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Die Elite

Die Elite

Titel: Die Elite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiera Cass
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Künstler etwas derartig Schönes erschaffen, dass nur ein Künstler einen Körper so perfekt gestalten konnte. Doch Maxons Oberkörper war noch perfekter geformt als jedes Kunstwerk, das ich bisher gesehen hatte.
    Dieser Eindruck verflog allerdings in dem Moment, als ich ihm das Hemd ausziehen wollte. Es blieb an seinem Rücken kleben, und bei dem Versuch, es zu lösen, gab es ein glitschiges Geräusch.
    »Langsam«, stöhnte Maxon.
    Wieder nickte ich und trat hinter ihn, um es von dort aus zu probieren. Doch was ich sah, verschlug mir den Atem.
    Maxons Hemd war am Rücken blutdurchtränkt. Ich stand wie angewurzelt da. Doch dann wurde mir klar, dass mein Entsetzen alles nur noch schlimmer machte, und ich versuchte es weiter. Als ich ihm das Hemd endlich vom Rücken gezogen hatte, warf ich es auf einen der Haken und hielt einen Moment lang inne.
    Gewappnet für den Anblick, der sich mir als Nächstes bot, drehte ich mich wieder um und sah mir seinen Rücken genauer an.
    Eine klaffende Wunde zog sich von seiner Schulter bis herab zur Taille und verlief quer über einen anderen langen Schnitt, aus dem ebenfalls Blut tropfte, der sich wiederum mit einem weiteren Schnitt kreuzte, der schon ein wenig verheilt zu sein schien. Und auch dieser Schnitt verlief quer zu einer noch deutlich älteren Narbe. Es sah aus, als wären da vielleicht sechs frische Schrammen auf Maxons Rücken, die mehr lange Narben kreuzten, als man zählen konnte.
    Wie war das nur möglich? Maxon war der Prinz. Er war königlichen Blutes, ein Souverän, der sich von allen anderen Menschen abhob. Maxon stand über allem, manchmal sogar über dem Gesetz. Wie war es da möglich, dass sein Rücken voller Narben war?
    Und dann fiel mir plötzlich der Blick des Königs an diesem Abend wieder ein. Und Maxons Bemühen, seine Angst zu verbergen. War es möglich …? Wie konnte jemand seinem Sohn das antun?
    Wieder wandte ich mich ab und suchte nach etwas, womit ich seine Wunden auswaschen konnte, bis ich einen kleinen Waschlappen fand. Ich ging zum Waschbecken, das zum Glück funktionierte, auch wenn das Wasser eiskalt war.
    Ich zwang mich zur Ruhe und versuchte Maxon zuliebe gelassen zu wirken. »Das brennt jetzt vielleicht ein wenig«, warnte ich ihn.
    »Schon in Ordnung«, flüsterte er. »Daran bin ich gewöhnt.«
    Ich nahm den nassen Waschlappen und betupfte vorsichtig die klaffende Wunde auf seiner Schulter. Dann arbeitete ich mich langsam von oben nach unten vor. Maxon zuckte ein bisschen zurück, ertrug es dann aber schweigend. Als ich mich dem zweiten Schnitt zuwandte, fing er zu reden an.
    »Weißt du, ich habe mich seit Jahren auf diesen Moment vorbereitet und auf den Tag gewartet, an dem ich stark genug sein würde, es mit ihm aufzunehmen.«
    Er hielt inne. Endlich ergaben einige Dinge für mich einen Sinn. Warum ein Mensch, der immer nur am Schreibtisch saß, solche Muskeln hatte, warum er fast immer vollständig bekleidet war und stets auf dem Sprung zu sein schien, warum ihn ein Mädchen, das ihn ein Kind schalt und ihn schubste, wütend machte.
    Ich räusperte mich. »Warum hast du es nicht getan?«
    Wieder schwieg er zunächst. »Ich hatte Angst, er würde dich wollen, wenn er mich nicht haben konnte.«
    Für einen Moment musste ich innehalten, denn ich war völlig überwältigt und konnte die Tränen kaum mehr zurückhalten.
    »Weiß jemand davon?«, fragte ich schließlich.
    »Nein.«
    »Nicht mal der Arzt? Oder deine Mutter?«
    »Der Arzt weiß Bescheid, aber er schweigt. Und meiner Mutter würde ich es weder erzählen noch ihr irgendeinen Anlass geben, es zu vermuten. Sie weiß, dass Vater mir gegenüber sehr streng ist, aber sie soll sich keine Sorgen machen. Ich halte das schon aus.«
    Ich tupfte weiter.
    »Ihr gegenüber verhält er sich natürlich nicht so«, versicherte Maxon mir schnell. »Wahrscheinlich behandelt er sie auf andere Weise schlecht, doch wenigstens schlägt er sie nicht.«
    »Hmm«, murmelte ich, weil ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte.
    Als ich das Blut abwischte, sog Maxon wieder zischend die Luft ein. »Verdammt, das brennt vielleicht.«
    Ich wartete, bis er wieder ruhiger atmete. Schließlich nickte er kurz, und ich machte weiter.
    »Ich hatte mehr Mitleid mit Carter und Marlee, als du dir vorstellen kannst«, erklärte er in bemüht heiterem Ton. »Schließlich weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es eine Weile dauert, bis solche Wunden nicht mehr wehtun, vor allem, wenn man sie selbst versorgen

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