Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
Birken wieder auf. Niemand war da.
»Was ist denn los?«
Nichts, außer ein paar Bäumen und Heidekraut und in weiter Ferne die Ebene, einige Dörfer und die verschwommenen Umrisse von Loth.
»Was gibt es denn?«, fragte Roderik noch einmal, während er mühsam und mit gezogenem Schwert zu ihr hinaufkletterte.
Lliane starrte ihn wie eine Schlafwandlerin an, sie hatte Mühe, sich wieder in die Gewalt zu bekommen.
»Nichts weiter ... Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen.«
Die Straßen waren erfüllt von lautem Stimmengewirr. Dies war eine Angewohnheit der Menschen aus den Städten, so viel zu reden, um so wenig zu sagen, wobei jeder sich das Recht herausnahm, seine Meinung laut und deutlich kundzutun, ohne natürlich die der anderen anzuhören, was all den Diskussionen eine gewisse Hitzigkeit verlieh.
Zumindest aber ein Mann in der Menschenmasse, die von den Stadtmauern herabströmte, blieb stumm. Sein Gesicht war ebenso zu einem Lächeln verzogen wie das der Passanten, die sich um ihn drängten, aber er hörte ihrem Geschwätz nicht zu. Mit einem Pfriem bewaffnet, der ebenso scharf war wie ein Rasiermesser, schnitt er geschickt die Geldbeutel der Städter ab, wobei er sie in dem Moment, da die Klinge das Leder durchtrennte, leicht anrempelte, damit sie nichts bemerkten. Keiner bemerkte jemals etwas. Blade war einer der besten Diebe des Landes.
Die weniger Geschickten wurden nach ein paar Monaten mit der Hand in jemandes Tasche erwischt und baumelten bald an den Galgen der Stadt. Die Besten überlebten zwei, drei Jahre, um dann am Ende einer dunklen Gasse mit von einem anderen Dieb durchgeschnittener Kehle zu enden. Auch Blade hatte man die Kehle durchgeschnitten. Nur hatte sein Angreifer keine ganze Arbeit geleistet, vermutlich hatte er es zu eilig gehabt, mit dem Geldbeutel seines Opfers zu verschwinden. Drei Monate später spürte Blade ihn in einer Taverne in Tinta- gel auf, der Stadt am Meer. Am nächsten Morgen wurde der Mann von den Stadtwärtern entdeckt: Er war an die Tür der Hafenmeisterei genagelt.
Von dieser Begegnung hatte Blade eine entsetzliche Narbe quer über den Hals zurückbehalten sowie die Angewohnheit, niemandem mehr zu trauen. Seither war er der Beste geworden.
Er hielt sich jetzt vorsichtig abseits der Menge, die sich allmählich zerstreute und tauchte in die Unterstadt ein, wo er eine Herberge betrat, um seinen Tagesgewinn zu zählen.
»Ein Bier!«, rief er und setzte sich.
Der Inhalt der Börsen war mager. Zwanzig Kupfermünzen, zwei Silberlinge. Immerhin genug, um eine Woche auszukommen, aber nicht genug, um sein Leben dafür zu riskieren ...
»Was haben die da eigentlich gemacht, diese ganzen Elfen, Zwerge und Ritter?«, fragte jemand, der in der Nähe saß.
»Ich habe gehört, sie sind ausgefahren, einen Drachen zu töten. In den nördlichen Landen«, antwortete ein Gast.
»Die einzigen Drachen, die es in den nördlichen Landen gibt, sind die Dämonen!«, fuhr ein Dritter dazwischen und zuckte die Achseln. »Nein, die suchen einen Schatz! Ich weiß es ganz sicher, ich hab’s von einem der Zwerge aus Baldwins Eskorte!«
»Und warum nicht gleich von Baldwin selbst!«, höhnten die anderen.
»Aber wenn ich euch doch sage, dass ich es ...«
»Lass die ruhig lachen«, meinte Blade und wandte sich zu dem Erzähler. »Komm an meinen Tisch. Ich gebe dir ein Bier aus, aber nur, wenn deine Geschichte es wert ist.«
Der Mann, nicht mehr ganz jung und mit einem Hängebauch, grinste breit und zeigte dabei eine unvollständige Reihe schwarzer Zahnstümpfe.
»Bring das Bier, Kamerad, und sperr die Ohren auf«, sagte er, während er sich dem Dieb gegenübersetzte. »Meine Geschichte hab ich von einem von Baldwins Wachen, Tillion Blaues Haus, einer von den Zwergen aus dem Gebirge!«
»Servier meinem Freund hier ein Ale«, rief Blade dem Wirt zu.
Der dicke Mann wartete vorsichtig, bis das Bier vor ihm stand, bevor er begann.
»Tillion hat mir erzählt, dass ein Elf den König unter dem Berg getötet und ihm einen Schatz geraubt hat«, begann er nach einem kräftigen Schluck. »Also, wenn du meine Meinung hören willst, sind sie losgezogen, ihn zu rächen und den Schatz wiederzubekommen’«
»Ein Schatz, sagst du ...«
»So wahr ich hier sitze’ Angeblich soll es eine Rüstung voller Edelsteine sein oder noch Wertvolleres’«
Der Mann trank sein Bier gierig aus und stand dann rasch vom Tisch auf, bevor Blade sich vielleicht anders besann, und ihn zahlen ließ. Aber der
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