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Die Entführung der Musik

Die Entführung der Musik

Titel: Die Entführung der Musik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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geradezu süß klingt. Wenn man Hieronymus kennt, tönt eine Baustelle wie die Phil- harmonie.«
    Gathers nickte zustimmend. »Im Vergleich mit ihm klingt eine Tracht Prügel wie The Lark Ascending.«
    Jon-Tom runzelte unsicher die Stirn. »Das Stück kenne ich nicht. Smashing Pumpkins?«
    Gathers schüttelte den Kopf. »Vaughan Williams. Ich war ein Jahr am Juilliard-Konservatorium. Mochte die Musik, aber die Leute konn- te ich nicht ausstehen. Wir müssen euch hier allein lassen.«
    Zimmerman nickte heftig. »Wenn ich der Quelle noch näher kom- me, zerspringt mir der Kopf.«
    »Das ist in Ordnung«, versicherte ihnen Jon-Tom. »Wir verstehen euch.«
    »Ach, wirklich?« Mudge war weniger duldsam. Mit Händeschütteln und ermutigenden Worten trennten sich die drei Bandmitglieder von dem Freundespaar und begannen den Abstieg. Bei ihrem hastigen Rückzug kamen Geröll und Steine ins Rollen.
    »Nich gerade das beste Omen, Kumpel.«
    »Es war tapfer von ihnen, uns überhaupt so weit zu begleiten.« Jon- Tom drehte sich um und machte sich wieder an den Aufstieg. »Außer- dem hast du gehört, was sie vorhin gesagt haben. Sie haben versucht, diesem Hinckel Einhalt zu gebieten, und es ist ihnen mißlungen. Jetzt liegt es an uns.« Die von Donner erfüllte schwarze Wolke legte sich erstickend um sie.
    Um Luft ringend kamen sie schließlich auf einem kleinen Plateau an. In der Ferne erhoben sich scharfe Bergspitzen noch weiter nach oben. Zwischen dem Rand der steinigen kahlen Hochebene und den übrigen Felsspitzen hockte eine aus grauer Düsternis erbaute und von Türmen gekrönte Burg, die wie eine schlechte Parodie der Festung eines verrücktgewordenen Adligen wirkte.
    Tatsächlich war sie aus demselben bedrückenden Basalt errichtet wie der Berg, denn die Steine für die Burg hatte man aus den zerklüf- teten Flanken des großen Vulkans gebrochen. Von den oberen Stock- werken mußte man einen umfassenden Ausblick auf das Meer haben, wo es hinter dem Saum der allesumhüllenden schwarzen Wolke zu sehen war. Es gab einen Eingang mit einer Zugbrücke und einem Fallgitter, jedoch keinen Burggraben. Im Innern schimmerte der Hauptturm von liegengebliebenem Tau.
    Jon-Tom war dankbar, daß sie keinen Architekten dabei hatten, denn allein von einem Blick auf das baufällige Gebilde mußte sich einem Fachmann der Magen umdrehen. In unmöglichen Winkeln kragten Wände vor. Keine der Brustwehren verlief waagrecht, keiner der Türme stand lotrecht. Der Hauptturm war in kaum besserem Zu- stand. Von der Spitze eines jeden Türmchens flatterten dunkle Fah- nen, ebenso von den höheren Gebäuden in der Mitte. Beim Betrachten ihres finsteren Ziels bekam Jon-Tom das Gefühl, nur das Gewicht des Steins verhindere den Einsturz des Gebäudes.
    Abgesehen von dem nervenzerfetzenden Stimmengewirr, das ir- gendwo aus dem Innern herausdrang, gab es keinerlei Anzeichen von Leben.
    »Der Schauplatz paßt zur Musik«, kommentierte Mudge grimmig. Mit geistesabwesendem Nicken drehte Jon-Tom sich um und warf einen letzten Blick zurück. Unten lag der verwüstete Regenwald. Noch weiter weg erkannte er die felsige Küste mit dem Boot und sei- ner Ladung verschleppter Weiblichkeit. Dahinter lag sauber und ein- ladend, weit und lebendig das Meer, das ein Willkommen in fernem Land versprach. Selbst aus seiner gegenwärtigen Höhe meinte er, die Blaswolken der vielen Wale zu erkennen, die sich um die Insel ver- sammelt hatten. Wale ohne Lieder, erinnerte er sich.
    Als könne er Entschlossenheit einatmen, tat er einen tiefen Atemzug und schwang die Duar vor sich. Seine Finger waren nicht mehr so flink wie früher einmal, seine Lunge nicht mehr so ausdauernd. Dafür hatte er Erfahrung eingetauscht, und er hatte das Gefühl, die werde er nun restlos brauchen.
    »Gehen wir.«
    »Zusammen, wie immer, Kumpel.« Mit diesen Worten folgte der Otter seinem Freund mit dem üblichen diskreten Abstand von ein paar Schritten.
    Und so betraten sie die Burg.

XXIII
    Die Zugbrücke war heruntergelassen, das eiserne Fallgitter nach oben gezogen. Als sie durch das Tor schlenderten, schien nicht einmal eine Ameise sich ihnen entgegenzustellen.
    »Nich besonders sicher.« In Erwartung eines Hinterhalts spähte Mudge angestrengt zu den Brustwehren hinauf. Doch dort lauerte nichts. Als sie in die große Halle des Hauptturms eintraten, erblickten sie Skulpturen und Gemälde, die sie so gut wie möglich zu übersehen versuchten. Genau wie die schauerliche Musik waren die Dekorstücke

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