Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
Vom Netzwerk:
gab es an ihrem schweren Abendkleid praktisch nichts auszusetzen. Ja, an ihren Handgelenken glitzerten Edelsteine, und der Brokat an ihrem Saum war ein wenig zu bunt. Aber die Überfrachtung war leicht gedämpft, verwandelte sie von ‚einfach unmöglich’ zu ‚einfach nur etwas zu überschwänglich’.
    Bradenton kehrte mit einer Limonade an ihre Seite zurück. Sie nahm sie, und als er ihr den Arm bot, nahm sie auch den. Oliver beobachtete, wie der Mann sie, einem nach dem anderen, mit seinen Verbündeten bekannt machte – Canterly, Ellisford, Rockway. Er ratterte die Namen so rasch herunter, dass niemand imstande gewesen wäre, sie zu behalten. Jane war jedoch vorgewarnt und hatte sie sich vorher eingeprägt. Sie begrüßte jeden höflich mit seinem Namen. Sie lächelte. Und – ja, sie war nicht perfekt. Ihr unterlief ein Fehler mit Lord James Wards Titel – er war Lord James, da sein Vater Herzog war, nicht Lord Ward –, aber eine von den Johnson-Zwillingen, die neben ihr stand, machte sie flüsternd darauf aufmerksam, und sie wurde rot und entschuldigte sich ganz reizend.
    Er konnte sie fast als eine von ihnen sehen. Fast, wenn er die überlangen Blicke nicht berücksichtigte, die die anderen Frauen ihr zuwarfen. Wenn er sich weigerte, zuzugeben, dass ihre Stimme alle anderen übertönte.
    Man setzte sich zum Dinner.
    Sie unterbrach keine Unterhaltungen bei Tisch oder machte unpassende Bemerkungen über die Kleidung von irgendwem. Die Zwillinge redeten fast so viel wie sie.
    Am Ende war es Lord James, der das Gespräch auf Politik brachte.
    „Also“, sagte er. „Ich hatte einen Besuch der Countess of Branford. Sie teilte mir mit, die Frauen hätten ausgerechnet über das Gesetz gegen die Ausbreitung ansteckender Krankheiten gesprochen.“
    „Na, na“, erwiderte Bradenton und hob tadelnd einen Finger. „Sehen Sie sich um.“ Er neigte seinen Kopf einen Zoll nach links, zu den Johnson-Zwillingen.
    Die Diskussion politischer Themen war in Gesellschaft nicht immer gern gesehen, aber in einer Gruppe wie dieser – Männer, die über wenig anderes nachdachten – war es unausweichlich. Mehr als die Hälfte der anwesenden Frauen waren Gattinnen oder Schwestern von Politikern und an solche Themen bei Tisch gewöhnt.
    Lord James blinzelte verwundert. „Es tut mir leid, Mylord“, sagte er schließlich. „Ich hatte gedacht, Miss Johnson … Aber es ist nicht wichtig.“
    „Oh“, unterbrach ihn Miss Fairfield, zwei Plätze weiter am Tisch. „Bitte hören Sie nicht unseretwegen auf. Ich würde so gerne die Meinung von Ihnen allen hier wissen. Angefangen mit Ihrer, Lord Bradenton.“
    Bradenton schaute auf. Oliver konnte fast sehen, wie er die Sache abwog. Er strich sich übers Kinn. Einmal, dann noch einmal.
    „Tun Sie Miss Fairfield den Gefallen“, sagte Oliver mit einem Heben seiner Augenbraue zu Bradenton.
    Der lächelte breit nach einem kurzen Moment des Zögerns. „Natürlich“, sagte er. „Wir wissen alle, wie ich dazu stehe – dass die Verabschiedung des Gesetzes durchgezogen werden muss, wie schlimm die Konsequenzen auch sein mögen, und ich nehme an, darin sind wir uns alle einig. Aber warum weihen Sie uns nicht in Ihre Meinung zu dem Gesetzesvorhaben ein, Miss Fairfield? Ich bin sicher, Sie haben eine Menge dazu zu sagen.“
    „Oh ja“, erwiderte Miss Fairfield. „Allerdings. Ich glaube, wir sollten den Geltungsbereich des Gesetzes ausweiten. Radikal.“
    Bradenton blinzelte und schaute sie an. Der gesamte Tisch lauschte in schockiertem Schweigen.
    „Wie radikal schwebt Ihnen vor?“, wollte Lord James wissen.
    Canterly nickte. „Sie möchten es auf mehr Städte ausdehnen? Oder würden Sie, äh, Verdachtsfälle länger einsperren? Oder …“ Er brach ab und schaute zu Jane und den beiden Schwestern unweit von ihr an der Tafel.
    Bradentons Lächeln wurde noch breiter, vielleicht, weil er dachte, er würde Olivers Plan kennen. Verleite sie dazu, über sexuelle Themen zu reden. Bringe vielleicht auch ein Gerücht in Umlauf. Der Klatsch wäre nicht mehr aufzuhalten oder zu bändigen. Jungfräuliche Damen beteiligten sich schlicht nicht an Gesprächen über das Vorhaben der Politik, Prostituierte einzusperren. Das verärgerte Gerede über Miss Fairfield würde in helle Empörung umschlagen.
    „Es ist doch ganz einfach“, erklärte Jane. „Ich weiß genau, wie man es machen muss. Statt die Frauen einzusperren, die im Verdacht stehen, krank zu sein, sollten wir alle Frauen einsperren. Auf

Weitere Kostenlose Bücher