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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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Wir haben die ganze Nacht, um gemeinsam zu üben.«
    Was blieb ihm anderes übrig, als dem Altehrwürdigen zu folgen? Es war eine furchtbare Vorstellung, die Nacht über hier festzusitzen, während Clarissa auf ihn wartete. Wie quälend musste die Ungewissheit für sie sein. Dachte sie gar, Luciano habe nur mit ihren Gefühlen gespielt? Ihre jugendliche Unschuld ausgenützt, um sie nun wieder zu verlassen? Würde sie an seiner Liebe zweifeln,
obwohl er ihr mehr als ein Dutzend Mal geschworen hatte, dass diese bis zum Ende aller Tage niemals schwinden würde? Er musste ihr eine Nachricht zukommen lassen, aber wie?
    Auf der Treppe traf er Franz Leopold, der ihn mit unbeweglicher Miene musterte. Der Dracas? Nein, eine ganz schlechte Idee. Lieber vertraute er darauf, dass Clarissa ihm die Möglichkeit gab, alles zu erklären und sie um Verzeihung zu bitten.
    Seine Hände ballten sich zu Fäusten, als er das feine Lächeln im Gesicht des Altehrwürdigen sah, der die Situation offensichtlich genoss, während sich Luciano wie ein Gefangener vorkam, der zu den anderen Erben in den Blauen Salon abgeführt wurde.

    Franz Leopold blieb mitten auf der Treppe stehen und sah Luciano nach. Er hatte dessen verzweifelte Gedanken aufgefangen und auch seine Entscheidung, dass es unklug wäre, den Dracas an seiner Stelle zu schicken. Franz Leopold grinste. Unklug? Vielleicht, aber sicher interessant!
    »Leo, da bist du ja!« Alisa kam die Treppe heruntergelaufen. Sie strahlte wieder diese Begeisterung aus, die er bei keinem anderen Vampir kannte.
    »Wollen wir in die Kasematten hinuntergehen und üben, solange die anderen Unterricht haben? Oder wir gehen in den Park. Es ist eine schöne Nacht.«
    Franz Leopold sah sie nur an.
    »Du hast keine Lust, nicht wahr?«, versuchte sie seinen Blick zu deuten. Zum Glück gelang es ihr nicht, seine Gedanken zu lesen, wenn er diese vor der Außenwelt verschloss.
    Sie zögerte, dann strahlte sie wieder. »Wollen wir noch einmal zum Kursalon hinübergehen? Die anderen sind bis Mitternacht beschäftigt. Wir könnten Walzer tanzen. Vielleicht ist Strauss mit seinem Orchester wieder da.« Schelmisch sah sie ihn an. »Wir sollen doch üben, damit wir es perfekt können, wenn der Baron sich endlich entschließt, uns auf die Wiener Gesellschaft loszulassen.«
    Franz Leopold schüttelte den Kopf. »Nein, heute nicht. Ich muss noch etwas erledigen.«

    Er sah und spürte, wie ihre Begeisterung zusammenstürzte, wie ausgeglühte Scheite zu Asche zerfallen. Der Schmerz der Zurückweisung bohrte sich durch ihre Seele. Franz Leopold stutzte. Seele? Ja, wenn ein Vampir so etwas wie eine Seele besaß, dann war es Alisa. Ein ungewohntes Gefühl stieg in ihm auf. Etwas wie Bedauern.
    »Ich finde, es ist an der Zeit, dass du alleine deine Fortschritte ausprobierst.«
    »Wenn du meinst«, antwortete Alisa tonlos.
    Warum nur sah sie ihn mit diesem waidwunden Blick an. Musste sie ihre Enttäuschung derart deutlich zeigen? Wollte sie ihm absichtlich ein schlechtes Gewissen einreden?
    Nein, das war nicht Alisas Art. Sie war gefühlvoll und spontan, aber niemals berechnend.
    »Ich schlage vor, du suchst deinen Vetter Sören und versuchst dich daran, unbemerkt in seine Gedanken zu dringen. Vielleicht bin ich rechtzeitig zurück, dass du mir von deinen Erfolgen berichten kannst. Ja, vielleicht reicht es gar noch für ein paar Übungen im Park oder ein wenig Walzer im Kursalon. Auch ein schöner Ort, um zu trainieren. So viele Menschen, deren geheime Gedanken man aufspüren kann - wobei du überrascht sein wirst, wie langweilig es in den meisten Köpfen zugeht. Entweder sie denken an ihre häuslichen Sorgen oder sie hegen unzüchtige Gedanken, gerade beim Walzer - oder aber sie denken gar nichts. Dann triffst du auf einen Wirrwarr von Gedankenfetzen, der einem Kopfschmerzen bereitet, wenn man ihm zu lange lauscht.«
    Alisa lächelte schwach. »Gut, du wirst mich hier im Haus finden, wenn du zurückkommst. Glaube aber ja nicht, dass ich dir dann Sörens Gedanken verrate! Das tut man nicht.«
    Franz Leopold verdrehte die Augen. »Ach, Alisa, meinst du, ich bräuchte diesen Umweg, um etwas von deinem Vetter zu erfahren? Doch du kannst beruhigt sein. Es interessiert mich nicht wirklich, was du herausfindest. Viel mehr bin ich daran interessiert, ob es dir gelingt, und vor allem, ob er dich dabei ertappt - wovon ich übrigens ausgehe. Also mach dich schon einmal auf seinen Zorn gefasst. Du bist zwar schon recht gut, aber das ist

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