Die Erfinder des guten Geschmacks
Serie Grand Livre de Cuisine d’Alain Ducasse , die jedes Rezept der verschiedenen Häuser in bislang unerreichter Präzision und Detailfülle darstellt.
»Kochen«, sagt Ducasse, »ist Handwerk. Und Handwerk kann man lernen und planen.« Oder: »Gute Küche, das sind 95 Prozent Arbeit und vielleicht fünf Prozent Genie.« Oder wieder anders ausgedrückt: »Meine Küche sind 60 Prozent gute Zutaten und 40 Prozent Arbeit.« Die fünf Prozent Genie sind zwischen den beiden Sätzen verschwunden.
Das ist der Schlüssel zum Ducasse-Imperium: jedes Rezept, jeden Arbeitsgang im Restaurant zu wiegen, zu messen und zu vermitteln, damit er auch in Abwesenheit des großen Chefs exakt ausgeführt werden kann.
Steht der Meister tatsächlich einmal in Paris oder Monaco in der Küche, wirkt er wie ein Dirigent. Eine präzise Handbewegung, ein kurzer Befehl: »Wasser kocht«, »Temperatur kontrollieren«, »Saucenfleck am Tellerrand«. 20 kurz geschorene Gestalten in Weiß quittieren jedes Wort mit einem deutlich hörbaren Oui, chef – ansonsten hört man keine Dialoge. Ein wenig erinnert die Profiküche an ein Trainingscamp für Elitesoldaten. Abgeschlossen wird der Dienst von einem stundenlangen Putzgang, der auch Lüftungsroste nicht ausspart.
»Ich muss nicht am Herd stehen, ich ziehe es vor, meine Teams auszubilden und zu motivieren.« Wie ein Lektor redigiertder Meister jedes Rezept, das ihm seine Mitarbeiter vorlegen. »Wer kochen kann, erkennt schon beim Lesen, ob das alles schmeckt oder der Koch zu viel Öl in die Pfanne gibt.«
Diese Küchen-Präzision praktiziert Ducasse auch in seinem Leben. Geschäftstreffen beginnt er oft mit der Ansage, wie viel Zeit ihm zur Verfügung steht. Small Talk gibt es höchstens, wenn die Gesprächspartner unter ihrem Zeitlimit bleiben. Nie lässt er sich vom Handy unterbrechen: »Ich habe weder Zwänge noch Verpflichtungen. Aber ich muss, wenn es wirklich zählt, im richtigen Moment am richtigen Ort sein.« Wo der richtige Ort ist, in welchem seiner Lokale Ducasse tatsächlich den Abend verbringt, wissen nur seine engsten Mitarbeiter, aber nie der Gast. Kollegen haben ihn deshalb scherzhaft zum »ersten virtuellen Koch« ernannt. Er selbst zieht den Ausdruck »erster moderner Koch« vor.
E IN R EZEPT VON A LAIN D UCASSE
Muscheln und Schalentiere, sautierter Felsenkrake und Kalmare mit Roquette-Pistou, Schmetterlingsnudeln und Piment
Hauptzutaten für 4 Personen
0,5 kg kleine Encornets (Tintenfischchen)
0,4 kg Tintenfisch
1 Felsenkrake von 0,8 kg
16 Teppichmuscheln ( palourdes – schwere Exemplare)
1 Hummer oder 1 Languste
0,4 kg oder 4 große rote Riesengarnelen
2 Zitronen aus Menton, 1 für den Saft, 1 zum Trocknen
2 cl Olivenöl
2 cl Weißwein
50 g wilder Roquette
Zitronen/Piment-Teig
200 g Mehl Typ 00
30 g gekochtes Zitronenfruchtfleisch
4 g Piment
5 Eigelbe
Zitronenschnitze
Für das Zitronenfruchtfleisch
6 Zitronen
40 g Zucker
Roquette-Pistou
1 Anchovisfilet
5 g Pinienkerne
12 g wilder Roquette
2 g Basilikumblätter
Olivenöl
Außerdem:
Zitrone, Lorbeerblatt, Salz, Pfeffer, Knoblauchzehe, Rosmarinzweig, getrockneter Fenchel, Piment aus Espelette, Sherryessig
1. Vorbereitung
24 oder 48 Stunden zuvor den gereinigten Kraken ins kochende Salzwasser und 45 Minuten mit einer Zitrone und einem Lorbeerblatt garen. Abkühlen und abtropfen lassen. In Stücke schneiden, mit Salz und mit Pfeffer aus der Mühle würzen. In einer Schüssel bedeckt mit Olivenöl, gemischt mit einer Knoblauchzehe, die in zwei Teile geschnitten wurde, und einem Rosmarinzweig reservieren. Im Kühlschrank aufbewahren. Nach 48 Stunden erreicht er seinen optimalen Geschmack.
Am Morgen
2. Getrocknete Zitrone
Die Zitrone in feinste Scheiben schneiden (am besten mit dem Schinkenschneider). Die Scheiben auf einem mit Backpapier ausgelegten Backblech auslegen. Mit grobem Salz und Pfeffer würzen. Bei 75 °C trocknen. Nicht wenden.
3. Vorbereitung des Teigs
Für das Zitronenfruchtfleisch: Zwei Zitronen mit dem Saft von vier Zitronen mischen und 40 g Zucker hinzufügen. 15 Minuten kochen, auf einer Ofenecke reservieren und abkühlen lassen. 200 g Mehl mit 30 g des gekochten Zitronenfruchtfleisches, 4 g Piment, fünf Eigelben und geriebener Zitronenschale mischen und kneten, um einen homogenen Teig zu erhalten. Ruhen lassen und mit Plastikfolie einwickeln. Den Teig fein ausbreiten, Kreise von 5 cm Durchmesser mit einer Canelé-Form ausstechen. Mit einer weiteren Form von 3
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