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Die Entführung der Musik

Die Entführung der Musik

Titel: Die Entführung der Musik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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mit einem Banngesang beschwichti- gen oder zumindest den vorteilhaftesten Steuerkurs in Erfahrung brin- gen.«
    »So funktioniert es nicht. Es gelingt mir viel besser, bestimmte Ob- jekte oder Formen heraufzubeschwören. Etwas so Grundsätzliches wie das Wetter habe ich noch nie in Angriff genommen. Es könnte eben- sogut zu unserem Untergang führen wie zu unserer Rettung.«
    »Dieses Fahrzeug ist stabil, aber nicht groß, und wir sind nicht ge- rade die erfahrenste aller Besatzungen. Noch bleibt uns etwas Zeit, bevor uns das Unwetter erreicht. Fällt Euch denn gar nichts ein?«
    »Nachdenken schadet nie«, bemerkte Jon-Tom ausweichend. Da läutete neben seiner Schulter etwas auf.
    Die Akkordwolke schwebte so nahe bei ihm, daß sie sein Gesicht erwärmte, und klingelte dabei aufgeregt. Es ist erstaunlich, dachte er, wie ein und dieselbe Melodie nur durch Veränderung von Tempo und Lautstärke so viele verschiedene Gefühle übermitteln konnte.
    Naike blickte erstaunt auf. »Von mystischen Angelegenheiten ver- stehe ich nichts, aber ich will mir die Zähne feilen lassen, wenn Euch das hier nicht etwas zu sagen versucht.«
    »Die Musik klingt sehr dringlich, nicht wahr?« Die pulsierenden Töne schwirrten dicht vor Jon-Toms Augen herum. »Was willst du mir sagen?«
    Wie zur Antwort schoß die Wolke als blaß rosafarbener Strich da- von. Ein paar Grad nach Steuerbord blieb sie in der Luft stehen, schwebte bewegungslos über der wogenden See und läutete, so laut sie konnte. Vor Jon-Toms und Naikes Augen wiederholte sie diesen Vorgang mehrmals. Es war eine Geste, die der Bannsänger inzwi- schen gut kannte.
    »Was tut sie da?« Erwartungsvoll umklammerte der Mungo das Steuerrad.
    »Sie schlägt einen Kurs vor. Ich denke, wir können ihr ebensogut folgen. Oder habt Ihr eine bessere Idee?«
    »Wie ich Euch gesagt habe, Bannsänger, bin ich nur ein Amateur- seemann.« Damit drehte der Leutnant heftig das Steuerrad und brachte den Bug herum. »Habt Ihr Vertrauen in diesen Kurs?«
    »Nein, aber zu Musik habe ich schon immer Vertrauen gehabt. Wenn wir auf dem alten Kurs weiterfahren, laufen wir direkt in diesen Sturm hinein, das ist sicher. Falls' diese Richtung nicht besser ist, ha- ben wir zumindest nichts verloren. Und vielleicht, vielleicht weiß die Musik ja doch, was sie tut. Ich weiß es auf jeden Fall nicht.«
    Die Akkorde verformten sich zu einer Helix, dann zu so etwas wie einem Ei. Bei jeder Änderung ihrer Gestalt wandelte sie auch das Tempo der Musik. Nur von etwas wich sie nicht ab: von ihrem Kurs.
    Umagi hatte sich backbords über die Reling gebeugt und betrachtete die Meeresoberfläche, als nur ein paar Armlängen von ihrem Gesicht entfernt ein silbriger Nebel sich in der Luft verfestigte. Einen über- raschten Schrei ausstoßend, taumelte die Prinzessin zurück. Jon-Tom bemerkte, daß sie an Hinterkopf und Nacken ihr Fell zu winzigen ver- schlungenen Schmachtlocken frisiert hatte, die an der massigen Ges- talt der Prinzessin von Tuuro merkwürdig fehl am Platz wirkten.
    Aus dem Nebel heraus materialisierte sich, auf Höhe des Decks schwebend, das bemerkenswerte insektenartige Wesen, dem sie schon einmal begegnet waren. Es schaute direkt Jon-Tom an.
    »Hey, Sie da, Mensch! Ich weiß jetzt, was es war!«
    »Was was war?« Jon-Tom fühlte sich aus irgendeinem Grund schrecklich dumm.
    »Das, wonach ich gesucht habe!« Das Wesen senkte die Fühler.
    »Das Gedächtnis ist ein so schwaches Organ.«
    Mudge legte einen Arm auf die Reling und bemerkte beiläufig: »Bi- ste dir bewußt, Chef, daß im Moment zwischen deinem 'interteil und dem Meer nur 'n ordentliches Stück gar nichts is?«
    »Das Meer? Wovon reden Sie?« Das Wesen schaute zwischen sei- nen Vordergliedmaßen hindurch nach unten, stieß ein helles Schreck- gewimmer aus und plumpste prompt mit einem beeindruckenden Plat- schen in die Wellen.
    »Es hatte wohl vor, an Deck zu erscheinen«, bemerkte nachdenklich Naike. »Aber da machten wir gerade die scharfe Wende nach Steuer- bord.«
    Jon-Tom achtete nicht auf die Worte des Leutnants. Er war zur Re- ling gestürzt. Der Besucher tanzte hilflos auf den Wellen. Trotz seiner acht Glieder schien er nichts vom Schwimmen zu verstehen.
    »Ich erinnere mich!« spuckte er. »Ich erinnere mich!«
    Jon-Tom legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief zu- rück: »An was erinnern Sie sich?«
    »Ich erinnere mich, daß... ich nicht schwimmen kann!« Dies schrie er kläglich heraus, als sein schmaler Kopf von

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