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Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Kleine
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augenblicklich.
    Tristan wartete geduldig, bis auch das letzte, leise Glucksen verklungen war, bevor er mit bösartiger Miene sprach: »Schön, nachdem ich zum allgemeinen Amüsement beigetragen habe, möchte ich ebenfalls etwas lachen.« Er machte eine kurze Pause, ehe er lächelnd fortfuhr: »Unterricht bei mir morgen früh, Voraussetzung um einer allgemeingültigen Strafe zu entgehen, ist, dass jeder von euch 500 Spanischvokabeln aufsagen kann. Aber auch wenn ihr alle Vokabeln könnt, seid ihr nicht aus dem Schneider, denn die 500 sind nur ein Mindestmaß. Ich werde euch solange weiterfragen, bis die erste von euch einen Fehler macht oder nicht weiterweiß. Dieses Mädchen darf dann einen unvergesslichen Tag mit mir verbringen. Also wer darauf keinen Wert legt, lernt mehr als die Anderen.«
    Er kehrte den Wochentagen, die ihn mit offenem Mund ungläubig anstarrten, den Rücken zu und zog Sofia wieder aus dem Gemeinschaftsbad hinaus. »Van Darkson will nicht warten, da du momentan keinen Armreif trägst, können wir auch schnell zu mir gehen und du wäschst dich dort.«
    Perplex über seine Idee und gleichzeitig sehr aufgeregt, das Sklavenhaus verlassen zu dürfen, folgte sie ihm widerstandslos. Nach einigen Biegungen kamen sie zu einer massiven Sicherheitstür, in die Tristan mit verdeckter Hand einen Code tippte und Sofia hinaus schob, als die Tür aufschwang. Sie musste aufgrund des grellen Sonnenlichts ihre Augen zusammenkneifen. Das Licht, reflektiert durch die spiegelnde Meeresoberfläche, wirkte viel intensiver als in dem schattigen, grünen Innenhof.
    Staunend blinzelte sie gegen das Sonnenlicht an und ließ sich von den rauschenden, blauen Wellen fasziniert mitreißen.
    »Wunderschön«, murmelte sie andächtig, während ihr Begleiter nur ein müdes Stirnrunzeln für die Landschaft übrig hatte. »Ich komme aus einer schneereichen Gegend, ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich inzwischen die Hitze, den Sand und das Meer hasse.«
    Die Melancholie in seinen Worten zerstörte die traumhafte Kulisse und sie drehte sich, hellhörig geworden, zu ihm um. »Woher kommst du, Tristan?«
    »Aus einem nordischen Land.«
    »Und dann hat dich dieses Schwein entführt?«
    »Nein«, sagte er rau und fügte hinzu. »Und nenn Tom van Darkson nicht noch einmal so, wenn dir nichts an unnötigen Schmerzen liegt.«
    Wieder hatte der junge Sklave sie abblitzen lassen und hüllte sich bezüglich seiner Vergangenheit in Stillschweigen. Zu gern hätte sie mehr über den Mann erfahren, der so sanft und hart zugleich sein konnte.
    »Wie bist du sein Sklave geworden?«
    »Das muss dich doch alles nicht interessieren, Kleine.«
    Sie schmollte leicht. »Tut es aber.«
    Er schob sie vorwärts und sie schritten über den weichen Sand, der leise unter ihren Füßen knirschte. »Lass es mich anders ausdrücken, es geht dich nichts an.«
    Die Sonne brannte auf ihrer nackten Haut und sie genoss den kühlen, salzigen Wind, der sie umschmeichelte. Sie seufzte innerlich auf, Tristans Vertrauen zu gewinnen, war schwerer als angenommen. Und sie hatte gehofft, ihn auf ihre Seite ziehen zu können, aber je mehr Zeit sie mit dem Sklaven verbrachte, desto unwahrscheinlicher wurde es, dass er ihr helfen würde. Er war Tom van Darkson loyal ergeben und solange sie seine Beweggründe dafür nicht kannte, konnte sie nicht intervenieren. So blieb er vorerst ihr emotionsloser Schattenmann.
    »Bist du etwa freiwillig seine Hure geworden?« Wenn sie ihn nicht mit Nettigkeit aus der Reserve locken konnte, dann vielleicht mit Provokation.
    Er blieb stehen. »Sonntag«, grollte er. »Was immer du auch damit bezweckst, es funktioniert nicht.« Dann verpasste er ihr einen groben Stoß auf die Schulterblätter. »Los, gehen wir weiter.«
    »Aberrrmm …«
    Er legte ihr von hinten seine Hand über den Mund und erstickte ihren Satz, bevor sie ihn überhaupt beginnen konnte. »Halt die Klappe.«
    Sie gingen an grimmigen, bewaffneten Wachen vorbei, die Tristan einer genaueren Musterung unterzogen, ihm dann aber den Weg freigaben. So steuerten sie ungehindert auf das große Anwesen zu, das von einer parkähnlichen Grünanlage umsäumt war. Die weißen Säulen und Holzveranden leuchteten in einem gepflegten, sauberen Blütenweiß, während der Putz des Gebäudes in einem dezenten Pastellgelb gehalten war. Prächtig bepflanzte Blumenkübel hingen an den Balkonen und verliehen dem Haus eine Harmlosigkeit, die trügerisch war, denn Sofia wusste, wer hinter diesen Mauern

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