allem wird sie von Xaror selbst gespeist. Anscheinend steht ihm unendlich viel Kraft aus dem Limbus zur Verfügung. Aber… nun gut, ich will einem Versuch nicht im Wege stehen«, gab Keandir dann doch seine Zustimmung. »Also wagt Euer Experiment, Thamandor!
Schließlich hatten Eure Geschosse gegen die Schattenkrieger eine verheerende Wirkung.«
Thamandor trat an den Rand des Schlundes. Er zog beide Einhandwaffen und schoss. Die Bolzen verschwanden in der sämigen, zähflüssigen Masse, und das typische Zischen war zu hören, das den magischen Giftbrand begleitete. Dämpfe stiegen auf, und ein furchtbarer Geruch breitete sich aus, in dem Fäulnis und Verwesung
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