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Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Lowe
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konzentrieren. Doch jetzt ist mein Mond fast untergegangen. Wir müssen beide gehen. «
    » Leb wohl, Kind der Sterne. « Die feurige Stimme war voller Bedauern. » Es war schön, dich wiederzusehen, wenn auch nur kurz. «
    » Euch ebenfalls « , antwortete Yorindesarinen. Sie ließ die Flamme wieder ins Feuer zurückfallen. Dabei entstand ein Funkenregen, der bald darauf erstarb. Langsam verschwand der Mond aus dem Sichtfeld. Das Feuer erlosch, als die Heldin nicht mehr zu sehen war. Die goldene Wolke zog sich zusammen, verblasste zu einer Lichtkugel und verschwand dann ebenfalls. Nur die Bäume, die weit entfernten Sterne und ein Kreis aus verbrannter Erde blieben zurück. Nach einer Weile kehrte der weiße, kalte Nebel zurück und bedeckte alles mit seiner Feuchtigkeit. Es war, als ob es die Lichtung und das Feuer nie gegeben hätte.

13 Pfad im Nebel
    Der Nebel war erdrückend. Mond und Bäume waren nicht länger zu sehen. Die vier marschierten auf Yorindesarinens Pfad durch eine leere, kalte Welt ohne jeden Orientierungspunkt, außer dem Glitzern des Silbers vor ihnen. Als Kalan zurückschaute, war von dem Weg, den sie entlanggekommen waren, nichts mehr zu sehen – er war verschwunden.
    » Es gibt kein Zurück durch diesen Nebel « , sagte Jehane Mor. Seit sie die Lichtung verlassen hatten, war sie nicht mehr so abwesend. » Habt keine Angst « , fügte sie hinzu, als Kalan erschauerte. » Ich würde Tarathan auch ohne diesen Pfad zutrauen, den Weg zu finden. «
    » Ich habe keine Angst « , sagte Kalan schnell, obwohl das nicht stimmte. Er hatte das Bild vor Augen, wie er endlos diesem Pfad folgte und in einem ewigen Strudel der Zeit gefangen war. Er runzelte die Stirn und rieb den Ring an seinem Finger. Dieser war wirklich, greifbar, beruhigend. Er kannte zwar den Herold Tarathan nicht, doch er kannte jede Heldengeschichte, die Bruder Belan jemals über Yorindesarinen erzählt hatte: die mächtigste Zauberin, die jemals im Haus der Sterne geboren wurde; die Erwählte von Mhaelanar, angekündigt von der Prophezeiung; der hellste Stern in der langen Finsternis des Derai-Kampfes gegen den Schwarm. Und sie hatte den Chaoswurm getötet; etwas, das von allen für unmöglich gehalten worden war.
    » Sogar über den Tod hinaus « , dachte Kalan, » war Yorindesarinen eine Macht, mit der man rechnen musste. « Er sah erneut zurück und traf auf Jehane Mors ruhigen Blick aus ihren graugrünen Augen. » Ihr habt keine Angst? « , fragte sie. » Ich schon. Das hier ist ein gefährlicher Ort und noch gefährlicher, wenn der Nebel kommt. Der Pfad der Großen Heldin ist wie eine Seilbrücke über unendlichen Tiefen, bei der man auch nicht weiß, wohin ein Fehltritt führen kann. «
    Kalan zitterte und schaute Tarathan an, der voranging. Der Herold schien sich sicher zu sein, wohin er sie führte. Doch es war ein merkwürdiges Gefühl, jemandem, der nicht Derai war, vertrauen zu müssen. Kalan musterte den Ring auf seinem Finger erneut und fragte sich, ob das Ganze nicht ein fantastischer Traum war und ob Ring und Nebel verschwanden, wenn er in seinem engen Bett im Schlafgemach der Novizen aufwachte.
    » Es ist das Geschenk eines Helden « , sagte Jehane Mor leise hinter ihm, » und sollte nicht unterschätzt werden. Besonders dann nicht, wenn Ihr bedenkt, an welchem Ort Ihr es erhalten habt. «
    » Doch wer im Tempelviertel wird mir glauben, wenn ich die Geschichte erzähle? « , fragte Kalan sich. Er wünschte, er hätte den Mut gehabt, Yorindesarinen zu fragen, wer ihr den Ring gegeben hatte und warum und welche Geschichte er hatte. Die Heldin hatte angedeutet, dass der Ring bereits alt war, als sie ihn bekam. Die Geschichte war vielleicht irgendwo in einer modrigen Schriftrolle versteckt. Doch falls sie den Wall verließen, würde er nie die Gelegenheit bekommen, danach zu suchen.
    Falls wir den Wall verlassen … Kalan schüttelte den Kopf und rief sich ins Gedächtnis, was mit den anderen Priestern geschehen war, die versucht hatten, dem Wall der Nacht zu entkommen.
    Malian sagte etwas mit leiser Stimme zu Tarathan, als ob sie versteckte Lauscher im Nebel fürchtete. Kalan rief sich zu Konzentration auf und lauschte. Er versuchte, etwas zu hören, das nicht ihr eigener Atem war, oder die gelegentlich gemurmelten Worte. Lange Zeit hörte er nichts. Doch schließlich bemerkte er ein Flüstern unter der weißen Stille. Der Singsang des Urhebers deutete auf einen Zauberspruch oder Fluch hin. Kalan zog scharf den Atem ein,

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