Die Erbin und ihr geliebter Verraeter
andere eine Last war?
Sie erreichte die Gewächshäuser und ging zum Wüstenraum. Sie öffnete die Tür und hoffte, dass sie in der Erinnerung übertrieben hatte, wie viel Schaden Bradenton angerichtet hatte. Aber nein. Die arme kleine Pflanze lag immer noch in Stücken. Bradenton hatte so fest zugeschlagen, dass sie bis zur Wurzel aufklaffte.
Aber es war kein Schandfleck oder eine Seuche. Es war einfach nur eine Pflanze, die es nicht verdiente zu sterben.
Jane wusste nicht, wie sie vorgehen sollte, wie sie die Person, zu der sie geworden war, neu erschaffen sollte. Sie würde nie wie Geraldine oder Genevieve sein, mit geschliffenen Manieren und makelloser Haut. Sie würde immer zu viel reden, die falschen Sachen sagen, die falsche Kleidung tragen. Aber vielleicht …
Vielleicht konnte es sich wirklich ändern. Zumindest ein wenig.
Und sie wusste, was sie als Erstes tun musste.
J ANE KLOPFTE AN DREI Türen, bevor eine geöffnet wurde.
Hinter dem Türrahmen sah Jane einen verglasten Raum und winzige Kunststofftöpfe mit kleinen Sämlingen. Eine Frau in einem dunklen Kleid, über dem sie eine marineblaue Schürze trug und deren Hände in dreckverschmierten Gartenhandschuhen steckten, stand in der Tür. Sie hatte die Augenbrauen hochgezogen, während sie Jane betrachtete. Sie sah Janes Kleid – grelles Orange, abgesetzt mit Creme und einem Muster aus pausbäckigen Engelchen auf dem Rock –, und ihre Augenbrauen hoben sich noch ein wenig weiter.
„Nun?“, sagte die Frau. „Was wollen Sie?“
„Es tut mir leid, Sie zu stören“, antwortete Jane. „Aber ich bin durch die Gewächshäuser gegangen und … da ist dieser Kaktus. Ihm ist irgendetwas passiert.“
Die Frau wirkte nicht beeindruckt. „Es ist ein Kaktus“, stellte sie fest. „Sie sehen üblicherweise so aus, als seien sie halbtot. Das ist ganz normal.“ Sie begann, die Tür wieder zu schließen.
„Nein, warten Sie“, widersprach Jane. „Er ist kaputt. Fast als ob ein Junge mit etwas auf ihn eingeschlagen hätte.“
Die Frau hob den Blick und seufzte. „Oh, also gut. Vielleicht sollte ich es mir mal ansehen.“ Sie drehte sich um und durchsuchte die Gegenstände auf einem Metallregal, bis sie einen kleinen Topf fand, eine Blumenschere und ein weiteres Paar Handschuhe. „Kommen Sie. Wir werden uns den Kaktus mal ansehen.“
Jane lief durch den Gang. Sie hatte erwartet, einen alten grauhaarigen Gärtner anzutreffen oder einen jungen Mann mit schwieligen Händen und breitem Akzent. Aber diese Frau mit ihrer kultivierten Stimme und dem steifen Stoff unter ihrer Arbeitsschürze schien eine vornehme Dame zu sein.
„Ich bin überrascht“, erklärte Jane. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Botanischen Gärten eine Dame einstellen würden.“
„Einstellen?“ Die Frau schnaubte. „Seien Sie nicht albern. Ich tue das ehrenamtlich.“
Sie hatte keinen Satz mit mehr als einer Handvoll Wörtern von sich gegeben und schien ganz allgemein nicht sonderlich gesprächig zu sein. „Natürlich“, sagte Jane. „Verzeihen Sie.“ Sie war sich nicht sicher, wofür sie sich entschuldigte. „Es ist hier drin.“
„Ich weiß“, erwiderte die Frau. „Es gibt nur ein Gewächshaus für Wüstensukkulenten.“ Mit diesen Worten betrat sie den Raum. In ihrem Arbeitskittel erinnerte sie Jane an eine Krankenschwester – mit Schürze und Handschuhen gerüstet und bereit, jegliches Übel zu beheben. Ihr Blick fiel auf die Pflanze, die Bradenton zerstört hatte. Die Mitte war komplett zerquetscht, und die kleinen dornigen Tentakel lagen abgetrennt uns sie herum.
Die Dame blieb stehen. „Oh“, rief sie mit viel sanfterer Stimme und ohne die stählerne Strenge, mit der sie mit Jane gesprochen hatte. „Du armes kleines Ding.“
Beinahe zärtlich räumte sie den Tontopf zusammen und untersuchte vorsichtig die Bruchstücke des Kaktus.
„Können Sie ihn retten?“, erkundigte Jane sich.
„Es ist ein Kaktus“, antwortete die andere Frau leicht geistesabwesend. „Die wachsen in der Wüste. Sie haben sich so entwickelt, dass sie glühende Sonne und schneidende Sandstürme aushalten.“ Sie klang fast ein wenig stolz. „Man kann einen Kaktus töten, aber dazu muss man sich ernsthaft Mühe geben – permanente Überwässerung und Ähnliches. Dieses bisschen Vandalismus?“ Sie zuckte die Achseln. „Das dient lediglich der Vermehrung.“
Damit füllte sie eine Handvoll Sand in den kleineren Topf, den sie mitgebracht hatte. Sie stutzte den
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