Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
Schöße seines langen Mantels über seine rote Tunika. Llewelin, fast besinnungslos vor Schmerz, konnte die Augen dieses Zwergs nicht sehen, den er für einen Pagen gehalten hatte, und der ein größerer Experte in der Kunst des Tötens war als der beste Fechtmeister.
»Ich bin Rogor, Neffe Troins, Erbe des Throns unter dem Schwarzen Berg«, sagte er und legte seine schwere Hand auf die Schulter des Verletzten. Im Fackelschein schien sein roter Hart Flammen zu schlagen. Der Page fing das dunkle Blitzen seines Blicks unter den buschigen Brauen auf und wusste, dass der Zwerg ihn töten würde.
»Nein!«
Rogors Bewegung war so schnell, dass der Page nicht einmal fühlte, wie er starb, mit durchschnittener Kehle sank er langsam zu Boden, während der Zwerg die Klinge an seiner Moire- tunika säuberte. Dann ergriff er mit beiden Armen die Leiche des Pagen und stand mühelos auf. Daraufhin ging er hinaus, ohne sich zu beeilen oder irgendjemanden anzusehen.
Unter freiem Himmel schloss Roger die Augen und atmete mehrmals tief durch. Als seine Hände aufgehört hatten zu zittern, warf er den Wächtern eine Bronzemünze zu, hievte Llewelins Körper von neuem auf einen der Gäule und schob sich dann auf der Suche nach den ändern durchs Gedränge.
Thane de Logres, den Dolch in der Hand, glitt halb aus dem Schatten einer Arkade und machte einen Schritt auf den Zwerg zu. Jetzt ging es nicht mehr darum, die Pferde zu stehlen, nur darum, die Toten zu rächen, zu beenden, was begonnen war, um dem besonderen Ehrenkodex der Gilde Genüge zu leisten. Eine feste Hand bremste ihn mitten in der Bewegung und zog ihn brutal in den Schatten zurück. Der Einarmige drehte sich um, bereit zuzustechen, aber dann ließ er seine Waffe sinken.
»Blade!«
»Es ist noch zu früh, deinen Durst nach Rache zu stillen, mein Freund«, sagte der Dieb von Loth. »Gehen wir etwas trinken und reden wir miteinander ...«
Thane de Logres antwortete nicht gleich, sondern wartete, bis seine pochenden Schläfen und sein Pulsschlag wieder einen normalen Rhythmus angenommen hatten. Blade der Dieb war so etwas wie eine Legende für die Mitglieder der Gilde, und einer der wenigen, der genau so einen Kupferring trug wie er selbst, der Beweis für die Wertschätzung, die die unbekannten Herren der Meisterdiebe ihnen zollten. Es gab nur wenige, die wie Blade die lebensgefährliche Kunst des Diebstahls und Mordes mitten in der Stadt des Großen Rats auszuüben wagten. Thane zwang sich zu einem Lächeln und steckte seinen Dolch wieder ein.
»Ich folge dir, Blade ...«
Die Truppe hatte sich auf einem Platz zusammengefunden, der von Menschen wimmelte und von Dutzenden Öllampen und Fackeln, die an den Mauern oder den Holzfassaden der Geschäfte hingen, leidlich erleuchtet wurde. Der geringste Windstoß hätte genügt, und die Flammen hätten auf die Samtbehänge übergegriffen, die vor den Fenstern der Wohnungen hingen, oder die Strohballen, die hier überall für die Tiere herumlagen, oder die Auslagen eines der unzähligen Stoffhändler der Stadt, und dann hätte nichts mehr einen Flächenbrand aufhalten kön- nen. Zum Glück wehte hier in den Tiefen der Unterstadt kein Wind. Dennoch war die Stadt schon mehrere Male in Flammen aufgegangen, nur gehörten die Gnome nicht zu denen, die aus solchen Erfahrungen eine Lehre zogen. Das war Schicksal, und damit hatte es sich. Es war einfacher, hier und da Votivaltäre aufzustellen, neben die Hunderte von Tempeln, Kapellen oder Nischen, die all den unzähligen Göttern geweiht waren, die diese Welt zählte - einschließlich der großen Kruzifixe der Menschenreligion und der düsteren, diabolischen Idole der Dämonen aus den Wüsten Landen. Außerdem ließen die Gnome noch das schlimmste Unglück mit einer Art selbstzufriedener Resignation über sich ergehen, zogen aus ihren Niederlagen sogar eine gewisse Befriedigung und gingen dann mit der Emsigkeit von Ameisen, die alle anderen Völker faszinierte, daran, wieder aufzubauen, was zerstört war.
Hier im Herzen der Stadt war die Menschenmenge noch buntscheckiger, noch dichter und anrüchiger. Beim Anblick der Königin der Hohen Elfen und der glänzenden Rüstung Uthers, des Braunen, änderten die geduckten Silhouetten einiger Hundemenschen unauffällig die Richtung und tauchten in der Menge unter. Eines dieser grotesken und monströsen Wesen stieß dabei voll gegen Frehirs Hüfte. In seine finsteren, trübseligen Gedanken vertieft, bemerkte der Hundemensch sein
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