Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
eine so große Stadt schwerlich belagern, dafür sind wir nicht ausgerüstet.«
De Melun sah ihn von der Seite an.
»Dann sagt Ihr es ihm«, knurrte er. »Ihr seid schließlich mit ihm blutsverwandt.«
Mahelt rang nach Atem, als Hugh sie in die Arme nahm und ihr einen langen, kratzigen Kuss gab. Nach der langen Zeit auf einem Feldzug unter freiem Himmel war er muskulös und sonnenverbrannt. Mahelts Herz floss vor Liebe und Verlangen fast über. Sie hatte gelegentlich Briefe von ihm bekommen, aber keine Ahnung gehabt, wann er nach Framlingham zurückkehren würde. Ihn jetzt wiederzusehen war eine wundervolle Überraschung – und eine Erleichterung.
Er löste sich von ihr, um Roger abzuwehren, der ihm zeigen wollte, welche Fortschritte er im Umgang mit dem Schwert gemacht hatte. Lachend duckte Hugh sich und ließ sich gefangen nehmen.
»Ich ergebe mich!«, rief er, als seine Söhne gemeinsam auf ihn eindrangen, dann wandte er sich mit gespieltem Entsetzen an Mahelt. »Gnade mir Gott, wenn drei von der Sorte über mich herfallen.«
Mahelt legte kichernd eine Hand auf ihren schwellenden Bauch. »Das dauert noch eine Weile«, tröstete sie ihn. »Du hast noch ein paar Jahre Ruhe.« Als er endlich die Mordabsichten seiner Söhne vereitelt und sie seinem Knappen auf den Hals gehetzt hatte, fragte Mahelt, wo sein Vater war.
»Noch in London, mit juristischen Angelegenheiten beschäftigt.« Hughs Miene wurde ernst, die erste Freude des Wiedersehens klang ab. Er legte seine Tunika ab, rollte die Hemdsärmel hoch und setzte sich auf das Bett. »Ranulf ist nach Middleham zurückgekehrt, um sich auf den bevorstehenden Kampf vorzubereiten.«
»Kampf? Warum das denn?« Mahelts Hochstimmung verflog, und sie sah ihn erschrocken an.
»Der König hat die Charta unterzeichnet. Er hat sich mit uns auf einer Wiese direkt bei Windsor getroffen und sein Siegel unter das Dokument gesetzt. Ich war Zeuge, genau wie mein und dein Vater, Will und Longespee.«
»Sind das denn keine guten Neuigkeiten? Habt ihr nicht alle darauf gehofft?«
Hugh seufzte tief.
»Es sollte ein gutes Zeichen sein, aber es ist nichts wert. Sowie John unterschrieben hatte, hat er an den Papst geschrieben und darum gebeten, von seinem Eid entbunden zu werden. Seiner Ansicht nach sollte die Charta umgangen oder in den Morast getreten werden. Genauso gut hätte er die Unterschrift gleich verweigern können. Der Streit ist nur eskaliert.«
»Und wie geht es nun weiter?«
Hugh schüttelte den Kopf.
»Prinz Louis hat sich bereiterklärt, uns französische Verstärkung zu schicken, während er noch überlegt, ob er selbst kommen soll oder nicht«, sagte er ohne Begeisterung. »Dein Vater und Erzbischof Langton tun von ihrer Seite aus, was sie können, denn wir brauchen dringend einen beständigen Frieden, aber im Moment scheint dieses Ziel in weite Ferne gerückt zu sein. John hat unterschrieben, ohne je die Absicht gehabt zu haben, sein Wort zu halten, und die Gemäßigten haben auf unserer Seite an Boden verloren. Solche wie de Vesci vertreten
die Ansicht, dass wir ihn stürzen müssen, wenn wir ihn nicht in seine Schranken weisen können.«
»Und wenn Louis persönlich kommt?«
»Dann wird man ihm den Thron anbieten.«
»Und das bedeutet Krieg …«
»Der Krieg ist bereits eine feststehende Tatsache«, erwiderte Hugh müde. »Lange wird es nicht mehr dauern. Ich bin nicht hier, um mich auszuruhen, sondern um wie Ranulf dafür zu sorgen, dass wir auf das, was kommen wird, vorbereitet sind.«
Zum ersten Mal seit über einem Jahr stand Longespee in seiner Kammer im Palast von Salisbury und weidete sich am Anblick seiner Frau. Er meinte, noch nie etwas Schöneres gesehen zu haben. Ela trug ein eng anliegendes Kleid aus weicher grüner Wolle. Unter einem dünnen Leinenschleier schimmerte ihr dunkelgoldenes Haar. Das Sonnenlicht, das durch das Fenster fiel, tauchte sie in einen goldenen Schein, sodass sie wirkte, als sei sie aus kostbarem Buntglas.
Auf sein Fingerschnippen hin verneigte sich sein Haushofmeister und verließ den Raum. Longespee wartete, bis der Riegel vorgeschoben wurde, dann legte er die Arme um sie und küsste sie auf die Stirn, beide Wangen und auf die warmen, rosigen Lippen. Dann hielt er sie nur um der Freude willen, sie betrachten zu können, auf Armeslänge von sich weg.
»Während meiner Gefangenschaft habe ich jeden Tag von dir geträumt. Ich habe an dich und die Kinder gedacht, und das hat mir Kraft gegeben, wenn ich gar
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