Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)
tat so, als würde sie schlafen. Ein paar Minuten lang konnte sie ihre Neugier zügeln, doch dann hielt sie es nicht mehr aus und streckte erneut den Kopf unter ihrer Decke hervor.
»Und? Was schreiben die so?«
In diesem Moment knallte Angel den roten Kugelschreiber so laut auf den Tisch, dass ihre Schülerin beinahe aus dem Bett gefallen wäre.
»Sie schreiben, dass sie hundertfünfzig Liter Treibstoff und neunzig Liter Wasser auf ihrer zehntägigen Reise verbraucht haben!«
»Entschuldigung«, stammelte ihre eingeschüchterte Zimmergenossin und drehte sich wieder um.
»Nein, ich muss dich um Verzeihung bitten. Ich hab hier dreieinhalb Jahre alleine gelebt. Nimm es mir nicht übel, aber ich bin Fragen zu so später Stunde nicht gewohnt. Ich erklär es dir ein andermal, einverstanden?«
»Okay. Gute Nacht!«, murmelte Cassidy verlegen. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Angel ihr etwas verheimlichte. Es wäre schließlich nicht das erste Mal, doch ihr hartes Trainingsprogramm ließ sie kurz darauf im wahrsten Sinne des Wortes das Bewusstsein verlieren.
***
Der folgende Tag begann wie jeder andere, mit dem Unterschied, dass Angel sich schon früh morgens am Training beteiligte, es aber verständlicherweise noch ruhig anging, so dass ihre Schülerin sie mehrfach überholte.
Während der Mittagszeit stand wie üblich Theorie auf dem Programm. Angel nutzte die heißen Stunden dazu, Cassidy in der Tankstelle ein paar Lehrstunden in Strategie und Taktik zu geben. Anhand der Landkarten und des Dorfmodells erklärte sie ihr, woran man Schwachstellen in den Verteidigungsanlagen erkennen und sie am effektivsten ausnutzten konnte. Es erschien ihr seltsam, mit Angel Krieg gegen Silver Valley zu spielen, doch ihre strategische Weitsicht beeindruckte sie enorm. Cassidy hätte sich niemals vorstellen können, wie viele Schwachpunkte der hochgerüstete Verteidigungsring noch aufwies, aber ihre Ausbilderin präsentierte ihr gleich mehrere, vielversprechende Angriffsmöglichkeiten. Monroe gesellte sich nach einer Stunde dazu und half bei der Ausbildung, in dem er seiner jüngsten Rekrutin schlagkräftige Gegenstrategien erklärte und der stolzen Scharfschützin damit gehörig in die Parade fuhr. Cassidy brummte am Nachmittag derart der Schädel, dass sie dringend eine Pause benötigte.
»Naja«, meinte Angel, als ihre Freundin leise fluchend in Richtung Wohnbaracke verschwand. »Sie kann ja nicht in allem ein Genie sein.«
»Richtig, denn sonst wärst du bald arbeitslos!«, erwiderte Monroe spöttisch. Das wohltuende Gelächter verstummte abrupt, als der General die Akten der Aufklärungsmissionen aus seinen Schubladen holte. Auf die Frage nach einem Lebenszeichen der Teams Vier und Fünf konnte er nur mit einem niedergeschlagenen Kopfschütteln antworten.
»Verdammt«, brummte Angel und verließ die Tankstelle. Sie trottete ihrer Schülerin hinterher, die an der gewohnten Schulbank neben Kim und Johnny Platz nahm. Die beiden spielten einmal mehr Karten um Nahrungsrationen. Das war Kims Geheimrezept um ihren übergewichtigen Freund auf Diät zu setzen, denn sie gewann fast jede Runde.
»Na, hat sie dir dein Hirn weich geredet?«, fragte der Rotschopf zynisch.
»Es dreht sich alles! Mir war als würden die mitten in meinem Kopf ein Gefecht austragen«, murmelte Cassidy und raufte sich die Haare.
»Die schaun ja furchtbar aus! Sieh mal zu, dass du dich heute Abend badest und deine Klamotten wäscht! Morgen ist Feiertag!«, erwiderte Kim. »Am Sonntag wird Silver Valley zehn Jahre alt! Da gibt es richtig gutes Essen und Musik! Wirst schon sehen, aber wasch unbedingt deine Sachen und diesen Mopp auf deinem Kopf, sonst will am Ende nur Anthony mit dir tanzen!«
***
An diesem Nachmittag nahm sich Butch Zeit für ein paar Fahrstunden. Er hatte seinen Pick-up bis zur Belastungsgrenze mit altem Schrott vollgestopft, damit Cassidy ein Gefühl für schwere Fahrzeuge bekam. Sie dachte nicht weiter darüber nach und genoss die Möglichkeit, mit dem Auto zu üben. Um niemanden zu überfahren oder auf eine Mine zu treffen, führte Butch sie in die Berge südlich von Silver Valley. Im Parkhaus eines ehemaligen Hotels durfte Cassidy sich nach Herzenslust austoben. Das Mädchen war definitiv nicht zum Fahren geboren und ließ den Mechaniker um sein antikes Getriebe fürchten; aber Befehl war Befehl.
Zwei Stunden später kehrten sie ins Lager zurück, wo sich Cassidy zunächst neue Kleidung besorgte. Der rosafarbene
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