Die Erfinder Des Todes
Verletzlichkeit unangenehm. Statt ihm durch Drängen noch größeres Unbehagen zu verursachen, legte sie ihre Hand auf seine und schwieg. Als sie die Pentonville Road halb hinuntergefahren waren, sprach er endlich. »Ich weiß, es ist schwer zu glauben, aber ich hatte wirklich nicht daran gedacht, dass Drews Mörder hinter mir her sein könnte«, sagte er, ließ den Kopf gegen den Sitz zurückfallen und seufzte. »Armleuchter, was?«
»Es ist eine gesunde Reaktion«, sagte Fiona. »Warum solltest du dir vorstellen, dass du das nächste Opfer eines Mörders sein könntest, der in vierhundert Meilen Entfernung zugeschlagen hat? Wenn — und das ist immer noch ein großes Wenn — Drew Shands Tod der erste einer Serie ist, wissen wir nicht, was ihn als Opfer für den Mörder interessant gemacht hat. War es die Tatsache, dass er schwul ist? War es sein Beruf? War es etwas in seiner Vergangenheit, über das wir nichts wissen? War es seine Neigung zur dunklen Seite seiner Sexualität? All dies sind unbekannte Größen, und nur eine davon würde auf dich zutreffen. Statistisch ist dein Risiko, das Opfer eines Serienkillers zu werden, nahezu null.«
»Trotzdem sollte man doch meinen, ich hätte einmal kurz daran gedacht, dass ich auf der Liste irgendeines Verrückten stehen könnte«, sagte Kit scharf. »Immerhin bin ja angeblich ich derjenige mit der Phantasie. Jedenfalls hast du schließlich dran gedacht.« Fiona drückte seinen Arm. »Ja, aber mein Weltbild ist ja noch viel verbogener als deines. Außerdem bin ich deine Freundin. Ich habe ein gesetzlich verbrieftes Recht darauf, mir unvernünftige Sorgen um dich zu machen.«
Kit brummte, legte einen Arm um sie und zog sie an sich. »Geht es dir nicht manchmal auf den Wecker, dass du immer Recht hast?« Sie grinste. »Überleg dir, was du gut kannst, und dann bleib dabei, das sag ich immer. Und da du zugegeben hast, dass ich ein Recht habe, mir Sorgen zu machen, musst du mir versprechen, nicht mit Fremden zu reden.«
Kit lachte. »Dieses Versprechen zu halten wird mir kaum schwer fallen. Zumindest, bis das neue Buch rauskommt.«
Das Taxi kam ruckelnd vor dem vierstöckigen Stadthaus in Islington zum Halten, wo Steve die untere Wohnung mit Garten hatte. Er hätte sich etwas Größeres leisten können, aber er hielt sich so wenig zu Hause auf, dass er nicht einsah, warum er aus einer Wohnung, die seinen Bedürfnissen vollkommen entsprach, ausziehen sollte. Zwei Schlafzimmer – das eine auch als Arbeitszimmer genutzt –, ein Esszimmer mit Kochnische, dessen Glastüren in den Garten führten, und ein Wohnzimmer, das groß genug war für zwei Sofas und einen Sessel, das war alles, was er brauchte. Steve hatte alles schlicht eingerichtet.
Fiona mochte diesen einfachen, sparsamen Stil, aber Kit hasste die klinische Reinheit. Beide hatten sie den Verdacht, dass Steve seine Umgebung kaum zur Kenntnis nahm. Wenn sie nur funktional und praktisch war, war er zufrieden.
Fionas niedrige Absätze klapperten auf der Steintreppe zum Eingang im Souterrain. Kit, der ihr folgte, bewunderte ihr Haar, das im Straßenlicht glänzend und tief kastanienbraun aufleuchtete.
Sie war viel schöner, als er je geglaubt hätte, es verdient zu haben. Er holte sie ein, als sie klingelte, legte die Arme um sie und küsste sie auf den Hals. »Ich liebe dich, Fiona«, sagte er mit rauer Stimme.
Fiona lachte leise. »Als ob ich das nicht wüsste.«
Steve machte die Tür auf und lächelte aus seiner überlegenen Höhe herunter. »Benehmt euch«, riet er. »Manche Leute sind darauf angewiesen, hier zu wohnen.«
Sie gingen hinter ihm den schmalen Flur entlang ins Esszimmer, wo der Tisch mit einer Auswahl verschiedener Brot- und Käsesorten, Pasteten und Salaten gedeckt war. In der Luft lag der intensive Geruch von Lauch und Kartoffeln. Steve ernährte sich von Suppe. Auf dem Herd stand immer ein Topf mit irgendeiner Kreation neben der Kasserolle mit Brühe und den Zutaten für das nächste Spezialrezept. Er kochte immer nur Suppe. Kit zog Steve gern wegen seiner begrenzten Kochkünste auf, aber wenn man ihn darauf ansprach, musste er zugeben, dass Steve die besten Suppen machte, die er je gegessen hatte.
Und er war weit davon entfernt, eine eingeschränkte Rezept-auswahl zu haben, sondern experimentierte wahrscheinlich mehr mit Kombinationen verschiedener Geschmacksnuancen als Kit selbst.
»Alles wird eben immer nur in einem Suppenteller mit Löffel serviert«, hatte er sich einmal beklagt, »es
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