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Die Erben der Schöpfung

Die Erben der Schöpfung

Titel: Die Erben der Schöpfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Anderson
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unterstützen.«
    »Wie das?«
    »Nun ja – Sie sind neu hier, und ich dachte mir eben, wir könnten ein bisschen aufeinander aufpassen.«
    »Ich dachte, Sie hätten das Sagen.«
    »Ich meinte auf Nakamura aufpassen. Zum Beispiel würde ich gern mehr über das Schimpansenprojekt wissen. Ich habe einfach das Gefühl, nur bruchstückhaft informiert zu sein. Wenn Sie nähere Informationen hätten, wäre mir das eine große Hilfe. Es wäre zum Besten der Firma und überhaupt.«
    »Ich soll also Nakamura ausspionieren?«
    »Nein, nein. Darum geht es ganz und gar nicht. Ich wäre nur froh, wenn jemand mit besseren Kommunikationsfähigkeiten an dem Projekt beteiligt wäre und mich über die weiteren Fortschritte auf dem Laufenden hielte.«
    »Das könnte ich wohl tun.«
    »Gut. Gut. Ich hoffe, ich kann Ihnen auch irgendwie behilflich sein. Zögern Sie nicht, zu mir zu kommen, wenn Sie irgendwelche Schwierigkeiten haben – nicht, dass ich mit Schwierigkeiten rechnen würde.« Gegen Ende zu sprach er immer langsamer und bedächtiger.
    Zum Abschied schüttelte er ihr energisch die Hand.
    »Bitte kommen Sie herein, Dr. Kendrick«, sagte Nakamura mit einer leichten Verbeugung.
    Jamie betrat sein Büro, nahm Platz und musste daran denken, wie sehr sich ihr Äußeres vom ersten Mal unterscheiden musste, als sie durchnässt und ramponiert in diesen Raum gekommen war. Auf jeden Fall fühlte sie sich ganz anders. Ihr argwöhnisches, forderndes und aggressives Auftreten war nun von Bescheidenheit und dem Streben danach abgelöst worden, sich eine Position in diesem Labor zu verdienen.
    »Wie hat Ihnen der Rundgang gefallen?«
    »Es war erstaunlich. Sameer wusste ein paar tolle Geschichten. Offenbar war das Schimpansenprojekt bis jetzt äußerst erfolgreich.« Jamie gab sich reserviert und ebenso förmlich wie Nakamura.
    »Ja, allerdings. Umso mehr Grund für uns, die Auswirkungen, die unser Projekt haben könnte, genauestens zu analysieren, ehe wir es weiterverfolgen. Haben Sie sich schon ein paar erste Gedanken gemacht?«
    »Haben Sie ein bisschen Zeit? Also, es hat mich ziemlich erstaunt, wie schnell sich die Schimpansen an einheimische Früchte gewöhnt haben, aber ich glaube, der Anpassungsprozess ist noch nicht beendet. Wenn ich Sameer richtig verstanden habe, müssen die Affen erst noch lernen, zu jagen und Fleisch zu fressen, außerdem essen sie keine Insekten und waren erst einem winzigen Bruchteil der Krankheitskeime, Parasiten und Raubtiere eines völlig anderen Erdteils ausgesetzt. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis ich sie als stabile Population bezeichnen würde.«
    »Aha.« Nakamura sah nachdenklich drein, machte aber keinen Versuch, sie durch Nachfragen in eine bestimmte Richtung zu lenken.
    »Abgesehen von den Gefahren für die Schimpansen selbst, sehe ich auf den ersten Blick einige Auswirkungen auf die Umwelt. Die Hälfte aller Arten auf der Welt lebt im Regenwald. Im Amazonasbecken gibt es auf einem Gebiet von der Größe des Firmengeländes schätzungsweise über dreihundert Arten großer Bäume. Zudem sind die Bäume hier sporadisch verteilt und stehen voneinander isoliert an einzelnen Stellen im ganzen Regenwald. Die meisten dieser Bäume überleben durch Koevolution mit anderen Arten. Für den größten Teil der Obstbäume, von denen sich Ihre Affen ernähren, bedeutet das eine Abhängigkeit von Bestäubern wie Bienen, Schmetterlingen und vor allem Flughunden. Wahrscheinlich gibt es allein im Amazonasgebiet über hundert Arten von Flughunden und Tausende von Vogel- und Mottenarten, von denen sich viele speziell entwickelt haben, um sich von einem bestimmten Baum zu ernähren und ihn zu bestäuben.«
    Jamie sah, wie Nakamura langsam das Interesse verlor, und beschloss, ein Beispiel zu geben. »So verströmt etwa die Euglossine-Orchidee einen Duft, der spezielle Bienen anzieht. Diese Bienen haben Bürsten an den Beinen, mit denen sie die Pollen der Blüte sammeln, die sie jedoch nicht als Futter nutzen, sondern als grundlegenden Teil des Paarungsrituals brauchen. Es ist alles eng miteinander verknüpft.«
    »Und was hat das mit den Schimpansen zu tun?«
    »Betrachten Sie es mal so: Wenn die Affen beginnen, sämtliche Früchte einer bestimmten Baumart zu fressen, sobald sie reif sind, verliert der Baum eventuell die Fähigkeit, den Flughund anzuziehen, der seine Samen über ein weiteres Gebiet verteilt. Dadurch kann sich der Baum womöglich nicht mehr auf geeignetem Boden vermehren, was binnen einer

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