Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
Vom Netzwerk:
die Lider einen Spalt und betrachtete ihren Reisegefährten im Sitz gegenüber.
    Eigentlich mochte sie ihn ganz gern. Er war nicht so schön, eloquent und charmant wie sein Freund Oscar Wilde mit seinem sprühenden Wortwitz. Andererseits konnte dieser mit seiner exzentrischen und sprunghaften Art auch recht anstrengend werden. Bram Stoker dagegen war ein verlässlicher Charakter. Sein etwas strenges, düsteres Aussehen spiegelte seine Seele wider. Manches Mal versank er in Melancholie und sie konnte nur Vermutungen anstellen, mit welchen dunklen Dämonen er kämpfte. Doch sonst war er stets freundlich zu ihr und von einer beruhigenden Heiterkeit, die ein Zusammenleben angenehm machte. Und nun ging er mit ihr auf Reisen, wie Carmelo früher. Nur mit dem Unterschied, dass sein Interesse an Vampiren friedlicher Natur war, was Latona sehr entgegenkam. Carmelo hätte nicht eher geruht, bis er den Vampir, der es gewagt hatte, sich an seiner Nichte zu vergreifen, gefunden und vernichtet hätte. Nein, da war ihr Brams wissenschaftliche Neugier schon lieber.

    Bram bemerkte, dass sie ihn beobachtete. »Ist alles in Ordnung? Fühlst du dich nicht wohl? Kann ich etwas für dich tun?«
    »Danke der Nachfrage, ich fühle mich ganz wunderbar.«
    Noch während Latona es aussprach, wurde ihr klar, dass es stimmte. Sie war wieder unterwegs. Unbekanntes wartete auf sie und wie früher ließen Vorfreude und Aufregung ihr Herz rascher schlagen.

    Die nächsten Nächte verliefen ähnlich wie die vorhergegangenen. Die Erben waren mindestens bis Mitternacht sich selbst überlassen. Dann folgten Tanzunterricht, Fechtstunden und endloser Unterricht in Wienerisch, denen nur die Dracas und die Vamalia fernbleiben durften. Luciano versuchte vergeblich, sich ebenfalls zu drücken. Schließlich hatte er sich im vorherigen Jahr von Alisa bereits leidlich Deutsch beibringen lassen und langweilte sich nun mit den Anfängerübungen. Doch der altehrwürdige Dracas blieb in diesem Fall hart.
    Alisas anfängliche Empörung wandelte sich in heftige Wut. »Wann lernen wir endlich Gedanken zu lesen und unsere geistigen Kräfte einzusetzen?«
    Keiner konnte oder wollte ihr eine Antwort geben. »Sicher bald«, sagte Franz Leopold lahm. »Wenn ihr die anderen wichtigen Lektionen beherrscht.«
    »Ach, so wichtige Dinge wie den wienerischen Dialekt, jeden einzelnen in den vergangenen Jahrhunderten getanzten Menuettschritt und sämtliche Huten, die sich irgendwelche verrückten Fechtmeister im Mittelalter ausgedacht haben?«
    »Fechten ist nicht schlecht«, warf Luciano ein. »Es kann durchaus nützlich sein.«
    Alisa fuhr herum und herrschte ihn an. »Ja, fechten ist ganz wunderbar, aber was tust du mit deinem alten Schwert in der Hand, wenn der Feind deinen Geist angreift?«
    Sie funkelte ihn so wild an, dass Luciano mit erhobenen Handflächen zurückwich. »Ist ja gut. Du musst mich nicht gleich auffressen.«

    »Wenn du mich um einen Rat gebeten hättest, dann hätte ich dir gesagt, dass es lebensgefährlich ist, Alisa in solch einer Stimmung zu widersprechen«, meinte Franz Leopold liebenswürdig. »Pass auf, jetzt faucht sie gleich wie ein Panther.«
    Alisa fixierte ihn mit zornig zusammengekniffenen Augen, doch dann übermannte sie plötzlich ein Lachen. »Ach, hört schon auf. Aber ihr müsst doch zugeben, dass es ein Skandal ist! Die Akademie kommt nach Wien und die Dracas weigern sich, uns das zu unterrichten, was ihre Familie vor den anderen auszeichnet. Haben nicht alle anderen Clans die Erben bereitwillig in ihre magischen Geheimnisse eingeweiht?«
    »Es widerspricht dir keiner«, pflichtete ihr Luciano bei. »Vielleicht kann Leo mal ein wenig Dampf bei seinem Baron und der reizbaren, äh, ich wollte sagen reizenden Baronesse Antonia machen?«
    Der Dracas hob die Schultern. »Ich kann’s versuchen. Ob es etwas bringt, bezweifle ich. Jedenfalls habe ich, um euch die Langeweile zu vertreiben, für morgen Abend Opernkarten besorgt.«
    »Ich bin nicht nach Wien gekommen, um in die Oper zu gehen!«, ereiferte sich Alisa.
    »›Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, Karten zu besorgen, und uns in die Oper einlädst‹, wäre die korrekte Reaktion gewesen«, meinte Franz Leopold ungewöhnlich sanft. »Aber wenn ihr nicht wollt, müssen wir nicht hin. Das Kollegium der drei momentan benannten Direktoren hat ja lediglich Mozarts ›Don Giovanni‹ wieder auf den Spielplan genommen, mit dem das Haus vor elf Jahren eröffnet wurde. Ja, und die Wiener

Weitere Kostenlose Bücher