Die Erfindung des Jazz im Donbass
Natascha entfernte unbemerkt den Becher mit Rum.
– Ich dachte, – fuhr ich fort, – wo Sie doch schon mit meinem Bruder zusammengearbeitet haben, helfen Sie vielleicht auch mir.
– Warum sollte ich dir helfen, Jüngelchen? – Hnat Jurowytsch kramte aus der Sakkotasche eine alte Hornbrille, setzte sie sich auf die Nase und musterte mich aufmerksam.
– Na ja, wir arbeiten doch in derselben Branche.
– Du, Jüngelchen, arbeitest, – fiel mir der Alte ins Wort, – du. Und ich bin in verantwortungsvoller Position. Kapiert?
– Kapiert.
– Damit du es weißt, ich bin verdienter Pensionär der Ukrainischen Sowjetrepublik. Und seit 1952 Parteifunktionär, verstehst du, was das heißt?
– So ungefähr.
– Und du sagst – wir arbeiten in derselben Branche. – Der Alte beruhigte sich, schnappte sich plötzlich unter Nataschas Stuhl den Becher und goss sich den Rum hinter die künstlichen Zähne. Woraufhin er sich zufrieden in die Kissen zurücklehnte und Olga entspannt ansah.
Die Situation entwickelte sich nicht zu meinen Gunsten. Ich musste etwas unternehmen.
– Hnat Jurowytsch, – ich trat noch näher und setzte mich zum Alten aufs Bett. Der hatte so etwas nicht erwartet und zog ängstlich die Beine an. – Darf ich etwas sagen? Nur fünf Minuten, okay?
– Na gut. – Der Alte kroch näher zur Wand und drückte den leeren Becher an die Brust.
– Darf ich auch einen Schluck? – Ich griff nach dem Becher. Hnat Jurowytsch fiel in sich zusammen und gab mir brav den Becher.
– Schenken Sie ein. – Ich streckte Natascha den Becher hin. Sie schaute den Alten fragend an, schenkte dann aber aus einer dunklen Flasche ein. Ich leerte den Becher in einem Zug. Der Rum blieb mir im Rachen stecken wie ein Haarknäuel, ich schluckte schwer, beugte mich vertraulich zum Alten hinüber und fing an zu reden. – Hnat Jurowytsch, lassen Sie mich etwas sagen, dann gehen wir. Wissen Sie, ich bin wirklich noch nicht sehr lange im Geschäft. Das heißt, in dieser verantwortungsvollen Position. Und Berufspraxis habe ich ehrlich gesagt überhaupt keine. Im Grunde genommen kann ich nicht mal sagen, dass mir dieser Job gefällt. Dieses ganze Benzin, es ist giftig, das wissen Sie doch selbst. Worauf will ich hinaus? Wenn es nur um mich ginge, hätte ich schon längst alles hingeschmissen und das Weite gesucht, verstehen Sie?
Der Alte schüttelte den Kopf.
– Wie auch immer, es geht nicht allein um mich, und daher muss ich den Stall ausmisten. Weil es eben nicht nur um mich geht. Sondern um wichtige Dinge, wobei ich vielleicht noch nicht ganz verstehe, welche Bedeutung sie für mich haben, aber wenn ich mir Sie so anschaue, Hnat Jurowytsch, dann sehe ich, dass es hier um etwas geht, von dem man sich nicht so einfach lossagen kann.
Hnat Jurowytsch gab ein schwer zu deutendes Geräusch von sich.
– Ich weiß, dass Sie mich wahrscheinlich nicht mögen, mehr noch, ich kann sogar, wenn ich will, den Grund für Ihr blödes Misstrauen verstehen, Hnat Jurowytsch, ich bin nicht im Geschäft, ich habe keine Erfahrung, Sie kennen mich überhaupt nicht, ich habe nicht einmal eine Parteivergangenheit, aber verdammt noch mal, Hnat Jurowytsch, braucht man denn unbedingt eine Parteivergangenheit, um sich in einer kritischen Situation nicht in die Hose zu machen? Braucht man dafür wirklich eine Parteivergangenheit?
– Her mit dem Becher, – sagte darauf Hnat Jurowytsch leise.
– Wie bitte? – fragte ich verständnislos.
– Den Becher, sag ich, – wiederholte der Alte.
Ich reichte ihm sein Gefäß, er versteckte es unter dem Kissen und nahm nachdenklich die Brille ab.
– Du scheinst kein schlechter Kerl zu sein, – sagte er nach einer Weile. – Ich hab dich, ehrlich gesagt, unterschätzt. Also gut, – er klatschte geschäftig in die Hände und in seinen Augen lag wieder der risikobereite leninsche Schelmenblick. – Ich werde dir helfen.
– Danke, – stieß ich erleichtert aus, aber noch bevor ich ganz ausgeatmet hatte, fuhr Hnat Jurowytsch fort.
– Unter einer Bedingung, – fügte er hinzu. – Du spielst Gorodki mit mir.
– Was? – fragte ich verständnislos.
– Gorodki, – wiederholte Hnat Jurowytsch belustigt. – Gorodki. Das Lieblingsspiel von Professor Pawlow und dem Grafen Tolstoi. Was hältst du vom Grafen Tolstoi?
– Viel, – antwortete ich.
– Das ist gut. Wenn du gewinnst, werde ich dir helfen. Wenn du verlierst, dann geh mit Gott und stör mich nicht weiter dabei, gesund zu
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