Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
Vom Netzwerk:
kümmern wollte. Um seine finanziellen Transaktionen, um Glorias Zukunft …
    Die Gewißheit seiner eigenen Macht flößte ihm neues Selbstvertrauen ein. Er war unverwundbar. Selbst wenn einer der Schnüffler auf die Wahrheit stoßen sollte, würde diesem nicht genügend Zeit bleiben, um der Welt davon zu berichten. Dafür würde er, Harold King, schon sorgen.

Kapitel 6
    Julia saß in ihrem Büro. Ben hatte ihr gerade mitgeteilt, daß er überraschend einen Anruf von seiner Tochter Lucy erhalten habe, die sich in irgendwelchen Schwierigkeiten befand. Er hatte eingewilligt, sich mit ihr in Birmingham zu treffen, und würde vor morgen früh nicht zurückkehren.
    Jean Adams hatte sich seit Bens Besuch vor zwei Tagen nicht wieder gemeldet. Julia blickte nachdenklich aus dem Fenster auf die Skyline von London, die in spätherbstlichen Sonnenschein getaucht war.
    Ben und sie waren in dem Fall vorangekommen. An einigen Stellen hatte sich das Dunkel gelichtet. Dinge waren zum Vorschein gekommen, die Julias düsterste Vorstellungen noch übertroffen hatten.
    Hinter alldem verbarg sich Harold King. Der Mann war ein Scharlatan, ein Lügner, ein Mörder, der sich damit brüstete, auf wehrlose Menschen geschossen zu haben. Und der vermutlich auch versucht hatte, seine Frau umzubringen. So wie es aussah, war er also nicht nur für die Auftragsmorde an Hayman und Lewis verantwortlich, sondern hatte sich auch selbst die Hände schmutzig gemacht.
    Sie sah ihn deutlich vor sich, so wie sie ihn an jenem Abend in dem exklusiven Restaurant erlebt hatte. Diesen grobschlächtigen Kraftprotz, hinter dessen vulgärer Fassade sich ein kühler, berechnender Charakter verbarg. Diesen gewissenlosen Mann, der andere skrupellos überrollte, selbst aber auch nicht ohne Schwäche war. Denn er vertrug keinen Alkohol. Wenn er trank, verlor er die Kontrolle über sich und konnte seine Zunge nicht im Zaum halten. Seine allgemein bekannte Abstinenz paßte nicht zu dem Image, das er von sich kreiert hatte. Sie gehörte nicht zu Harold King, dem Lebemann, sondern zu Hans König, der wußte, daß er nie wieder in seinem Leben einen Tropfen Alkohol anrühren durfte.
    Julia begann zu frösteln, als säße sie in kalter Zugluft. Dabei war ihr Büro klimatisiert und wohltemperiert. Sie würde Ben heute abend vermissen. Er war sehr besorgt gewesen. Seine Tochter hatte sich gemeldet, weil sie dringend Hilfe benötigte. Julia hatte ihn natürlich in seiner Absicht unterstützt, sofort nach Birmingham zu fahren und nach dem Rechten zu sehen. Das Mädchen hatte Glück, daß sein Vater sofort angerannt kam, wenn es nur mit dem Finger schnippte. Sie mußte jetzt an ihre eigenen Eltern denken. Ihr stand nicht der Sinn danach, den Abend mit irgendwelchen Freunden zu verbringen. Sie hatte einen großen Bekanntenkreis und wurde oft eingeladen – besonders seit sie sich von Felix getrennt hatte, der bei ihren Freunden nicht besonders gut angekommen war. Sie hatte nichts mehr von ihm gehört oder gesehen und kaum noch an ihn gedacht. Sie war sicher, daß er sich inzwischen mit einer anderen Frau getröstet hatte und ansonsten zusah, daß er in seinem Leben vorankam. Ober die Sprechanlage wies sie ihre Sekretärin an:
    »Verbinden Sie mich bitte mit meinen Eltern, Jenny – danke.«
    Das Gespräch wurde durchgestellt. Ihr Vater war am Apparat. Er klang hocherfreut, als sie vorschlug, am Abend auf einen Besuch vorbeizuschauen. Aber die Mutter dürfe deshalb nicht den ganzen Nachmittag in der Küche stehen, verlangte Julia. Nein, sie würde ihre Eltern zum Essen ausfuhren. Ob er so nett sein könne, einen Tisch in einem guten Restaurant zu reservieren? Sie kenne sich in der Gegend nicht mehr so aus. Die Mutter übernahm das Gespräch. Auch sie freute sich so sehr über ihren Vorschlag, daß Julia sich beschämt vornahm, ihren Eltern in Zukunft mehr Zeit zu widmen. Gerne wollte die Mutter sich zum Essen einladen lassen, aber nur unter der Voraussetzung, daß Julia über Nacht blieb. Sie würde nicht ruhig schlafen können, wenn ihre Tochter den ganzen Weg im Dunkeln zurückfahren müsse.
    So viele schreckliche Dinge würden Frauen heutzutage zustoßen – und eine Autopanne könne man ja nie ausschließen. Julia ließ ihre Mutter gewähren. Sie sorgte sich und meinte es gut. Früher hätte Julia sich bevormundet gefühlt. Heute aber war sie viel selbstsicherer und verstand, daß der Mutter nur das Wohl ihrer Tochter am Herzen lag. Sie freute sich regelrecht auf eine Nacht

Weitere Kostenlose Bücher