Die Erbin und ihr geliebter Verraeter
haben wir … drei Wochen, die wir uns kennen? Es ist nicht möglich, sich in so kurzer Zeit zu verlieben. Ich will dich nicht einmal heiraten.“ Sie rieb sich die Wangen und zerknüllte sein Taschentuch. „Das will ich nicht. Ich möchte nur etwas, worauf ich mich am Ende dieser langen Zeit freuen kann.“
Er konnte das nicht sein.
„Aber du hast recht“, sagte sie. „Ich weiß, dass du recht hast. Ich kann mir nicht vorstellen, eine von ihnen zu sein. Ich habe gerade erst herausgefunden, wie ich wirklich bin. So bald wieder mit einer Verstellung zu beginnen … Nein. Das will ich auch nicht.“ Sie schaute ihm in die Augen. „Also ist dies das Ende.“
Nein.
Oliver hatte sie nicht losgelassen. „Die nächsten Monate werden nicht einfach für dich werden.“
„Nein, vermutlich nicht. Aber ich habe bislang überlebt, und ich werde das wohl auch weiterhin tun.“
„Wenn du mich brauchst, lass es mich wissen. Ich werde kommen.“
Sie blinzelte, schaute zu ihm auf, krauste verwirrt die Stirn. „Warum?“
„Ich sollte sagen, es wäre, weil ich in deiner Schuld stehe. Eines Tages wirst du erkennen, was für einen gewaltigen Gefallen du mir heute getan hast.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich würde sagen, dass ich dir etwas schulde. Aber das ist nicht der Grund, warum ich es dir angeboten habe. Die Wahrheit ist vielmehr, dass es mir eine Freude sein wird, an deiner Seite zu sein, wenn du mich brauchst.“
„Du wirst verheiratet sein.“
Daran wollte er lieber nicht denken.
„Ich werde ihr nicht untreu sein, Jane, aber eine Ehe kann Freundschaft nicht auslöschen. Und egal, was wir einander sonst gewesen sein könnten, wir sind Freunde.“
Das Schweigen zwischen ihnen wirkte so weich wie Samt und doch auf dunkle Weise gefährlich. „Was wir hätten sein können?“
Sie wussten beide die Antwort darauf. Aber wenn er es laut ausspräche, würde er ihm Leben geben. Er würde es real machen. Es von einem körperlosen Wunsch zu einer greifbaren Möglichkeit verändern.
Stattdessen legte er einen Daumen auf die Kuhle an ihrem Halsansatz. Ihr stockte der Atem, als habe er ihn mit seiner Berührung unterbrochen. Er fuhr mit den Fingerspitzen aufwärts, über ihren zarten Hals nach oben. Er spürte, wie sie schluckte.
Als sein Daumen ihre Lippen erreichte, schmerzte er überall. Diese mögliche Zukunft, die er sich weigerte, in Erwägung zu ziehen, füllte ihn aus. Sie drängte gegen seine Haut, verlangte, herausgelassen zu werden.
„Dies“, flüsterte er und beugte sich vor. „Dies, unmögliches Mädchen.“
Sie machte einen unverständlichen Laut tief in der Kehle, als ihre Lippen sich berührten.
Er konnte ihre Vergangenheit nicht ändern. Er weigerte sich, auf seine Zukunft zu verzichten. Damit blieb ihnen nur die Gegenwart: die Wärme ihres Kusses, der süße Geschmack von etwas, was hätte sein können … und die Bitterkeit einer Liebe, die nicht sein würde.
Sie erwiderte den Kuss, erst mit den Lippen und schließlich mit der Zunge. Sie küsste ihn, bis er nicht mehr sicher war, wer küsste und wer den Kuss erwiderte. Der Kuss nahm ein eigenes Leben an, toste durch sein Blut. Als ob er, wenn er sie nur heftig genug küsste, Zukunft und Vergangenheit vergessen und ewig in der Gegenwart verweilen könnte.
Er löste sich von ihr, bevor diese unmögliche Zukunft allzu vorstellbar werden konnte.
Jane schaute ihn aus weit aufgerissenen Augen an. „Ich hasse deine zukünftige Frau“, erklärte sie schlicht.
„Im Augenblick hege ich auch nicht unbedingt freundliche Gefühle für sie.“
Sie legte ihm die Hände auf die Schultern und küsste ihn erneut. Dieses Mal jedoch überwältigte der Kuss nicht, er erinnerte. Es war das letzte Mal, dass er ihre Lippen spürte, ihren Atem fühlte. Es war das letzte Mal, dass er ihren Körper an seinen presste. Dies war das Ende, und sie wussten es beide.
Schließlich löste er sich von ihr.
„Wenn du mich jemals brauchst, Jane …“ Diese Worte klangen leicht heiser.
Sie atmete scharf aus. „Danke. Aber das werde ich nicht. Ich bin stark.“
„Ich weiß. Aber …“ Er schluckte und schaute weg. „Niemand sollte sich allein fühlen. Selbst wenn du mich nicht brauchst und nicht um meine Hilfe bittest, sollst du wissen, dass ich kommen würde. Dass egal, wie schwierig die Dinge auch sind oder was immer du ertragen musst, du nicht allein bist. Ich kann nichts anderes für dich tun.“ Er streckte die Hand aus und strich ihr mit dem Finger über
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