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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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sich mit einer Jagdtrophäe ein Denkmal setzen oder mit seiner Geschichte Ihren Ruhm als Schriftsteller begründen? Hat Ihnen niemand gesagt, dass Sie mit dieser Suche Ihr Leben in Gefahr bringen? Er ist ein großer Magier und ein gefährlicher Mann, wenn er sich in die Enge getrieben sieht.«
    Bram wehrte ab. »Ersteres ganz sicher nicht! Ich fühlte mich einfach von den Gerüchten, die ich hörte, angezogen. Jagd und Trophäen sind mir fern. Ich sammle viele Geschichten von ungewöhnlichen Phänomenen und von Wesen, die es eigentlich nicht geben dürfte.«
    »Zum Beispiel?«
    »Vampire«, gab Bram zögernd zu und warf dem Perser einen Blick zu, um zu sehen, wie er darauf reagierte. Er nickte nachdenklich.
    »Mein Leben lang sammle ich Geschichten über sie und werde irgendwann ein Buch darüber schreiben.«
    »Von solchen Kreaturen habe ich in Persien gehört, nur scheinen sie mehr in den Karpaten und in Siebenbürgen ihr Unwesen zu treiben. Glauben Sie etwa, das Phantom sei ein Vampir?«

    »Ich weiß es nicht. Sie haben ihn Erik genannt. Woher kennen Sie ihn?«
    »Erik war Hofmagier und Palastbauer des Schahs - oder besser gesagt der Khanum, seiner Mutter. Man sollte nie die Macht der Frauen unterschätzen! Ich selbst habe ihn auf Geheiß der Khanum in Russland auf einem Jahrmarkt aufgespürt und ihn überredet, mit nach Persien zu kommen.«
    »Dann ist das Phantom - Erik - ein normaler Mensch?«
    Der Perser wiegte den Kopf hin und her. »Ein Mensch, ja, ganz sicher, aber normal? Nein, normal in keiner Hinsicht. Er ist in allem außergewöhnlich. In seinen Talenten, in der Brillanz seines Geistes und seines kreativen Schaffens, aber auch in seinem entstellten Äußeren, der Verletzung seiner Seele und der zerstörerischen Wut, die aus dieser herrührt. Er ist ein Engel der Musik und der Baukunst und gleichzeitig ein Dämon des Verderbens, der mehr Menschen auf dem Gewissen hat, als ich mir vorstellen will.«
    Bram schwieg eine Weile. Er musste das Gehörte erst einmal verdauen. »Warum sind Sie hier?«, fragte er schließlich.
    »Er hat mir einen Dienst erwiesen und ich ihm. Leider fiel ich dadurch bei der Khanum in Ungnade und war gezwungen, das Land sehr rasch zu verlassen. Mein Weg trieb mich nach Paris. Vielleicht ist es mein Schicksal, als einziger Freund, den er besitzt, über Erik zu wachen. Zu sehen, dass er sein Versprechen einhält, das er mir gab, und wenn er es bricht, sein Richter und sein Henker zu sein.«
    Bram fühlte einen kalten Schauder über den Rücken rinnen. »Was hat er Ihnen versprochen?«
    »Nur noch aus Notwehr zu töten«, antwortete Nadir schlicht.
    »Warum erzählen Sie mir das alles?«, wollte Bram wissen, als sie den großen Platz vor der Hauptfassade wieder erreichten.
    »Sehen Sie, ich rühme mich einer guten Menschenkenntnis, und Sie scheinen mir nicht der Mann, der eine solche Sache einer mysteriösen Warnung wegen aufgibt. Nein, ich vermute, das hätte Ihren Starrsinn nur angestachelt. Im Laufe meiner Erkundigungen, die ich über Sie einzog, kam ich zu dem Ergebnis, dass nur Offenheit und der Appell an Ihr gutes Herz Sie überzeugen können, von Erik
und seiner Geschichte abzulassen. Schreiben Sie über übernatürliche Phänomene, über Vampire und andere Wesen der Nacht, aber lassen Sie das Phantom im Dunkel des Vergessens, wenn Sie nicht wollen, dass Schreckliches passiert. Man würde ihn jagen und er sich mit allen Mitteln eines in die Enge getriebenen Raubtieres wehren! Ich sage Ihnen, das würde das Leben von Unschuldigen kosten. Können Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren?«
    Bram Stoker fühlte sich wider Willen berührt, doch wollte er sich von diesem Meister der Manipulation auch nicht von seinem Vorhaben abbringen lassen.
    »Wird das Phantom nicht bereits gejagt? Bei meiner Ankunft in Paris hörte ich gar, es sei gelungen, ihn in eine Falle zu treiben und gefangen zu nehmen.«
    Der Perser schüttelte den Kopf. »Diese Information war falsch, wie Sie inzwischen vermutlich selbst wissen. Ja, sie haben Erik mal wieder gejagt und ihre Fallen gestellt, doch die können ihm nicht gefährlich werden. Er weiß ihnen auszuweichen und sich in sein Versteck zurückzuziehen. Es gefällt der Direktion natürlich nicht, diesen unbequemen Gast in der Oper zu haben, der noch dazu jeden Monat Tribut fordert, aber ihre Angst vor ihm ist viel zu groß, um Maßnahmen zu ergreifen, die ihn wirklich in Bedrängnis bringen könnten. Es ist eine Art Gleichgewicht entstanden, das allen

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