Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
sorgenvollem Gesicht gefragt. Aber dort war Tom bereits gewesen.
Er konnte Kate doch nicht ohne den kleinsten Funken Hoffnung vor die Augen treten. Er kam gerade vom Steelyard und war auf dem Weg zum nächsten Gefängnis, als er am Flussufer eine Rauchfahne aufsteigen sah – genau über dem Kai, an dem die Sirens’s Song lag.
Die Segel standen schon in Flammen, und der Großmast brannte, als der Kapitän bei seinem Schiff eintraf. Seine Männer – Gott segne ihre Unerschrockenheit – hatten noch nicht das Weite gesucht. Sie rannten mit Eimern hin und her, versuchten die Flammen mit Decken zu ersticken.
»Feuer!«, schrie er den Hafenarbeitern zu, an denen er vorbeirannte. »Eine Krone für jeden Mann, der hilft, das Schiff zu retten!« Das war Anreiz genug. Eine stattliche Anzahl von Hafenarbeitern nahm Eimer, Kübel, Pfannen, alles, was sie tragen konnten, und kletterte an Bord. »Wie hat es angefangen?«, rief er dem ersten Maat zu, als sie Seite an Seite Kübel um Kübel Meerwasser auf die Flammen kippten, die inzwischen schon am Deck leckten.
»Die meisten von uns haben geschlafen, als das Feuer ausbrach. Der Wachmann sagte, dass es ein brennender Pfeil war.«
Als die Nacht hereinbrach, setzten sich Tom und seine Mannschaft zwischen den verkohlten Resten des Großmastes erschöpft auf das Deck. Das Schiff schwamm gerade noch so auf dem Wasser. Die Segel waren verbrannt, der Rumpf stellenweise angekohlt, selbst der Name war durch Ruß und Asche unleserlich, aber es war noch immer ein Schiff. Sein Schiff. Und es konnte repariert werden.
Er dachte an Kate Frith und daran, dass sie auf Nachricht wartete. Aber er hatte keine guten Neuigkeiten für sie. Und die schlechten konnten bis morgen warten. So Gott wollte, lag sie bereits in ihrem Bett über dem Buchladen und schlief.
Er wachte gegen Mitternacht auf. Endor beugte sich über ihn. Sie rüttelte ihn an der Schulter und versuchte ihm aufgeregt grunzend etwas zu sagen. Schließlich gab sie ihm Kates Zettel. Er schüttelte den Kopf, um klar denken zu können, und rappelte sich auf.
41
Die Luft sehnt sich danach, den gottlosen Mann in schädliche Dämpfe zu hüllen. Die See sehnt sich danach, ihn mit ihren Wellen zu überspülen, die Berge, auf ihn zu fallen, die Täler, sich gegen ihn zu erheben, die Erde, sich unter ihm aufzutun, die Hölle, ihn zu verschlingen, die Dämonen, ihn in Abgründe voll ewig brennender Flammen zu stürzen.
Sir Thomas More in einem Brief aus dem Tower über William Tyndale.
W ürdet Ihr eine Nachricht für mich überbringen?«, bat Kate den Wärter, der ihr die Schüssel mit wässriger Suppe aus dem Armenhaus gebracht hatte. »An einen Seekapitän namens Tom Lasser? Sein Schiff liegt am Steelyard vor Anker. Es ist die Siren’s Song.«
»Sehe ich etwa aus wie ein Bote?«, brummte der Wärter. Die Suppe schwappte aus der Schüssel, als er sie vor sie auf den Boden stellte.
»Kapitän Lasser wird Euch sicher dafür bezahlen. Er ist ein sehr großzügiger Mann. Bitte«, flehte sie. »Sagt ihm, dass Kate Frith in Newgate inhaftiert ist.«
Die Suppe, auf deren Oberfläche sich bereits eine grüne Haut zu bilden begann, ekelte sie an. Sie schob sie weg. Es mochte eine Zeit kommen, da sie sogar dafür dankbar sein würde.
Der Wärter bedachte zuerst sie, dann die Schale mit einem kurzen Blick.
»Ich lasse sie stehen, falls Ihr Eure Meinung noch ändert.« Der Schlüsselbund klirrte in seiner Hand, die Tür stand einen Spalt offen.
Er ist viel zu groß. Du würdest es nicht einmal bis in den Hof schaffen.
»Frith? Anscheinend ein verbreiteter Name«, sagte er. »Wir hatten bis vor kurzem noch einen Frith hier.«
Kates Herz setzte kurz aus.
»Ihr sagtet, hattet?«
»Er ist heute früh abgeholt worden.«
Ihr stockte der Atem.
»War sein Name John? Ein junger Mann? Noch keine dreißig?«
»Schwer zu sagen. Bei dem Bart. Ich erinnere mich nicht an seinen Vornamen. War ein seltsamer Kauz.« Sein Zeigefinger beschrieb an seiner Stirn spöttische kleine Kreise. »Hat ständig Selbstgespräche geführt. Lauter unverständliches Zeug.«
»Er ist kein seltsamer Kauz. Er ist brillant. Er ist ein herzensguter, wundervoller Mann, dessen einziges Verbrechen darin besteht, Menschen Bücher zu geben, die sie auch lesen können.«
»Ein Verwandter von Euch?«
Warum hatte sie Johns Nähe nicht gespürt, wenn er doch hier gewesen war, als sie in ihre Zelle gebracht wurde?
»Er ist mein Ehemann«, sagte sie.
Er sah sie aufmerksam
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