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Die Erben des Terrors (German Edition)

Die Erben des Terrors (German Edition)

Titel: Die Erben des Terrors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes C. Kerner
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nicht mehr möglich, dass man seine Tochter einfach einem Wildfremden zur Verfügung stellt – nein, heute vermietete man sie, gegen Geld. Und das natürlich erst, wenn sie volljährig waren, was dank eines sehr mangelhaften Meldewesens noch weitgehend flexibel ausgelegt wurde. Dennoch wurde es immer schwerer, ein nettes Mädchen für ein, zwei Jahre zu bekommen, aber durch seine alte Freundschaft mit dem Sohn des neuen Stammeschefs von Avatoru, der, wenn man so will, Dzerzhinskys Enkel war, ließ sich da immer noch etwas arrangieren. Wenngleich Célestines Zuhälter, ein unsympathischer neuseeländischer Maori namens Hone, unglaublich viel Geld für sie verlangt hatte.
    „ Gefällt es dir hier?“, fragte er auf Tahitianisch. Nach einem Jahr auf See mit Makutea hatte er genug Tuamotuisch gelernt, um sich ordentlich zu verständigen, und die Unterschiede waren nicht so groß, als dass er sich nicht auch mit anderen Polynesiern unterhalten konnte. Meistens.
    „Was meinst du?“, fragte Célestine etwas verwirrt zurück und sah ihn mit ihren tiefen, braunen Augen an.
    „Ich meine…“, begann Dzerzhinsky, „ich meine…“ – kurz schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, den Funkspruch einfach zu ignorieren, einfach hierzubleiben, mit Célestine, für die er noch drei Monate bezahlt hatte. Aber der Gedanke war unmöglich. Er war zu wichtig, seine Mission war zu wichtig. Die Sowjetunion, auch wenn es sie nicht mehr gab, hatte ihm nicht ohne Grund vertraut, ihm nicht ohne Grund so viel Geld und so viel Verantwortung gegeben, wenn er nicht der richtige Kandidat dafür gewesen wäre. Und Dzerzhinsky hatte sich nicht umsonst freiwillig zum Dienst beim Komitee für Staatssicherheit gemeldet, hatte nicht umsonst Dutzende Stalinisten persönlich zu Tode gefoltert. Nein, er, Grigory Dzerzhinsky, war der richtige Mann für diese Mission, und er würde sie erfüllen.
    Célestine sah den Hass und den Ärger in seinen Augen und zuckte zurück. „War etwas Schlimmes im Radio?“, fragte sie vorsichtig. Sie hatte ja mitbekommen, dass er jede Nacht mit dem alten, kleinen Radio Nachrichten in einer Sprache hörte, die sie nicht verstand. Einer harten, harschen Sprache, die so klang, als würde jedes einzelne Mal der Weltuntergang verkündet. Jedes Mal nach den Nachrichten sah Grigory immer glücklich aus, nur die letzte Woche nicht. Hatte die Stimme den Weltuntergang verkündet?
    „Ja. Nein. Es war jedenfalls etwas Wichtiges im Radio, um das ich mich kü mmern muss. Ich muss nach Amerika.“
    „Ui“, freute sich Célestine, „Amerika!“
    „Amerika ist nicht so toll, wie alle denken“, erklärte Dzerzhinsky streng, obwohl er selbst nie dort gewesen war. Seine Anweisungen waren klar, so klar, wie sie sonst nur Arthur C. Clarke den mysteriösen Außerirdischen – oder Göttern – in dem Film 2010 in den Mund legte: Die ganze Welt steht euch frei – außer Amerika. Hofft, dass ihr dort nie hinmüsst.
    09. August 2013
0° 21’ 20.33” Süd, 121° 51’ 18.02” Ost
300 Meter vor der Küste von Kadidiri, Togian-Inseln, Indonesien
    Die Fühler des größeren der beiden Hummer, die sich trotz des grellen Lichts der Lampe aus ihrer Höhle trauten, wirkten fast einen Meter lang, und das Tier dahinter noch größer. Sutter hörte hinter ihm plötzlich mehr Luftblasen au fsteigen. Das Pärchen, das hier seine Flitterwochen verbrachte, war wohl etwas schwerer am Atmen. Er hingegen atmete in aller Ruhe die trockene Luft aus der Pressluftflasche auf seinem Rücken ein und genoss den faszinierenden Anblick der Tiere.
    Um ihn herum war nur das stille, nachtschwarze Meer, das unendliche Dunkel nur unterbrochen von vier dünnen Lichtstrahlen aus den immer wärmer we rdenden Tauchlampen. Über ihm, sagte ein kleines Display an seinem Handgelenk, befanden sich zwanzig Meter Wasser, unter ihm war ein kleiner Felsvorsprung, dahinter unendliche Tiefe. Unendliche Freiheit, unendliche Ruhe. Sutter brauchte die Entspannung, nach dem, was in Flores passiert war. Er musste seine Gedanken ordnen. Er brauchte Ruhe. Und es gab kaum einen Ort, der weiter weg von allem war als diesen.
    Der Tauchguide, eine attraktive Frau Mitte Dreißig, tippte ihm auf die Schulter und gestikulierte ins dunkle Wasser über dem Abgrund. Sutter drehte sich von den Hummern an der Steilwand weg und leuchtete ins Nichts, wie die anderen drei Taucher auch. Alle starrten in das Dunkel des nächtlichen Meeres. I rgendwer hatte etwas Spannendes gesehen. Wenngleich Taucher

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