Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
auch gerettet, Freundchen«, sagte sie. »Meine zwei Küsse bekommst du gleich.« Sie drückte dem überraschten Mann zwei Küsse auf die Wangen. »Und dass du meine Tochter gerettet hast, hat selbstverständlich auch eine Belohnung verdient.« Er erhielt zwei neue Küsse. Die anderen Reiter, die näher gekommen waren, pfiffen und klatschten. Der Reiter machte eine übertriebene Verbeugung und zwinkerte Agnes dann zu.
»Du hast dir gerade einen Freund fürs Leben gemacht«, knurrte Alexandra.
»Kann man immer brauchen«, erwiderte Agnes.
Alexandra wandte sich an den Offizier mit den dunklen Augen. »Wer sind Sie?«, fragte sie erneut.
»Das sind Samuels Gespenster, mein Fräulein«, erwiderte eine neue Stimme vom Waldrand. Sie troff förmlich vor Verachtung und hatte einen sächsischen Akzent. Alexandra drehte sich überrascht um. Lautlos waren am Waldrand mindestens zwei Dutzend Berittene erschienen, ausgerüstet mit Kürassen, blitzenden Helmen, Lanzen und Pistolen. Ihr Anführer hielt eine Pistole in die Höhe und zielte auf den Offizier mit den dunklen Augen. »Ich würde sagen: Gut gemacht, Brahe, aber angesichts der Umstände verkneife ich mir das. Lieutenant Wrangel, êtes-vous bien? «
»Oui, mon colonel …« Der junge schwedische Offizier sah verwirrt von den neu aufgetauchten Reitern zu seinen Rettern und zurück.
»Und wer sind Sie?«, fragte Alexandra.
»Ehemals sächsisch-weimarisches Leibregiment von Herzog Bernhard«, schnarrte der Mann. »Jetzt im Dienst Ihrer Majestät der Königin von Schweden.«
»Aber dann sind Sie doch Verbündete?«
Der Reiteroberst lachte. Alexandra sah dem Offizier, der vor ihr stand, ins Gesicht. Er gab ihren Blick unbewegt zurück. Auf einmal konnte sie in den dunklen Augen ganz deutlich lesen: Du und ich, wir kennen den Schmerz, nicht wahr? Den Schmerz, der aus dem Verlust dessen kommt, was uns am meisten bedeutet hat … Sie schluckte.
Die Neuankömmlinge schwärmten aus und trieben die grün-türkisfarbenen Soldaten zusammen. Fassungslos sah Alexandra zu, wie ihnen die Waffen abgenommen wurden. Jemand bückte sich und riss dem toten Musketier achtlos die Waffe aus den Armen.
»Diese Männer«, rief der Reiteroberst, »haben keine Verbündeten, noch nicht mal in der Hölle.«
Er trieb sein Pferd vom Waldrand herab, stieg ab und schritt an Alexandra vorbei. Als er dem schwedischen Offizier gegenüberstand, streckte er die Hände aus. Der Offizier drückte ihm die beiden Pistolen hinein. Der Reiteroberst nahm sie an und gab sie weiter, als hätte er etwas unsagbar Schmutziges angefasst. Auch das Rapier wurde auf die gleiche Weise übergeben.
»Sie haben diese Männer ausgeschickt, um den jungen Burschen zu befreien«, sagte Alexandra hitzig. »Sie haben sie in den Kampf gegen eine dreifache Übermacht gesandt, obwohl Sie mit einem halben Heer dort unter den Bäumen versteckt waren und jederzeit hätten eingreifen können! Sie sagen, Sie stehen im Dienst der schwedischen Königin. Was soll das Ganze?«
»Mein Fräulein«, sagte der Reiteroberst herablassend, »das verstehen Sie nicht.«
»Ich bin Samuel Brahe«, sagte der Offizier mit den dunklen Augen plötzlich. Sein Blick brannte sich in Alexandras Herz hinein. »Der Mann, der die zwei Küsse von Ihnen wollte, ist Alfred Alfredsson. Die anderen sind meine Kameraden. Wir sind alles, was von den Småländischen Reitern noch übrig ist.«
»Halten Sie den Mund, Brahe!«, schnappte der Reiteroberst. »Småländische Reiter – pah! Sie und Ihre Männer sind Abschaum, nichts weiter. Los, führt sie ab. Lieutenant, suivezmoi. Nous vous escortons à votre oncle. Pour vous la guerre est finie .«
»Aber die Soldaten, die mich gerettet haben …«
»Kümmern Sie sich nicht um sie. Sie sind bereits tot.« Der Reiteroberst wandte sich an Alexandra. »Wohin wollen Sie?«
»Nach Würzburg …«, stotterte Alexandra.
»Wir sind gut in der Zeit. Wir geben Ihnen bis morgen Geleit. Einverstanden?«
»Natürlich. Aber …« Sie sah den Männern hinterher, die ihrer kleinen Gruppe und Erik Wrangel das Leben gerettet hatten und die abgeführt wurden wie Verbrecher. Ihr schwirrte der Kopf. »Was haben sie denn Schreckliches getan?«
Samuel Brahe drehte sich zu ihr um, aber der Reiteroberst antwortete für ihn. »Sie haben König Gustav Adolf von Schweden auf dem Gewissen.«
8.
Um vom Kloster Raigern nach Würzburg zu gelangen (und auf eine Wenzel selbst noch nicht klare Weise Alexandra zu unterstützen), führte der
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