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Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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Konstabler auf dich ansetzen, ganz bestimmt. Du kannst nicht einfach hereinschneien, sie nehmen und verschleppen, nur weil du das gerne willst.“
    Da begriff sie schlagartig: Titus hatte Emily nicht fortgeschickt. Und wenn sie trotzdem verschwunden war, dann …
    Jane konnte nicht anders. Sie war in den vergangenen zwei Tagen außer sich vor Sorge gewesen. Sie hatte vorgetäuscht, dass sie durchgebrannt war, war entführt und schließlich gerettet worden. Sie war durch halb England gereist, weil sie glaubte, dass die Zukunft ihrer Schwester auf dem Spiel stand. Sie war eine ebenso große Närrin wie Titus. Sie brach in Gelächter aus.
    „Hör auf“, verlangte ihr Onkel. „Und übergib mir unverzüglich deine Schwester, oder ich … ich …“ Da ihm keine angemessene Drohung einfallen wollte, betrachtete er sie aus zusammengekniffenen Augen. „Oder ich werde höchst ungehalten sein.“
    „Ich habe Emily nicht“, erklärte Jane. „Ich bin nur hier, weil ich dachte, Sie hätten sie in eine Irrenanstalt einweisen lassen.“
    Er wurde noch röter. „Warum … äh, warum solltest du das denken? Ich jedenfalls … nun, ich … was ich sagen will … Ich habe sie von Ärzten untersuchen lassen, um zu klären, ob das möglich wäre. Sie benahm sich so … anders. Weniger ausgelassen. Ich habe mir Sorgen gemacht, dass sie der Melancholie verfällt, und habe verschiedene Möglichkeiten erwogen.“
    „Hören Sie sich nur selbst zu. Sie schreit Sie an, und Sie halten sie für ungehorsam. Sie hört damit auf, und Sie glauben, sie litte an Melancholie. Hat sie irgendeine Chance? Nein.“
    Sein Gesicht verfärbte sich weiter. „Ich wollte bloß sichergehen, dass sie nicht unbehandelt bleibt. Ja, ich habe mit ein paar Ärzten gesprochen, und ja, einer von ihnen hat gesagt, er sei willens, ihr eine Einweisung auszustellen, wenn ich genug Geld …“ Er räusperte sich umständlich. „Aber die anderen beiden sagten, sie wirke ganz vernünftig.“ Vielleicht merkte Titus, dass er Einzelheiten eines Plans verriet, der kein gutes Licht auf ihn warf. Er schüttelte den Kopf. „Was ich sagen will … es ist alles deine Schuld. Dein Einfluss. Du hast das getan. Und du hast sie. Du kannst mir nicht weismachen, dass dem nicht so ist.“
    „Emily hat sich selbst“, erwiderte Jane. „Das war schon immer so. Das ist es, was daran so komisch ist – dass ich den ganzen Weg hergekommen bin, um sie zu retten, und …“
    Titus deutete mit der Hand auf sie. „Du behauptest, deine Schwester ist ganz allein weggelaufen? Auf ihren eigenen Füßen ohne irgendwelche Ermutigung deinerseits?“ Er wirkte nicht überzeugt.
    „Warum nicht?“, fragte Jane. „Ich habe genau dasselbe getan, und sie ist fast in meinem Alter.“
    „Aber du …“
    „Ja, ich habe Geld. Aber soweit ich weiß, hast du die einhundert Pfund nicht gefunden, die ich ihr gegeben hatte. Ich kann mir denken, dass sie sich eine Kutsche gemietet oder den Zug genommen hat.“
    „Ich wollte gar nicht auf Geld hinaus. Ich habe auf die Tatsache angespielt, dass du normal bist.“
    Jane spürte, wie ihr der Geduldsfaden riss. Sie durchquerte das Zimmer, bis sie direkt vor ihm war. Sie war größer als er. Warum war ihr das vorher nie aufgefallen? Vermutlich weil sie nie so dicht vor ihm gestanden hatte, vor Abneigung bebte. Sie schlug ihm mit beiden Händen auf die Brust.
    „Emily“, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen, „ist normal. Sie hat Anfälle, das ist alles. Johanna von Orleans hatte auch Anfälle, und man muss sich nur ansehen, was sie dennoch erreicht hat. Der Einzige, der nicht ganz richtig ist, sind Sie, weil Sie das nicht begreifen.“
    „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“
    „Wenn wir Emily finden, werden Sie erkennen, dass sie unversehrt ist. Dass sie einen Plan hatte. Dass sie angesichts Ihrer Verbohrtheit vernünftig gehandelt hat.“ Jane schüttelte den Kopf. „Gütiger Himmel, Sie haben versucht, sie für geistig unzurechnungsfähig erklären zu lassen, indem Sie Ärzte bestechen. Von allen widerlichen, schmutzigen Tricks, die …“
    Ihr fiel in letzter Sekunde ein, dass sie sich nicht aufs hohe Ross schwingen sollte, wenn es um das Bestechen von Ärzten ging, daher starrte sie ihn einfach finster an.
    „Vernünftig.“ Titus seufzte. „Sie kann nicht vernünftig sein. Ich habe nur eine Nachricht von ihr erhalten, dass sie sich mit ihrem Anwalt treffen will. Ihrem Anwalt . Sie hat keinen Anwalt. Ich wüsste es, wenn dem so

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