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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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nur an frisches, warmes Blut denken würde, daher zog er sich zurück und wandte sich zögernd dem Sarg auf der anderen Seite zu. Er wusste, wen er dort finden würde, und es überraschte ihn nicht, dass es ihm nicht gelang, auch nur einen Gedanken von ihr aufzuschnappen. Dafür bemerkte sie seine Anwesenheit sofort.
    Dir ist es wohl langweilig? Das wundert mich nicht, begrüßte ihn Ivy.
    Du stehst natürlich über solchen Empfindungen, gab er harscher zurück, als er vorgehabt hatte.
    Nein, warum sagst du so etwas? Er fühlte, dass er sie gekränkt hatte, und verspürte das ungewohnte Bedürfnis, es wiedergutzumachen.
    Ich meine doch nur, wir sind noch so jung und ungeduldig. Du dagegen bist …
    … eine alte Frau in der Gestalt eines Mädchens, die bereits einhundert Jahre lang Zeit hatte, sich in Geduld zu üben. Eine Welle von Bitterkeit schlug über ihm zusammen, und ihm war klar, dass er die Sache nur noch schlimmer gemacht hatte.
    Nein, so habe ich das nicht gemeint. Du bist nur stets so beherrscht und ruhig. Das bewundere ich an dir.
    Die Bremsen kreischten. Der Zug wurde langsamer und begann zu ruckeln. Jetzt erst bemerkte Franz Leopold die typischen Gerüche
und Geräusche einer großen Stadt. Er roch die vielen Menschen, die auf engem Raum zusammenwohnten, die Abfälle und die stinkenden Abwässer, die in den Kanälen unter der Straße versickerten. Stimmen wogten um sie herum. Das geschäftige Treiben der Metropole war fast fühlbar.
    Meinst du, wir sind da?
    Ivys Tonfall klang wieder wie immer. Ja, ich glaube, wir haben Paris erreicht und das Warten in der Enge unserer Särge hat ein Ende.

    Die Erben und ihre Begleiter standen am Rand eines abgelegenen Gleises und sahen sich um. Endlich hatten Hindrik und Marieke zugestimmt, dass sie ihre Särge verließen. Zuerst aber hatten alle menschlichen Reisenden am Hauptbahnsteig den Zug verlassen müssen. Arbeiter waren gekommen und hatten den Wagen - wie in den Begleitpapieren angewiesen - abgekoppelt und an den ihm bestimmten Platz geschoben. Als die Menschen endlich verschwunden waren, befreite sich Hindrik aus seiner Kiste und half dann den Erben, seinem Beispiel zu folgen. Sie reckten und streckten sich, stöhnten ein wenig und kletterten dann neugierig aus dem Waggon.
    »Ich nehme an, wir werden von einer Abordnung der Pyras abgeholt«, sagte Hindrik und sah sich suchend um. »Dame Elina hat an die Seigneurs Lucien und Thibaut telegrafiert. Sie müssten also seit gestern Bescheid wissen, dass wir kommen.«
    »Noch ist allerdings keiner da«, stellte Franz Leopold fest, und Hindrik konnte ihm nur zustimmen.
    »Was machen wir jetzt?«, wollte Alisa wissen.
    Hindrik beriet sich kurz mit Marieke, dann sagte er laut: »Wir warten. Bleibt in der Nähe des Waggons und passt auf, dass euch keiner der Arbeiter zu sehen bekommt. Im Moment sind zwar keine Menschen in der Nähe, doch ich weiß nicht, wann sie wieder in diesem Abschnitt zu tun haben werden.«
    Eine Stunde verging. Die Erben schlenderten ein wenig umher und genossen die Nachtluft, auch wenn diese eher rauchgeschwängert als frisch zu nennen war. Maurizios Kater fing ein junges Kaninchen und
brachte es seinem Herrn, der sich hungrig darüber hermachte und dann die Reste des Kadavers Ottavio überließ. Tammo sah neidisch zu ihm hinüber.
    »Ich könnte jetzt auch was gebrauchen.«
    »Wem sagst du das«, stimmte ihm Luciano zu.
    Plötzlich tauchten drei Ratten unter einem Bretterstapel auf. Tammo stieß Maurizio in die Rippen. »Da, ist das nichts für deinen Kater? Wenn er sie alle fängt, bekomme ich eine ab.«
    Maurizio pfiff leise. Der Kater spielte mit den Ohren und duckte sich zum Sprung.
    »Nicht!«, rief Joanne, hechtete vor und bekam den Kater gerade noch am Schwanz zu fassen. Ottavio heulte auf. Er schlug mit ausgefahrenen Krallen nach Joanne, dass er fünf blutige Striemen auf ihrem Arm zurückließ, aber das Mädchen ließ nicht locker. Sie griff mit der anderen Hand nach dem Kater und hob ihn hoch.
    »Was soll das?«, schimpfte Maurizio.
    »Die Ratten sind nicht zu deinem Verzehr bestimmt«, sagte Joanne.
    »Was fällt dir ein? Such dir deine Ratten doch selber, wenn du Hunger hast.« Er riss ihr seinen Kater aus den Händen und drückte ihn an seine Brust. »Du hast ihm wehgetan.«
    »Entschuldige, das lag nicht in meiner Absicht, aber ich musste verhindern, dass er die Ratten am Genick packt und tötet, ehe ich sie mir genau angesehen habe.«
    »Was?« Nicht nur Maurizio starrte die

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