Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)
Jogginganzug war bisher nur ein einziges Mal gewaschen worden und stank erbärmlich nach eingetrocknetem Trainingsschweiß. Angel gab ihr zur Abwechslung ein graues Hemd und eine hellblaue, völlig verwaschene Jeanshose. Als Cassidy bei den Waschzubern eintraf, traten die Dorfbewohner wie immer zur Seite. Das Mädchen war erstaunt, wie schnell sie sich an dieses Verhalten gewöhnt hatte. Es gab Tage, da sah sie die Menschen kaum noch, die ihr Respekt zollten. Die Wäscherei verfügte sogar über Seife, die Ranger-Teams gelegentlich auf Müllhalden oder in Einkaufszentren entdeckten. Nach einer halben Stunde hatte Cassidy es geschafft. Das Waschbrett aus ihrem Dorf, welches Angel einst mitgenommen hatte, kam ihr dabei sehr gelegen. Zwischen den Baracken spannten die Bewohner Kunststoffleinen zum Trocknen der Kleider. Selbst in der Abendsonne war es noch möglich zuzusehen, wie die Feuchtigkeit binnen weniger Minuten aus den Stoffen entwich. Etwas später faltete sie ihren rosafarbenen Trainingsanzug bereits zusammen und legte ihn zu ihrer Uniform auf das Bett. Die Kleidungsstücke stellten, neben dem Gewehr und einer Zahnbürste, ihren einzigen Besitz dar. Sie stand jedes Mal kurz davor in Tränen auszubrechen, wenn sie sich vorstellte, wie gern sie ihrer Familie von den letzten drei Wochen berichtet hätte. Von ihrem neuen Leben, ihren Freunden und dem, was sie inzwischen alles gelernt hatte. Schnell wischte sie die Augen trocken, weinen durfte sie jetzt nicht mehr. Die Einwohner von Silver Valley zählten nun auf sie!
Der Abend verlief ungewöhnlich ruhig. Kim und Johnny verließen die Siedlung für ein gemeinsames Picknick, wie sie behaupteten. Cassidy half Butch, den Pick-up zu reinigen. Scott lag mit traurigem Blick und herunterhängenden Ohren auf der Motorhaube des Jeeps neben ihnen, der seinem Vorbesitzer gehört hatte. Victor verschwand abseits vom Lager in einem kleinen Sicherheitsbereich, wo er Sprengsätze, Granaten und Minen zusammenbaute. Angel hielt sich für viele Stunden im Inneren der Tankstelle auf und brütete mit Monroe über den neuesten Berichten aus den verbündeten Enklaven, die sie während ihres Schachspiels diskutierten.
Ein Großteil der Dorfbewohner genoss ausgelassen den Sonnenuntergang. Die Spielstraße wurde aufgebaut, auf dem Grill rösteten ein paar Brote und etwas Fleisch vor sich hin. Die Schulkinder spielten verstecken und eine pechschwarze Katze fegte auf der Jagd nach ihrem Abendessen quer durch das Lager. Die Welt wirkte unglaublich friedlich, wie in einem surrealen Traum.
Kurz bevor Cassidy schlafen ging, joggte sie eine Runde um das Feld; gemeinsam mit Angel und Kim. Als sie die Felswand passierten, konnte der Rotschopf seine Neugier nicht mehr zurückhalten.
»Und, was sagt der General?«
»Wie meinst du das?«, erwiderte Angel ausweichend und tat so, als wolle sie ihren Lauf fortsetzen.
»Na komm, drei Stunden lang habt ihr da drinnen über irgendwas gebrütet. Und erzähl uns nicht, ihr hättet nur Schach gespielt!«, bohrte Cassidy mit den Händen auf den Hüften nach. Angel stützte sich auf ihre Knie und keuchte einen Augenblick.
»Ich … soll euch noch nichts davon sagen«, stammelte sie schuldbewusst.
»Oha, so schlimm? Jetzt will ich‘s wissen!«, forderte Kim.
Angel seufzte, freute sich aber gleichzeitig über die Hartnäckigkeit ihrer Freunde.
»Kommt mit. Wenn ich es schon ausplaudere, dann nur, wenn alle dabei sind!«
Die Frauen versammelten das Team und betraten anschließend geschlossen die alte Tankstelle, wo Monroe wie gewohnt auf seiner Zigarre kauend an dem kunstvoll verzierten Mahagonischreibtisch saß.
»Sie haben dir keine Ruhe gelassen, was?«, spottete er schadenfroh, winkte sie aber gleichzeitig mit freundlicher Mine zum Kartentisch. »Also gut. Wie ihr wisst, sind die Ranger Teams Vier und Fünf seit einiger Zeit überfällig. Angel hat mich überredet, bis Montag zu warten, doch die Planung für euren nächsten Einsatz läuft bereits, seit sie wieder laufen kann. Beide Späheinheiten hatten den Auftrag nach der Militärbasis zu suchen, die irgendwo am Fuße des Hadesgebirges im Norden liegt. Ebenso wie bei euch war geplant, dass sie nach maximal vierzehn Tagen zurückkehren sollten. Das war vor fast einer Woche. Bis heute haben wir keine Meldung von ihnen erhalten, und wenn sie bis morgen Abend nicht hier sind, gelten sie als im Einsatz vermisst.«
»Du hast uns auch auf die Jagd nach diesem mystischen Stützpunkt geschickt und wir
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