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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Schultern. Sie verehrten ihn als Helden, seit sie denken konnten; er wusste nicht, womit er diese Ehre verdient hatte. Er wusste auch nicht, was er getan hatte, dass Renata Augustýn ihn quasi als weiteren Sohn in ihrer umfangreichen Kinderschar betrachtete. Die Freundschaft zwischen den Augustýns und den anderen Partnern der Firma, den Khlesls, den beiden Langenfels und der Familie von Vilém Vlach in Brünn, war stets eng gewesen, aber die Beziehung Renatas zu Melchior hatte von Anfang an etwas Besonderesgehabt. Renatas Zuneigung war ihm umgekehrt ein Kleinod – es bedeutete schon etwas, die volle Sympathie einer Frau zu besitzen, die einmal dem Mann, der sie und ihre Familie mit einem Fingerschnippen hätte vernichten können und dies auch angedroht hatte, die volle Windel eines ihrer Kinder ins Gesicht gedrückt hatte. »Wie siehst du überhaupt aus? Voller Dreck und Schlamm …«
    »Sogar dein Hut ist eingesaut«, sagte Filip und bewies damit, dass Melchiors Vorliebe für neue Hüte auch im Haus Augustýn aufgefallen war.
    »Ich musste damit aus einem halb zugefrorenen Weiher Wasser schöpfen, damit ich dem Pferd was zu saufen geben konnte.«
    »Pfui Teufel«, sagte Hanuš mitfühlend. »Das arme Tier.«
    »Renata – wo sind alle? Ich bin heute Nacht über die Mauer geklettert und so schnell ich konnte nach Hause, aber alles war leer. Sogar die Dienstboten …«
    »Wer laufen und ein Gewehr halten kann, hat die Kompanien verstärkt, die von den Adelshaushalten aufgestellt wurden. Seit der Feind gesichtet wurde, sind alle Stadtverteidiger in ihren Sammelstellen kaserniert. Die Alten, die Frauen und Kinder sind in den Kirchen. Euer Haus ist nicht das einzige, das leer steht.«
    »Aber Papa … und Onkel Andrej … sie müssten längst zurück sein von der Reise!«
    Renata legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich weiß es nicht, Melchior. Ich weiß nur, dass irgendetwas nicht stimmt. Wieso hast du dich zur Stadt hereingeschlichen?«
    »Wenn ich der Nachtwache in die Hände falle, bin ich schneller ein Angehöriger irgendeiner Kompanie Colloredos, als ich ›Aber nicht doch!‹ sagen kann.«
    »Willst du denn die Stadt nicht verteidigen?«
    »Selbst wir haben uns einschreiben lassen!«, warf Hanuš ein.
    »Ja, als Boten und Waffenträger!«, schnappte Renata. »Kommt bloß nicht auf dumme Gedanken, ihr zwei!«
    »Wir sind Angehörige der Studentenlegion von Don Juan Arrigia!«
    »Eigentlich befehligt Pater Plachý die Legion, aber er ist zu bescheiden, um es laut zu sagen!«
    »Pater Plachý ist ein Riese. Sie nennen ihn den Schwarzen Popen. Er ist schon jetzt ein Held!«
    »Die Leute glauben, er kann seine Männer kugelfest machen! Melchior, du musst unbedingt bei uns mitkämpfen …«
    Melchior ließ den Kopf hängen. »Ich kann nicht«, sagte er leise. »Deshalb muss ich mir ja meine Freiheit erhalten. Was immer das jetzt noch nützt … Renata, wir sind in einer schlimmen Lage! Ich hatte gehofft, mir Unterstützung von zu Hause zu holen, aber jetzt … ich weiß nicht, was ich tun soll!«
    »Was ist denn passiert?«
    Melchior begann zu erzählen; er versuchte, sich auf die wesentlichen Dinge zu beschränken, doch dann sprudelte alles aus ihm heraus, selbst der Streit mit Andreas und der Schlag, den er ihm versetzt hatte. Es gelang ihm, Karina aus der Geschichte herauszuhalten, aber der Blick, mit dem die alte Witwe ihn musterte, sagte ihm, dass sie vermutlich ahnte, worum es zwischen Andreas und Melchior in Wahrheit gegangen war.
    »Was hattest du denn vor?«, fragte sie, als er zu Ende geredet hatte.
    »Ich wollte so viele Männer wie möglich mitnehmen, das Lager Königsmarcks überfallen und Andreas und seine Familie befreien.« Er erzählte nicht, was ihn die Entscheidung gekostet hatte, den Soldaten und ihren Gefangenen nicht einfach zu folgen, sondern das Vernünftige zu tun und Verstärkung zu holen. Er sah an Renatas mitleidigem Gesicht, dass sie es ohnehin wusste.
    »Keiner der Kompanieführer und erst recht nicht General Colloredo wird dir auch nur einen einzigen Mann überlassen.«
    »Deshalb wollte ich ja zu Hause …« Melchior ballte die Fäuste. »Dabei wäre es möglich. Ich hatte vor, die gestohlenen Tiere auseinanderzutreiben und das entstehende Chaos zu nutzen. Die Schweden hätten geglaubt, dass es sich um einen Angriff handelt. Keiner hätte doch damit gerechnet, dass es nur um die Gefangenen geht.«
    »Gestohlene Tiere?«
    »Die Soldaten haben offenbar die ganze Umgebung geplündert

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