Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
Vom Netzwerk:
wurden schmal. „Das haben Sie falsch verstanden.“
    Ihr gegenüber schloss Hapford die Augen. „Es tut mir leid, Onkel.“ Seine Stimme war leise.
    „Was?“, fragte Bradenton.
    „Es tut mir leid“, wiederholte Hapford lauter. Unter seinen Fingern hatte er seine Serviette zu einem Ball zerknüllt. „Aber ich denke nicht, mein Vater würde wollen … ich denke nicht, er würde wollen …“ Er brach ab. „Miss Fairfield spricht die Wahrheit. Ich war dabei, als der Marquis Mr. Marshall sein Angebot machte. Sie haben ihm exakt das angeboten, was sie gesagt hat – Ihre Stimme, Ihren Einfluss, um die Männer hier dazu zu bringen, ebenfalls dafür zu votieren, wenn er Miss Fairfield auf ihren Platz verweist.“ Er schluckte. „Mir hat das damals schon nicht gefallen, und daran hat sich nichts geändert.“
    Das Schweigen dehnte sich aus, bedrohlich wie fernes Donnergrollen.
    Hapford atmete aus. „Als mein Vater mir auf seinem Sterbebett vorschlug, Ihre Bekanntschaft zu suchen, meinte er sicher nicht, dass ich mich einer Gruppe engstirniger Machtmenschen anschließen soll, die Frauen verletzen wollen. Er hat Sie mir als Gruppe Männer genannt, die ernsthaft an Englands Wohl und Wehe interessiert sind.“
    „Ja“, sagte Ellisford schließlich und wandte sich betont von Bradenton ab. „Da haben Sie recht. So habe ich uns auch immer gesehen.“
    „Dann können wir vielleicht Mr. Marshall zuhören, ohne von ihm zu verlangen, einen so hohen Preis zu zahlen.“

    „S IE HABEN MICH ÜBERZEUGT “, teilte Ellisford Oliver ein paar Stunden später mit. „Ich bin sehr froh, dass wir dieses Gespräch geführt haben. Ich hätte mir nie vorstellen können …“
    Sein Blick glitt nach links. Die Herren saßen bei Zigarren und Portwein in der Bibliothek. Bradenton war der Einzige, der weiterhin schwieg. Er hatte den ganzen Abend voller Wut vor sich hingekocht: während des restlichen Dinners, während der Gespräche, nachdem die Männer und die Frauen sich getrennt hatten. Es war nur gut, dass er stumm blieb. Niemand schien erpicht darauf, mit ihm zu reden, obwohl er der Gastgeber war.
    „Mir geht es ebenso“, sagte Oliver. „Und wir werden uns in London noch einmal darüber unterhalten.“
    „Selbstverständlich.“
    Bradentons Schweigen legte beredt Zeugnis ab, wie beleidigt er war, aber niemand achtete auf ihn.
    Oliver hatte gewonnen. Nicht Bradentons Stimme – die würde er nie bekommen –, aber alles, was er gewollt hatte. Die Stimmen von Bradentons Kreis. Seine eigene Integrität. Er konnte es sich leisten, großzügig zu sein – und in diesem Fall bedeutete Großzügigkeit, ihn ungestört schmollen zu lassen.
    „Nun“, sagte Oliver, „sollen wir zu den Damen zurückkehren?“
    Alle waren einverstanden. Aber als Oliver aufstand, ergriff Bradenton schließlich das Wort. „Sie nicht, Marshall“, knurrte er. „Sie und ich haben noch etwas zu besprechen.“
    „Selbstverständlich“, erwiderte Oliver so freundlich, wie es ihm möglich war. Alle anderen gingen, nur wenige schauten dabei zurück. Seltsam, aber das Feuer schien schwächer zu brennen, als sie gingen, und die Schatten auf den Möbeln schienen zu wachsen, jetzt, da es keine angenehmen Gespräche mehr gab, um die Leere zu füllen.
    „Sie halten sich wohl für sehr klug“, fuhr Bradenton ihn an, sobald sie allein waren.
    „Ich? Ich habe doch so gut wie gar nichts gesagt.“
    „Sie wissen, was ich meine. Aber Sie können nicht gewinnen.“ Bradenton stand auf und ging zum Kamin. „Sie können nicht gewinnen“, wiederholte er.
    Oliver verzichtete darauf hinzuweisen, dass er genau das getan hatte.
    „Sie können nicht gewinnen“, sagte Bradenton ein drittes Mal, wandte sich mit zorngerötetem Gesicht zu Oliver um. „Sie können vielleicht hier und da ein paar unbedeutende Siege erringen, aber das ist, was es bedeutet, Sie zu sein. Dass Sie nie aufhören können, es zu versuchen. Jeden Zoll Boden, den Sie gewinnen, müssen Sie permanent verteidigen, um ihn nicht wieder zu verlieren. Und was mich betrifft?“ Er breitete die Arme aus. „Ich bin ein Marquis. Egal, was Sie heute erreicht haben, Sie haben wochenlang mit der Idee gespielt zu tun, was ich von Ihnen verlangt habe.“
    „Das stimmt.“
    „Männer wie ich? Ich bin selten. Ich bin zum Sieger geboren. Was ich habe, kann nicht weggegeben und mir nicht genommen werden. Was sind Sie? Sie sind einer von Tausend Männern, die wie Sie sind. Einer von Zehntausend. Gesichtslos. Stimmenlos.

Weitere Kostenlose Bücher