Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
bewaffnet mit Dolchen oder kurzen Schwertern, deren breite Klingen scharf und deren Spitzen fast rund waren. Der verletzte Elf zitterte und krümmte sich über seiner tödlichen Wunde zusammen. Er drehte sich mit kleinen Sprüngen im Kreis und wedelte hilflos mit seinem Dolch, um die Mörder auf Distanz zu halten. Er war kein Kämpfer.
Thane de Logres lehnte sich gegen den Hauseingang und grinste. Wie konnten diese Fremden sich in Kab-Bag nur so sorglos verhalten? Zwei Packpferde nur von einem erbärmlichen Elf bewachen zu lassen, wer konnte bloß auf so einen Gedanken kommen? Schon ertönten aus den Tavernen hämisches Gelächter und erregtes Gegluckse angesichts des bevorstehenden Mordes. Da stieß plötzlich einer der Mörder einen spitzen Schrei aus, der den Einarmigen aufschrecken ließ und die ganze Gasse zum Schweigen brachte. Ein paar Sekunden lang ruderte der Mann mit den Armen in der Luft, versuchte irgendetwas aus seinem Rücken zu ziehen, dann erlosch sein Blick, und er fiel zu Boden, wodurch derjenige sichtbar wurde, der ihn gerade umgebracht hatte. Es war ein Zwerg, rot gekleidet und überraschend groß, dessen roter Bart in seinem Gürtel steckte. Thane und seine Mörder fühlten, wie sie leichenblass wurden. Der Zwerg, fast ebenso groß wie ein Mensch, hatte seine kräftigen Hände um eine lange Axt geschlossen, deren Klinge von Blut troff. Der Mörder schloss seine Hand nervös um den Griff seines Schwertes und trieb mit einer Geste seine Männer zum Angriff.
»Dwaaalin!«, heulte Rogor und stürzte sich auf sie.
Der erste Dieb hieb mit dem Schwert durch die Luft und zwang den Zwerg zum Zurückweichen. Aber gleich darauf stieß er einen entsetzlichen Schrei aus: Rogors Axt hatte einige Zentimeter über dem Erdboden einen rasenden Bogen beschrieben und ihm am Ende ihrer tödlichen Bahn das Bein direkt über dem Knie abgehackt. Der Mann brach zusammen und behinderte dabei zwei der Mörder, die so mehrere kostbare Sekunden verloren. Der dritte, der Graue Elf, fand sich Rogor allein gegenüber, als die Axt wie ein Pendel auf ihn zurückschwang. Das Eisen zersplitterte die Kettenglieder seines Harnischs in tausend Stücke und fuhr ihm mit einer solchen Wucht in die Flanke, dass die Hälfte der Axt darin stecken blieb. Im Fallen riss der Elf sie aus den Händen des Zwergs, der sofort seinen Dolch zog und seine beiden letzten Gegner herausforderte. Der eine von beiden zögerte nur einen kurzen Augenblick, dann rannte er, so schnell er konnte, davon. Der zweite blieb, aber er schwitzte vor Angst. Dann sprang er in einem verzweifelten Angriff auf den Zwerg zu, aber Rogor konnte mühelos auswei- chen. Die starke Hand des Erben von Troin schloss sich um den Arm des Diebs, drehte ihn um und schleuderte den Mann zu Boden. Bevor der sich noch wieder aufrichten konnte, hatte Rogor ihn mit seinem Dolch auf die Erde genagelt.
Vor dem Eingang der Erdhöhle stand niemand mehr: Thane de Logres war von der Bildfläche verschwunden.
Der Zwerg in der roten Livree versetzte den Sterbenden den Gnadenstoß, nahm ihnen Waffen und Gold ab und holte sich dann seine Axt zurück, die noch immer im Körper des Grauen Elfs steckte; all das ohne ein Wort und ohne sich um die Vivats der enthusiastischen Menge zu scheren. Mit einem Fußtritt löste er die Schneide seiner Axt vom Stiel und wischte sie gründlich am Mantel der Leiche sauber, bevor er sie wieder unter seine Tunika mit dem Zeichen Baldwins steckte. Auch die beiden Pferde sammelte er ein, hob den verletzten Pagen der Elfen wie ein Paket zwischen das Gepäck, griff die Zügel und zog die Pferde mit sich fort in die Gassen, fort von den blutigen Leichen.
»Warte!«, stöhnte Llewelin, der versuchte, sich aufzurichten. »Ich verliere mein Blut, ich muss behandelt werden ... Wie hast du das gemacht, die alle umzubringen? Du bist doch gar kein Krieger ... Oder ...«
Rogor sah den jungen Elf müde an. »Ich werd dir’s erklären«, murmelte er. »Aber nicht hier. Nicht mitten auf der Straße ...«
Sie ließen die Pferde am Pfosten einer Taverne unter der Obhut von Wächtern, die jedes dieser Häuser für seine Gäste zur Verfügung stellte, dann hob Rogor den Elf auf seine Schulter, und sie traten in eine der zahlreichen Grotten der Stadt ein.
Die Höhle, die von einigen Fackeln in düsteres Licht getaucht war, war so voll, dass die Gesichter einander alle glichen. Rogor setzte den Elf auf dem Boden ab, lehnte ihn gegen die Steinwand, erhob sich und zog die
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