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Die Erfindung des Lebens: Roman

Die Erfindung des Lebens: Roman

Titel: Die Erfindung des Lebens: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns-Josef Ortheil
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Gefühl, mir könne nie mehr etwas Schlimmes passieren, ja ich glaubte wirklich, ich sei für immer gerettet.
    - Aber was hätte Dir denn passieren können? Und wovor fühltest Du Dich gerettet? – Mir passieren?! Was mir hätte passieren können? Na, das ist doch klar, ich hätte, ich hätte …, wenn ich diese Prüfung nicht bestanden hätte …, wenn das schief gegangen wäre …, ich …, nein, Antonia, lassen wir das, diese Überlegungen führen zurück bis in meine Kindheit, ich möchte aber nicht von meiner Kindheit erzählen, nicht heute, nicht hier.
    - Du machst immer wieder einen Bogen um Deine Kindheit, was war denn mit Deiner Kindheit? – Ich mache heute Abend einen Bogen um meine Kindheit, Antonia, da hast Du recht. Ich habe aber in den letzten Monaten durchaus keinen Bogen um meine Kindheit gemacht, ich habe vielmehr nichts anderes getan, als mir diese Kindheit zu vergegenwärtigen und von ihr zu erzählen. – Dein Buch handelt von Deiner Kindheit? – Ja, von meiner Kindheit und den ersten beiden Jahrzehnten meines Lebens. – Du möchtest jetzt nicht darauf angesprochen werden, habe ich recht? – Ich werde Dir, wenn Du magst, davon erzählen, aber hier und heute möchte ich von etwas anderem sprechen. – Von der Leichtigkeit, in Rom zu leben und zu bestehen? – Genau, von der Leichtigkeit, in Rom anzukommen und sich in dieser Stadt einzuleben! Glaubst Du mir jetzt, dass es in Rom so etwas wie Leichtigkeit gibt?
    - Ich glaube, dass Du Glück gehabt hast, Johannes! Du hast ein geradezu unverschämtes Glück gehabt: Am ersten Tag Deines Aufenthalts hast Du eine Wohnung, eine Gönnerin und Freunde gefunden, und zwei Monate später ist ein Lebenstraum von Dir in Erfüllung gegangen. Und wenn Du mir jetzt noch sagst, dass Du Dich später in Clara verliebt hast und sie sich am Ende auch noch in Dich, dann zweifle ich an der himmlischen Gerechtigkeit.
    - Es war aber himmlische Gerechtigkeit, sagte ich, es war nichts anderes als himmlische Gerechtigkeit. – Was meinst Du damit, Johannes? – Dass ich plötzlich so viel Glück hatte und dass alles so leicht gelang, das, Antonia, war himmlische Gerechtigkeit, Du ahnst gar nicht, wie viel himmlische Gerechtigkeit da im Spiel war. – Ich verstehe Dich nicht, Johannes, warum beharrst Du so darauf? – Ich erkläre es Dir später einmal, Antonia, hier und jetzt aber nicht. – Du bist ein Geheimniskrämer.
    - Nein, das bin ich nicht. – Dann sag mir aber wenigstens noch, ob Clara und Du …, ob ihr in Rom wirklich ein Paar geworden seid. – Ob Clara und ich? Clara und ich – ja, wir sind in Rom noch ein Paar geworden, damals, als ich …, ach, lassen wir das.
    Es war mir etwas peinlich, davon nicht erzählen zu können, aber ich bemerkte, dass ich bisher noch niemandem davon erzählt hatte, wie Clara und ich ein Paar geworden waren. Hier in Rom hatten alle nach einer Weile gewusst, dass wir ein Paar geworden waren, aber in Deutschland habe ich später keinem einzigen Menschen von Clara erzählt, meinen Eltern nicht und meinen wenigen Freunden und Bekannten sowieso nicht. Clara war meine römische Freundin gewesen, ja, das war sie gewesen, aber sie war einzig und allein das und nichts anderes gewesen, sie war keine Figur für eine Geschichte oder eine Erzählung, nein, das war sie eben nicht gewesen.
     
    Einen Moment spürte ich eine seltsame Hitze und Erregtheit, deshalb ging ich hinaus auf die Toilette, um etwas Wasser zu trinken. Ich drehte den Wasserhahn auf und ließ das Wasser in meine hohle, rechte Hand laufen, dann trank ich, mehrmals, immer wieder, um mir danach mit etwas Wasser durch das Gesicht zu fahren. Dann ging ich zurück.
     
    Ich lade Dich jetzt zum Essen ein, sagte Antonia, ist es Dir recht, wenn ich die Bestellung übernehme? – Natürlich ist es mir recht, antwortete ich, ich freue mich und bin gespannt. Antonia rührte aber die Speisekarte nicht an, sondern gab nur dem Kellner ein Zeichen. Sie bestellte antipasti, ausschließlich Gemüse, danach sollte es Fisch geben, die Weinbestellung übernahm sie gleich mit. Ich habe noch nie mit einer Frau zusammen gegessen, die nicht nur das Essen, sondern auch gleich den Wein bestellt hat, sagte ich. – Wir feiern, dass Du diesmal nicht mehr nach Deutschland zurückfährst, so wie damals, sagte Antonia. – Was sagst Du da?, fragte ich und erstarrte. – Wir feiern, dass Du diesmal in Rom bleibst, sagte Antonia, genau das feiern wir, hier und jetzt.
     
    Ich schaute auf, hier und jetzt,

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